Hardware Roundup '83

21.10.1983

Kaum eine andere Herstellergruppe wurde von den Veränderungen im Markt für Informations- und Kommunikationstechnologien in den letzten zwei Jahren so massiv gebeutelt wie die traditionellen "Minimaker"'. Ein nach wie vor schmales Softwareangebot, schwachbrüstige Marketingkonzepte sowie eine überdurchschnittlich hohe Personalfluktuation scheinen die Ursachen dafür zu sein, daß Umsätze wie Gewinne abbröckeln.

Durch die Ankündigung neuer IBM-4300-Systeme stehen jetzt den Minicomputeranbietern zusätzliche Schwierigkeiten ins Haus. Hatte der Marktführer in den letzten Jahren Mini-Produzenten wie Digital Equipment, Data General oder Perkin Elmer weitgehend in Ruhe gelassen, so wird durch die Plazierung der neuen Modelle, durch die Ankündigung neuer Softwareprodukte und die Einrichtung von technisch-wissenschaftlichen Optionen (Gleitkomma-Arithmetik) eine veränderte Marschrichtung deutlich: DEC & Co. gehen harten Zeiten entgegen, wenn sie sich nicht rechtzeitig den veränderten Bedingungen des Marktes anpassen.

Die Umsatzflaute bei den traditionellen Minianbietern hat keineswegs nur konjunkturelle Ursachen, wie dies gern von den Verantwortlichen gesagt wird. Zwar erweisen sich die leeren Kassen der öffentlichen Hand sowie eine gewisse Marktsättigung im technisch-wisschenschaftlichen Bereich nach wie vor als Wachstumshindernis, doch zeigt sich darüber hinaus, daß der Versuch der Minivertreiber bislang fehlgeschlagen ist, im kommerziellen Markt Fuß zu fassen.

Rechneten sich die Vertriebsbosse jahrelang aus, mit ihren 32-Bit-Prozessoren einmal den Mainframe-Herstellern den Rang bei dezentralen Anwendungen ablaufen zu können, so blicken sie heute allenfalls auf Teilerfolge zurück. Der Durchbruch in der Mainframe-Domäne gilt als gescheitert.

Daß der Offensivdrang der Minimaker schließlich am "Bollwerk 4300" hängenblieb, liegt jedoch keineswegs an der Qualität der Kleinrechner, die in zahlreichen Anwendungsgebieten den noch in der /370-Technologie verhafteten Midrange-Rechnern von Big Blue überlegen sind, sondern in der drückenden Überlegenheit des IBM-Softwareangebots.

Besonderheiten des deutschen Marktes verschärfen obendrein die Schwierigkeiten beim Mini-Verkauf. So schafft insbesondere die sogenannte "Mittlere Datentechnik", kurz MDT, mit Anbietern wie Nixdorf, Kienzle, Triumph-Adler oder Philips eine Absatzsituation, wie sie in keinem anderen Land der Welt vorhanden ist. Die MDT-Hersteller vertreiben in der Bundesrepublik seit Jahren schlüsselfertige Lösungen, während die Mini-Benutzer ihre Maschinen selbst programmieren müssen. Zudem werden Bürocomputer in der Regel billiger angeboten als vergleichbare Mini-Prozessoren.

Als schärfste Konkurrenz für die traditionellen Minis erweisen sich inzwischen aber weder MDT- noch Mainframe-Hersteller, sondern vor allem die Mikro-Newcomer, die im unteren Marktbereich den Verkauf von 8-, 12- oder 16-Bit-Minis erheblich erschweren. Nach jüngsten Schätzungen der Bostoner Marktforschungsgesellschaft "The Yankee Group" soll der Mikromarkt noch in diesem Jahr ein Installationsvolumen von sechs Milliarden Dollar erreichen und damit die bereits über zwanzig Jahre alte Minicomputerbranche überholen.

Den Managern von DEC & Co. brennt hier vornehmlich die permanente Verschlechterung ihres Preis/Leistungsverhältnisses unter den Nägeln. Verstärkte Gefahr droht indes künftig vor allem von den neuen 32-Bit-Mikros, die sich leistungsmäßig schon deutlich mit den kleinen Minis überlappen und überdies wesentlich preisgünstiger sind.

Bislang können zwar die Mikrohersteller noch keineswegs mit erwähnenswerten Installationserfolgen in der klassischen Mini-Domäne aufwarten, doch der permanente Preisverfall bei der Mikro-Hardware sowie das rapide wachsende PC-Softwareangebot tragen augenblicklich zur Verunsicherung potentieller Mini-Kunden bei. Folge: Das Neugeschäft ist momentan rückläufig, Gewinne werden lediglich in Ablösegeschäften innerhalb der eigenen Produktpalette erzielt.

Die Minimaker versuchen derzeit krampfhaft, diesen Trend aufzuhalten. Kennzeichneten 1982 noch weitgehend konstante Hardwarepreise die Marktsituation, so wurden die Mini-Preise mittlerweile kräftig gesenkt. In Einzelfällen gingen sie gar bis zu 25 Prozent in den Keller. Somit haben die Anbieter derzeit alle Hände voll zu tun, nicht den Anschluß im nach wie vor umsatzträchtigen DV-Geschäft zu verpassen. Nach den Schlappen der letzten Jahre begeben sich die Unternehmen nun verstärkt auf die Suche nach neuen Wachstumsmärkten.

Einige Anbieter, allen voran Prime, wollen mit CAD/CAM-Lösungen an alte Installationserfolge anknüpfen. Data General und Perkin Elmer sehen Zukunftsmärkte im Umfeld der Bürokommunikation - insbesondere bei Bildschirmtext. Durch ihre Beteiligung am "Ethernet-Clan" stellte Digital Equipment schon vor längerer Zeit die Weichen ins "Office of the Future". Dennoch haben alle traditionellen Minimaker eines gemeinsam: Entweder haben sie bereits einen Personal Computer angekündigt (DEC, Data General, Hewlett-Packard), oder sie haben einen Rechnerzwerg in der Planung.

Trotz mangelnder Absatzerfolge mangelte es bei den Mini-Anbietern in diesem Jahr keineswegs an Neuankündigungen. Nahezu alle führenden Hersteller warteten mit neuen Produkten auf. Überraschend gar das Markt-Entree von Herstellern wie CTM oder Convergent Technologies. So stellte die CTM Computertechnik Müller GmbH in Konstanz im Frühjahr den ersten, sowohl in Deutschland entwickelten als auch gefertigten 32-Bit-Mini vor. Als Zielgruppe für das System 9032 hat sich das württembergische Unternehmen zunächst einmal den eigenen Kundenstamm ausgewählt, der von der vorhandenen Rechnerbasis nahtlose Aufstiegsmöglichkeiten bekommen soll. Nennenswerte Installation sind bisher noch nicht bekannt geworden.

Als Novität im deutschen Markt stellte sich ebenfalls im Frühjahr der kalifornische Mini-Anbieter Convergent Technologies vor. Der US-Newcomer kürte im Juni den 32-Bit-Supermini "Megaframe", der noch in diesem Herbst in Deutschland ausgeliefert werden soll. Der neue Rechner läßt nach Angaben der Wiesbadener Deutschland-Tochter bis zu 128 Benutzer zu, ist als Multiprozessor aufgebaut und bietet bis zu 28 MB Haupt- sowie bis zu maximal 21,6 Gigabyte Plattenspeicherkapazität.

Ein neues Top-end-Modell kündigte im Frühjahr auch Data General an. Der 32-Bit-Supermini MV/10000, dessen Absatzchancen DG im kommerziellen 4300-Markt sieht, soll über die doppelte Leistung des bisherigen Flaggschiffs der Frankfurter verfügen. Der Einstiegspreis der neuen Maschine soll dabei nur 15 Prozent über dem der MV/8000 liegen.

Ein neues Spitzenmodell präsentierte Mitte dieses Jahres auch Hewlett-Packard neben zwei weiteren Systemen der Serie 3000. Das Modell 68 verfügt standardmäßig über eine Hauptspeicherkapazität von drei MB, die auf acht MB erweiterbar ist.

Mit einem High-end-Modell (System 9959) wartete im Juni die Prime Computer GmbH auf. Der Rechner richtet sich nach Angaben der Wiesbadener Mini-Anbieters gegen die im März angekündigte Data-General-Maschine MV 10000 und soll sich ebenfalls im 4300-Markt breitmachen. Prime überraschte mit einer Niedrigpreispolitik. So kostet der neue Prozessor als Einstiegsversion mit vier MB nur rund 1,1 Millionen Mark.

Dieses "Hardware-Roundup" enthält insgesamt 51 Systeme von insgesamt 16 Anbietern. Die Leistungsspanne der hier aufgeführten Minis und Superminis reicht von 0,14 bis 21 Mips. Die Preise bewegen sich von 50000 bis 1,4 Millionen Mark. Durch den zunehmenden Einsatz von Mikrochips auch in Minicomputern wird eine Abgrenzung der einzelnen Systeme immer schwieriger.

Wir haben versucht, eine Trennung zu ziehen, die sich am Marketing der Hersteller aufhängt. So stellen sich die 16 aufgelisteten Anbieter im Markt selbst als Minimaker dar. Unerwähnt bleiben die zahlreichen MDT-Maschinen von Nixdorf, Kienzle, TA & Co., in denen zwar meist ein Mini-Herz schlägt, die aber eine andere Käuferschicht im Visier haben.