IT-Arbeitsmarkt

Harte Zeiten für Arbeitgeber

08.03.2012
Von 
Karen Funk ist Senior Editor beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind IT-Karriere und -Arbeitsmarkt, Führung, digitale Transformation, Diversity und Sustainability. Als Senior Editorial Project Manager leitet sie zudem seit 2007 den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT ein. Zusammen mit einer Kollegin hat sie eine COMPUTERWOCHE-Sonderedition zu Frauen in der IT aus der Taufe gehoben, die 2022 zum 6. Mal und mit dem erweiterten Fokus Diversity erschienen ist.

Immer weniger Firmen bilden aus

Zudem bedauerte Benner, dass immer weniger IT-Unternehmen ausbilden: "Vor zehn Jahren gab es noch 20.000 Ausbildungsplätze, heute sind das 15.600." Auch wenn sich das duale Hochschulsystem sehr gut entwickelt habe, wiege es den Wegfall der Ausbildungsstellen noch nicht auf. Deutlich gesunken sei auch die Zahl der weiblichen IT-Auszubildenden. Die Gewerkschafterin machte sich stark für mehr Aufklärungsarbeit und forderte, die sperrigen Namen der IT-Berufe aufzubrechen, um eine IT-Karriere auch für Frauen attraktiver zu machen.

Bitkom-Vertreter Pfisterer erinnerte an das kurze Hoch bei den Ausbildungsplätzen um 2001 und 2002. Seitdem sei die Zahl zwar gesunken, aber stabil geblieben. Das habe auch etwas mit dem Strukturwandel der Branche zu tun: "Vor zehn Jahren gab es noch Fertigung in Deutschland, und Systemelektroniker beispielsweise waren noch gefragt. Heute ist das anders." Er nannte als Beispiel IBM, das inzwischen weitgehend zum Beratungsunternehmen geworden sei. Statt der Facharbeiter stünden heute eher höhere Schulabschlüsse und tertiäre Abschlüsse auf der Wunschliste der Arbeitgeber. "Gerade Hochschulabsolventen werden gesucht, weil man ihnen eher zutraut, mit der Innovationsgeschwindigkeit in der IT mitzuhalten," erklärte der Arbeitsmarktexperte.

"Jeder ist uns willkommen", hielt Atos-Mann Holz dagegen und bezog sich damit auch direkt auf die jungen Nachwuchskräfte. Atos zähle 300 Auszubildende und über 80 Absolventen der dualen Studiengänge pro Jahr. Dennoch passe nicht jeder zum Unternehmen, wie Bauhofer von Conrad Caine einwarf: "Es geht darum, die Stellen mit den richtigen Kräften zu besetzen." Gerade in München, wo Conrad Caine ansässig ist, sei es schwierig, an guten IT-Nachwuchs heranzukommen, denn es gebe viele attraktive Arbeitgeber. "Jeder, der von der TU München abgeht, landet bei Google", beklagte der Agenturmann den harten Konkurrenzkampf um die Talente. Die Lösung war für die Internet-Agentur letztendlich, einen Entwicklungsstandort in Brasilien zu eröffnen.

Ausweg Offshoring?

Ein Weg, den die großen Unternehmen, schon lange beschritten haben. Accenture-Mann Mang nannte konkrete Zahlen: Im Jahr 2000 habe das Beratungsunternehmen in Deutschland zirka 2500 und in Indien 1000 Mitarbeiter gezählt. Jetzt seien es hierzulande 5000 und in Indien 80.000. "Wir können in Indien 1500 bis 2000 Mitarbeiter im Monat einstellen", so Mang. Es handele sich nicht nur um Programmierer, sondern auch viele Berater. Diese Dimensionen seien in Deutschland gar nicht denkbar. Dennoch gefährde dieser Trend keineswegs deutsche Arbeitsplätze, sondern schaffe auch hier neue Stellen. "Wir können offshore nur wachsen, wenn wir onshore wachsen und umgekehrt", resümierte Mang.

Atos-Manager Holz ist überzeugt, dass gerade Cloud Computing und die "deutsche Cloud" mit ihren Wettbewerbsvorteilen Datenschutz und -sicherheit auch hierzulande für genügend Arbeitsplätze sorgen werden. "Die Rechenzentren werden in Deutschland bleiben", prognostizierte er. "Und auch die Innovationen machen Sie mit dem Kunden vor Ort." Etwa beim Thema E-Mobility und Tankstellenabrechnung werde es neue Jobs geben. Einig waren sich die Diskutanten darin, dass zwar die reinen Codiertätigkeiten weitgehend abgewandert seien, aber Fachkräfte mit technischem Wissen, Sozialkompetenz, analytischem Denken und betriebswissenschaftlichen Kenntnissen in Deutschland langfristig gute Chancen haben werden.