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Handel mit Gebrauchtsoftware bleibt weiterhin zulässig

17.02.2006
Von Peter Schneider
Gekaufte Software darf auch weiterverkauft werden - ob auf CD oder online spielt keine Rolle.

Die renommiertesten deutschen Urheberrechtsexperten sind sich einig: Wenn ein Unternehmen eine Software kauft, darf es diese auch weiterverkaufen. Dafür ist es vollkommen unerheblich, ob es diese Software per CD oder online erhalten hat. Entscheidend ist, dass sich am Ende eine installierte Version des Programms auf dem Computer befindet. Juristisch gesprochen: Beide Vertriebswege führen zum selben Erfolg. Es kann deshalb nicht der geringste Zweifel daran bestehen, dass das Oberlandesgericht München in nächster Instanz auch den Handel mit online übertragenen "gebrauchten" Softwarelizenzen für zulässig erklären wird.

Dies bestätigte auch das LG München nach der Entscheidung in einer Presseverlautbarung: "Im Hinblick auf diesen Aspekt geht die Aussage von Oracle zu weit, denn die Weiterveräußerung von Datenträgern mit Software bleibt auch nach der Entscheidung des Landgerichts München I vom 19. Januar 2006 zulässig."

Das Urteil stützt sich maßgeblich darauf, dass der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz in dieser speziellen Fallkonstellation bei Oracle nicht greife, da die Oracle-Software zu 85 Prozent online über Download mit einem eingeschränkten Nutzungsrecht übertragen werde. Diese Wartungsleistung sei bei Oracle geschäftswesentlich. Das Landgericht München I verneinte in seiner Verfügung eine Erschöpfung des Urheberrechts von Oracle im Falle der Online-Übertragung, da dies den Erschöpfungsgrundsatz in diesem speziellen Fall "überdehne".

Die einstweilige Verfügung betrifft ausschließlich Lizenzen von Oracle. Und das auch nur, wenn diese online übertragen wurden. Mit dem Vertrieb anderer Softwarelizenzen hat sich das Gericht gar nicht befasst.

Irreführende Oracle-PR

Grundsätzlich stellt sich die Frage, warum Oracle von seinen Kunden einen "Kaufpreis" verlangt, wenn die kaufvertragstypische Eigentumsübertragung nach Bekunden des Unternehmens gar nicht erfolgen soll. Deshalb kann man ab jetzt nur jedem Oracle-Kunden raten, sich auch nachträglich für jede gekaufte Lizenz von Oracle einen Datenträger nachliefern zu lassen.

Ohnehin kann man bis zur Entscheidung der nächsten Instanz allen Softwarekunden nur dringend empfehlen, beim Kauf von Programmen und Updates auf CDs zu bestehen, damit sie ihre Software weiterverkaufen dürfen. Unabhängig davon darf es keinen Unterschied machen, ob eine Software online oder über einen körperlichen Datenträger übertragen wird. In einer digitalisierten Gesellschaft müssen traditionelle und digitale Übertragungswege gleichgestellt werden. Entgegen der irreführenden PR von Oracle besagt das Urteil des Landgerichts München I nicht, dass der Handel mit gebrauchter Software nun allgemein unzulässig sei. Aufgrund des bekannten BGH-Urteils vom Juli 2000 ist es weiterhin unstreitig, dass der Handel von gebrauchten Computerprogrammen grundsätzlich rechtlich zulässig ist. (ba)