Harte Sanierer haben Hochkonjunktur

15.07.2004
Von 
Karen Funk ist Senior Editor beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind IT-Karriere und -Arbeitsmarkt, Führung, digitale Transformation, Diversity und Sustainability. Als Senior Editorial Project Manager leitet sie zudem seit 2007 den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT ein. Zusammen mit einer Kollegin hat sie eine COMPUTERWOCHE-Sonderedition zu Frauen in der IT aus der Taufe gehoben, die 2022 zum 6. Mal und mit dem erweiterten Fokus Diversity erschienen ist.
Den Begriff "Humankapital" führt derzeit fast jede Führungskraft im Munde: Er ist quasi zum Schlagwort des modernen Managements avanciert. Allerdings wird das dahinter liegende Konzept, bei dem die Mitarbeiter als Wertschöpfungsgarant und nicht nur als Kostenfaktor betrachtet werden, in der Praxis weitgehend missachtet - vor allem in Krisenzeiten. Dann greifen die meisten Manager doch wieder zum Rotstift und streichen Stellen.

Dass "Humankapital" nicht nur ein Thema für Sonntagsreden und Festvorträge sein darf, stand im Mittelpunkt der gleichnamigen Veranstaltung im Munich Network Forum in München. Die Referenten waren ausgezogen, um den anwesenden Unternehmensvertretern klar zu machen, dass eine professionelle Mitarbeiterführung, bei der die Firmenlenker ihre Angestellten als wichtiges Kapital einschätzen, die Produktivität eines Betriebs steigere.

Viele Manager können nur in Zahlen denken. In Krisenzeiten bedeutet das oftmals, dass der Headcount reduziert wird. (Foto: Photodisc)
Viele Manager können nur in Zahlen denken. In Krisenzeiten bedeutet das oftmals, dass der Headcount reduziert wird. (Foto: Photodisc)

Martin Schütte, Ex-Vorstandsmitglied der Hypovereinsbank, bemängelte, dass Mitarbeiter in der heutigen Unternehmenspraxis primär als Kostenfaktor angesehen und ihr Potenzial für Leistung, Erfolg und Wertsteigerung missachtet werde. Das liege zum einen an den vorherrschenden hierarchischen Firmenstrukturen und dem meist autoritären Führungsverhalten, das sich in Top-down-Entscheidungen, Anweisungs- und Kontrollsystemen äußere und eine Misstrauenskultur im Unternehmen hervorrufe. Zum anderen sei der Grund auch in der betriebswirtschaftlichen Ausbildung der Manager zu finden, nach der nur die Kostenseite eindeutig messbar ist.

Last Exit Personalabbau?

"Kein Wunder, dass die Unternehmen bei Schwierigkeiten standardmäßig mit Personalabbau reagieren und harte Sanierer Hochkonjunktur haben", kritisierte Schütte. Mit der Potenzialseite, die durch weiche Faktoren wie Wissen, Erfahrung, Kreativität, Motivation oder Loyalität beschrieben wird, könnten die Betriebswirte hingegen kaum etwas anfangen und sie mit ihrem Selbstverständnis als nüchterne, objektive Entscheider nicht vereinbaren. "Was man nicht messen kann, kann man nicht managen", brachte Schütte die weit verbreitete Manager-Denke auf den Punkt.