Nach gescheiterten Gesprächen mit Digital Equipment in den USA:

Harris erwirbt Scientific Calculations

29.08.1986

MELBOURNE/KÖLN (ad) - Der minicomputerhersteller Harris Corp., Melbourne/Florida, hat die Scientific Calculations Inc. erworben. Über den Übernahmewert wurde nichts bekannt. Scientific Calculations ist ein Software-Etntwicklungsunternehmen mit Schwerpunkt im Bereich CAD/CAM-Systeme für die Leiterplattenentwicklung.

Von seiten der deutschen Scientific-Niederlassung in Köln hieß es, daß die Transaktionen nicht aus finanziellen Erwägungen heraus stattfand. Originalton: "Wir waren und sind ein gesundes Unternehmen. Die Tatsache, daß wir von Harris übernommen worden sind, liegt an der expansiven Strategie dieses Unternehmens. Zudem wollte sich Harris ein neues Standbein in einem wachstumsfähigen Markt schaffen." Wie Scientific-Vertriebsleiter Ulrich Rödder gegenüber der Computerwoche wissen ließ, sehe man in diesem Schritt "Vorteile für beide Unternehmen". Grundsätzlich werde jedoch trotz dieses Schrittes die eigene Produktpalette durch Harris weitgehend unbeeinflußt bleiben, sagte Rödder. Auf die Personalstruktur habe diese Übernahme ebenfalls keinerlei Einfluß.

Scientific Calculations beschäftigt weltweit rund 300 Mitarbeiter und schloß das vergangene Geschäftsjahr mit einem Umsatz in Höhe von 30 Millionen Dollar ab. Laut Senior-Vizepräsident James Oyler, der den Vorsitz des Information-System-Bereichs bei Harris führt, wird die neuerworbene Firma in den Geschäftsbereich Harris Computer Systems integriert, behält jedoch weiterhin ihre Eigenständigkeit bei der Produktgestaltung. Bei dieser in Fort Lauderdale stationierten Fertigungsstätte baut Harris Superminis und -mikros sowie Peripherie und Software für die Luftfahrt, das Ingenieurwesen und für die Verteidigung.

Nach den Angaben des Kölner Scientific-Vertriebschefs laufe der Support bei den bisherigen Kunden auch weiterhin ausschließlich von Scientific aus. "Wenn es aber um Dinge geht, die über unsere Managementfragen hinausreichen", so Rödder, "liegt die Entscheidungsbefugnis klar in den Händen von Harris."

Auch bleibe der bisherige Chef der Scientific Calculations weiterhin im Amt; lediglich seine Position werde nun umbenannt. Als Hauptgrund für die Transaktion gab man in Köln an, daß ein Interesse bestand, sich mit einem Partner zusammenzuschließen, da der Electrical CAD/CAM-Markt von "Einzelkämpfern auf lange Sicht kaum bestritten werden kann".

Bevor die Verschmelzung mit Harris gelang, gab es nach Angaben aus dem Unternehmen auch schon Gespräche mit Digital Equipment, die jedoch nicht von Erfolg gekrönt waren. Allerdings werde man bei Scientific auch weiterhin Software auf DEC-Maschinen installieren und lizensieren. Zwar wäre DEC der "Wunschpartner" für Kooperation gewesen, doch wäre denkbar gewesen, "daß man uns bei Digital die Türen zu anderen Märkten verschlossen hätte, zumal von Scientific auch einiges an eigener Hardware offeriert wird, womit sich eine Produktüberschneidung ergeben hätte."