Web-Dienste/Erfahrungen mit Web-Dienstleistern

Guter Service ist nicht selbstverständlich

28.05.1999
Zum grossen Teil hängt der Erfolg eines Web-Auftritts oder des Internet-Geschäfts vom externen Partner ab. Bernhard Wiegert* hat sowohl Anwenderunternehmen als auch Branchenexperten über ihre Erfahrungen und Einschätzungen befragt.

Nicht nur im Mutterland des Internet tut sich was. Auch in Deutschland, das im internationalen Vergleich hinsichtlich der Anzahl der Online-Anschlüsse an zweiter Stelle liegt, nutzen mittlerweile rund 28 Prozent aller mittelständischen Unternehmen das Internet als eigenständigen Handelskanal oder zumindest als Imageplattform zur Firmendarstellung - Tendenz steigend. Fast alle Firmen nehmen dabei die Hilfe und das Know-how von spezialisierten Dienstleistern in Anspruch. Zwar äußern sich viele Kunden zufrieden über ihren externen Partner, doch hohe Servicequalität ist nicht überall selbstverständlich.

Gute Erfahrungen mit dem Internet-Service-Provider machte die Teledata GmbH aus Frankfurt. Das 1987 gegründete Unternehmen entwickelt Börseninformationsprogramme für Finanzdienstleister und setzt konsequent auf Online-Medien wie das Internet. Von dem Finanz- und Internet-Experten am Main stammen über 85 Prozent aller im deutschsprachigen Web abgerufenen Aktienkurse. Allein im Februar dieses Jahres wurden auf diese Weise 1,6 TB über die Teledata-Server transferiert. "Angesichts dieser Zahlen ist es leicht vorstellbar, daß für uns der Ausfall unserer Verbindung zum Internet das Schlimmste überhaupt wäre", meint Teledata-Geschäftsführer Steffen Böhnert. Damit so etwas nicht passieren kann, unterhält das Unternehmen in Frankfurt gleich zwei Rechenzentren, die vom ortsansässigen Internet-Dienst Colt Telecom jeweils mit einer zweifachen 155-Mbit-Verbindung ans Internet angebunden sind. Colt garantiert seinem Kunden eine Netzverfügbarkeit von 99,99 Prozent.

Apropos Verfügbarkeit: Von ganz anderen Erfahrungen weiß Roland Stelling, Bereichsleiter Netz- und Telekommunikationstechnik bei EMI Electrola (http://www.emimusic.de) in Köln zu berichten. Was Teledata an Bandbreiten im Überfluß hat, ist hier eher spärlich vorhanden. EMI geht über einen Kölner Provider ins Internet. "Gerade am Anfang bekamen wir einiges von unseren Kunden zu hören: Unsere Page baute sich nicht auf, sie tröpfelte eher dahin", erinnert sich Stelling und rät jedem Unternehmen, sich vorher bei seinem potentiellen Provider unbedingt nach der Qualität der Backbone-Anbindung ans Internet zu erkundigen.

Damit hat der BMW-Internet-Manager Jochen Schmalholz keine Probleme. Als weltweit operierender Hersteller schnittiger Automobile kann sich der Konzern keine lahme Homepage leisten. Deshalb hat sich Schmalholz einen Internet-Partner ins Boot geholt, der ein starkes, weltweites Netz mit hohen Bandbreiten hat und seine Netzwerkstruktur kontinuierlich und zukunftsgerichtet ausbaut. So einfach geht das, wenn Geld (fast) keine Rolle spielt. Auch für Schmalholz sind serviceorientierte Themen wichtig. "Technische Stärken sind ja nur eine Seite, die einen guten Provider ausmachen", so der BMW-Manager. Zu einer guten Serviceleistung zählten auch eine kompetente und persönliche Beratung sowie schnelle Hilfe, wenn es wirklich einmal brenne. Schmalholz ist auch in dieser Hinsicht mit seinem Internet-Dienstleister rundum zufrieden und sieht sich im Preis-Leistungs-Verhältnis gut bedient.

Doch nicht nur mit der Zugriffsgeschwindigkeit kann es Probleme geben. So hatte der beim Provider untergebrachte E-Mail-Server von EMI ebenfalls seine Tücken: "Mal war er für eine halbe Stunde nicht verfügbar, dann versagte er sogar für einen halben Tag den Dienst." Trotzdem billigt Netzwerkchef Stelling seinem Internet-Dienst Lernkurven zu: "Wir zählten zu den ersten Kunden. Die Anfangsprobleme waren im Grunde vorhersehbar und wurden abgestellt." Das bestätigt auch Norbert Kronenberg, Leiter Informations- und Kommunikationstechnik beim Deutschen Städtetag in Köln, der mit dem selben Provider arbeitet und vor allem dessen Beratungsservice lobt. "Es ist einfach wichtig, einen zentralen Ansprechpartner bei seinem Internet-Dienst zu haben, der einem kompetent weiterhilft und nicht etwa zu Pontius und Pilatus weiterverbindet."

Mögen die Anforderungsprofile an den jeweiligen Internet-Dienstleister auch unterschiedlich sein, so stimmen die Anwenderfirmen bei der Unterscheidung von guten und weniger empfehlenswerten Anbietern nahezu überein: Eine vernünftige Backbone-Anbindung, eine hohe Servicequalität sowie ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Da ihm der Internet-Service-Provider Nacamar eine ähnliche Leistung zu einem günstigeren Preis anbieten konnte, beendete der Distributor Softline aus Oberkirch die Zusammenarbeit mit Xlink. Zur Zeit bindet Nacamar den Softwaregroßhändler ans Internet. "Xlink ist sehr gut und zuverlässig, allerdings auch sehr teuer", begründet Michael Bär den Schritt. Bär zeichnet für die Internet-Dienste bei Softline verantwortlich. Zwischenzeitlich gab es zwar auch bei Nacamar Probleme mit der Netzverfügbarkeit. Seit Anfang des Jahres ist Bär jedoch recht zufrieden mit dem ISP.

Beim Erstellen der Web-Seiten vertraute Bär allerdings auf die Fähigkeiten seines eigenen Teams. Zwar liebäugelten die Verantwortlichen zu Beginn damit, eine Agentur einzuschalten. Doch stellte sich heraus, daß sich der sehr individuelle Internet-Auftritt besser im eigenen Haus realisieren ließ. Auch den Online-Shop baute die dreiköpfige Internet-Abteilung in Eigenregie. Wegen der speziellen Anforderungen entschied man sich gegen die Standardlösung und programmierte das virtuelle Geschäft selbst.

Ganz ohne externe Partner kommt Softlines Internet-Shop dennoch nicht aus: Die Abwicklung der Bezahlung von Waren mit Kreditkarte erledigt der auf elektronische Zahlungssysteme spezialisierte Dienstleister Telecash aus Stuttgart.

Angeklickt

Zuwenig Netzverfügbarkeit beim Provider, Ausfall des E-Mail-Systems oder sogar des Web-Servers zählen zu den Alpträumen eines jeden Web-Masters. Obwohl viele Firmen mit ihren Web-Dienstleistern gute Erfahrungen machen, gibt es auch solche, die sich über schlechte Servicequalität beschweren. Oft sind potentielle Kunden die Leidtragenden. Sie kehren der Site womöglich den Rücken. Spätestens dann ist es an der Zeit, einen neuen Servicepartner zu suchen.

Agenturen

Nicht nur beim Anbieter für den Netzzugang sollte man vor Vertragsschluß genau hinsehen, sondern auch bei der Agentur, die sich auf das Erstellen von Internet-Seiten spezialisiert hat. "Die Chemie zwischen den Partnern muß stimmen," betont Michael Baumeister, Geschäftsführer der Firma Cinetic Medientechnik GmbH aus Karlsruhe. Nach seinen Erfahrungen reicht Technikkompetenz allein nicht aus, um Firmenkunden umfassend zu beraten. Sein Unternehmen bietet Web-Dienstleistungen für Firmenkunden an und betreibt das Internet-Verzeichnis Web.de sowie den Online-Service Flug.de, über den Tickets gebucht werden können.

Noch immer würden zu viele Media-Agenturen in ihren gewohnten Bahnen, sprich im CD-ROM-Format, denken, kritisiert der Cinetic-Geschäftsführer. Deshalb entstehe oft ein grafiklastiges Screen-Design, das die Präsentationsmöglichkeiten des Internet entweder vergewaltige oder, im Gegenteil, einfach ignoriere. Nur allzu oft wird Firmen eine Virtualität verkauft, die sie nicht brauchen. So kann es schon mal vorkommen, daß die Kreativität der Designer am Interesse des Kunden vorbeigeht. Technische Spielereien sollen einen Mangel an Informationen oder Service vertuschen. Nach wie vor, behauptet Baumeister, vernachlässigten viele Agenturen die Frage, für welches Publikum ihre jeweilige Web-Kreation eigentlich gedacht ist.

Auf Skalierbarkeit achten

Zunächst nutzte die in München ansässige Firma Emerald Software GmbH einen kleinen regionalen Provider. Doch schon bald zeigte sich, daß der Anbieter nicht mit dem Wachstum und damit den Anforderungen des Unternehmens Schritt halten konnte. Anfangs waren die auftretenden Ausfälle für Emerald noch zu verschmerzen, doch als sich Unmut bei Kunden und Mitarbeitern regte, wechselte der Softwarehersteller zur Cybernet AG. Damit verschwanden nicht nur die Kapazitätsengpässe: Laut Norbert Voß, Bereichsleiter des zentralen Supports bei Emerald Software, funktionierte auch der Support und die Hotline besser.

*Bernhard Wiegert ist freier Journalist in Bornheim-Hersel.