Sinnlos-Angebote im Internet

Haftstrafen für Abo-Fallen-Betrüger

08.06.2012
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Das Landgericht Hamburg hat in einem sogenannten Abo-Fallen-Verfahren Freiheits- und Geldstrafen für die Beklagten verhängt.
Erhebt jemand Kosten für Leistungen, die andernorts kostenfrei erhältlich sind, so ist dieses strafbar.
Erhebt jemand Kosten für Leistungen, die andernorts kostenfrei erhältlich sind, so ist dieses strafbar.
Foto: Dan Race - Fotolia.com

Das Landgericht Hamburg hat am 21. März 2012 im Verfahren gegen sieben Angeklagte wegen des Betreibens von Kostenfallen im Internet Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und drei Jahren und neun Monaten sowie Geldstrafen verhängt. Darauf verweist der Hamburger Fachanwalt für Straf- und Steuerrecht Jürgen von Schalscha-Ehrenfeld unter Hinweis auf die Mitteilung des Landgerichts (LG) Hamburg (Az.: 608 KLs 8/11). Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Angeklagten - teilweise als Täter, teilweise als Gehilfen - über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren im Internet "Abo-Fallen" betrieben haben. Auf diese Weise haben sie bei ca. 65.000 Internetnutzern einen Schaden von insgesamt mindestens 4,5 Millionen Euro verursacht.

Die Angeklagten haben mit unterschiedlichen Unternehmen im Internet sog. Sinnlosangebote unterbreitet. Sie haben Leistungen kostenpflichtig angeboten, die andernorts kostenfrei zu erhalten waren. Auf diese Weise wurde z.B. Freeware, d.h. frei erhältliche Software, kostenpflichtig angeboten. Dabei war der Hinweis auf die Kostenpflicht allerdings absichtlich so positioniert, dass er bei flüchtiger Betrachtung der Websites leicht übersehen werden konnte.

Wer sich auf den Websites der Angeklagten anmeldete, erhielt anschließend eine E-Mail, in der ihm der Abschluss eines Vertrags bestätigt und er zur Zahlung von 60,- bzw. 84,- Euro aufgefordert wurde. Kam er der Zahlungsaufforderung nicht nach, folgten in zahlreichen Fällen Zahlungsaufforderungen seitens des ebenfalls mitangeklagten Rechtsanwalts.

Nach dem Urteil der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hamburg erfüllt dieses Verhalten den Tatbestand des Betruges, so von Schalscha-Ehrenfeld. Mit den an die Kunden versandten Zahlungsaufforderungen täuschten die Angeklagten den Kunden vor, diese seien eine vertragliche Zahlungsverpflichtung eingegangen. Tatsächlich waren jedoch keine Verträge zustande gekommen, weil den Angeklagten wegen des Inhalts ihrer sinnlosen Angebote und der gezielten Gestaltung ihrer Websites klar war, dass Kunden, die sich dort anmeldeten, den Kostenhinweis übersehen hatten. Wenn aber ein Kunde keine entgeltliche Leistung in Anspruch nehmen möchte und der Anbieter dies erkennt bzw. hiervon ausgeht, kommt kein Vertrag über eine kostenpflichtige Leistung zustande.

Gewerbs- und bandenmäßiger Betrug

Der Hauptangeklagte, der als Initiator der Taten an allen wesentlichen Entscheidungen maßgeblich beteiligt und für die Konzeption der Websites verantwortlich war, ist insbesondere wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Gegen drei weitere Angeklagte wurden Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und einem Jahr und zehn Monaten festgesetzt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die übrigen drei Angeklagten wurden wegen ihrer untergeordneten Beihilfehandlungen zu Geldstrafen verurteilt bzw. mit Strafvorbehalt verwarnt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung kann binnen einer Woche Revision eingelegt werden. Hierüber entschiede dann der Bundesgerichtshof.
Von Schalscha-Ehrenfeld rät - unabhängig von diesem Fall -, in allen strafrechtlich relevanten Fällen so früh wie möglich rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdSRV-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger e. V. verweist. (oe)

Weitere Informationen und Kontakt:

Jürgen von Schalscha-Ehrenfeld, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Strafrecht und Steuerrecht und Landesregionalleiter "Hamburg" des VdSRV Verband deutscher StrafrechtsAnwälte und Strafverteidiger e. V., Neuer Wall 26-28, 20354 Hamburg, Tel.: 040 244241466, E-Mail: juergen@vonschalscha.de