Rückzug aus der Infiniband-Hardwareentwicklung

Hat Intel den Bus verpasst?

14.06.2002
MÜNCHEN (kk) - Intel hat die Entwicklung der leistungsschwachen Chips für das Infiniband-Bussystem zu Gunsten des PCI-Express eingestellt. Aber auch bei dieser Architektur scheint der Chipriese out-of-date zu sein.

Intels angekündigter Rückzug aus der Entwicklung von Hardware für den Infiniband-Bus weckte in der Branche die Befürchtung, der Chipkrösus könnte das Interesse daran verloren haben. Dabei gehörte er einst zu den agilsten Verfechtern des I/O-Systems, das den altgedienten und schmalbrüstigen PCI-Bus ablösen soll.

Die Architektur von Infiniband unterscheidet sich fundamental von PCI, denn es ist als "Fabric" zu konfigurieren: Infiniband-basierende Geräte können über einen seriellen Switch (= Infiniband-Fabric) kommunizieren. Der Vorteil dabei ist, dass jedes Gerät über die maximale Bandbreite von derzeit 2,5 Gbit/s bidirektional verfügen kann, während sich bei PCI alle Geräte die Transferrate von maximal 1 Gbit/s teilen müssen.

Intel hatte unter den Infiniband-Spezifikationen so genannte Host-Controller-Adapter (HCAs) entwickelt, die in den Servern die Datenpakete zu den Switches dirigieren sollen. Allerdings hatte der Prozessorbauer bei der Entwicklung auf das falsche Pferd gesetzt: Die Intel-Bausteine unterstützen nur die einfache Geschwindigkeit von Infiniband, während sich Mitbewerber IBM und Mellanox bei ihren Prozessoren von vornherein auf die vierfache Geschwindigkeit konzentrierten. Damit lassen sich Transferraten von 10 Gbit/s erreichen.

Nach Aussagen von Hans-Jürgen Werner, Unternehmenssprecher bei Intel in München, wird sowohl das Geschäft mit HCAs als auch das mit den Infiniband-Switches aufgegeben.

Infiniband kommt

"Das ist für Intel ein erheblicher Image-Verlust, darüber herrscht kein Zweifel", beurteilt Jamie Gruener, Analyst der Bostoner Yankee Group, den Ausstieg. Intel gehört zusammen mit Dell, HP, IBM, Microsoft und Sun zu den Gründungsmitgliedern der Infiniband Trade Association. Die erste Version der Infiniband-Spezifikationen wurde im Herbst 2000 veröffentlicht. Mittlerweile haben mehr als 70 Unternehmen angekündigt, Produkte auf Basis von Infiniband auf den Markt zu bringen. Mit ersten Lieferungen wird noch in diesem Jahr gerechnet.

Dass Intel gerade jetzt, kurz vor dem Start der Infiniband-Geräte, seine Hardwarebemühungen einstellt, verwundert einige Marktbeobachter. "Der Zeitpunkt hätte nicht schlechter gewählt sein können", kritisiert etwa Jonathan Eunice, Analyst von Illuminata.

Yankee-Marktforscher Gruener gibt sich entspannter, was die Erfolgschancen der Infiniband-Technik angeht: "Einige Leute glaubten, der Himmel stürze ein. Aber das ist nicht der Fall." Dementsprechend hat sein Marktforschungsunternehmen die Vorhersagen nicht geändert: Weiterhin sollen 2005 rund 40 Prozent aller neu ausgelieferten Server das schnellere I/O-System nutzen können. Anwender in den USA kommentieren Intels Rückzug mit einem Schulterzucken: "IBM und Mellanox entwickeln recht erfolgreich Infiniband-Chipsets. Brauchen wir da einen anderen Anbieter?", sagt John Blackman, Systemarchitekt bei Wells Fargo & Co. in Minneapolis.

AMD kontert mit "Hypertransport"

Intel selbst beteuert, dass der Rückzug aus der Hardwareentwicklung keinesfalls auch einen Rückzug von Infiniband bedeute. Man bleibe im Steering Committee der Infiniband Trade Association und der Technik gegenüber "sehr verpflichtet". Das Einstampfen der Infiniband-Chips und -Switches begründet Intel-Managerin Allyson Klein damit, dass sich die Company auf das Kerngeschäft, nämlich die Entwicklung von Chipsets für Server, besinnen möchte. Was an Neuentwicklung geleistet werde, sei ein "wichtiger Beitrag, der sicherstellen soll, dass Infiniband gut mit der Intel-Plattform zusammenarbeitet".

Der Fokus der Bemühungen liegt auf dem Voranbringen von "PCI-Express", früher bekannt als "Third Generation I/O", kurz 3GIO. Nach Intels Vorstellungen soll auf zukünftigen Motherboards eine PCI-Express-Schnittstelle für die Kommunikation nach außen sorgen. Die als offenes Interface konzipierte Schnittstelle würde etwa Infiniband-HCAs direkten Zugang zum Intel-Chipsatz verschaffen.

Version 2.0 von PCI-Express wurde Anfang Mai allen Mitgliedern der "PCI Special Interest Group" (PCI-SIG) zur Begutachtung vorgelegt. Zeitgleich gelangte auch "PCI-X 2.0", die Weiterentwicklung des PCI-X-Bus, in die kritische Vorschau. PCI-X soll voraussichtlich ab 2004 von PCI-Express abgelöst werden. Der Express ist als serieller Bus ausgelegt und soll bis zu 32 Verbindungen gleichzeitig und in zwei Richtungen bereitstellen. Pro Leitung rechnet man mit einer Transferrate von 250 MB/s bidirektional. Im Maximalausbau erreicht PCI-Express somit eine Übertragungsgeschwindigkeit von zweimal 8 GB/s.

Schon jetzt schafft der von AMD ins Rollen gebrachte I/O-Standard "Hypertransport" aber eine Transferrate von über 6 GB/s bei ebenfalls 32 Kanälen. AMD nutzt Hypertransport für die Prozessor-zu-Prozessor-Kommunikation. Bringt der Intel-Konkurrent seine 64-Bit-"Hammer"-Chips auf den Markt, dürfte dieser Wert noch nach oben schnellen.