Anforderungen an Manager

Gute Führung erfordert Vertrauen, Disziplin und einen klaren Auftrag

09.06.2016
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Führung in der digitalisierten Arbeitswelt muss immer öfters auf Distanz funktionieren. Das verändert die Anforderungen an die Manager. Kommunikationstools allein sind nicht die Lösung, sagen ein Vorstand und Führungskräftetrainer im CW-Gespräch.

Stefan Sexl muss nicht lange überlegen, wenn er zu seiner veränderten Führungsrolle gefragt wird. Sofort zählt der Vorstand des Software- und Beratungsunternehmens pmOne die Orte auf, zwischen denen er regelmäßig hin und her pendelt: München, Köln, Düsseldorf und die Steiermark. Das auf Business Intelligence und Big Data spezialisierte Unternehmen ist seit seiner Gründung im Jahr 2007 auf sieben Standorte und über 200 Mitarbeiter gewachsen, für Sexl und seine Vorstandskollegen ist diese Expansion mit vielen Reisen verbunden.

Gute Führung erfordert Vertrauen, Disziplin und einen klaren Auftrag.
Gute Führung erfordert Vertrauen, Disziplin und einen klaren Auftrag.
Foto: Africa Studio - shutterstock.com

Einmal im Jahr trifft sie die ganze Firma zum Kickoff, daneben gibt es Treffen der unterschiedlichen Gruppen, so Sexl: "Die Unternehmensleitung sollte keine zentralen Vorgaben machen, wie oft sich virtuelle Teams zu treffen haben. Die Führungskräfte entscheiden bei uns eigenverantwortlich, wie oft und mit wem sie sich treffen. Obwohl wir Yammer, Skype oder Got to Meeting nutzen, sind die Reisekosten bei uns hoch." Das ist in seinen Augen vor allem eine Frage der Einstellung: "Für viele Themen muss man sich persönlich zusammensetzen, das ist eine Frage der Wertschätzung. Personalgespräche würde ich niemals virtuell führen wollen."

4200 ungelesene Mails im Posteingang

Sexl und seine Führungskollegen haben ihre Rolle hinterfragt und sich beim internationalen FranklinCovey Leadership Institut Rat geholt, das auf die Entwicklung von Unternehmens- und Führungskultur spezialisiert ist und Führungskräfte trainiert. Andreas Maron, Director Execution Practice bei Franklin Covey, skizziert die Herausforderungen an Manager in der Wissensgesellschaft so: "Viele gewohnte Strukturen werden durch die Technik aufgelöst. Virtuelle Teams kann man nicht mehr führen wie herkömmliche Teams. Die Voraussetzung, dass eine Führungskraft diese Herausforderung meistert,liegt in ihr selbst: Sie muss sich in der Informationsflut selbst führen können, um die Mitarbeiter in einer loser werdenden Welt mitnehmen zu können."

Andeas Maron, Franklin Covey: „Eine gute Führungskraft vereint Umsetzungsstärke – gepaart mit einem klaren Auftrag und hoher persönlicher Glaubwürdigkeit.“
Andeas Maron, Franklin Covey: „Eine gute Führungskraft vereint Umsetzungsstärke – gepaart mit einem klaren Auftrag und hoher persönlicher Glaubwürdigkeit.“
Foto: FranklinCovey

Der Informationsflut begegnet pmOne-Vorstand Sefan Sexl täglich in seinem E-Mail-Account, in dem 4200 ungelesene Nachrichten warten. Ein Grund dafür sei, dass er als auch für das Marketing zuständige Vorstand auf vielen Mail-Verteilern sei. Dazu komme aber die CC-Kultur, möglichst viele Mitarbeiter in Kopie zu setzen - für Sexl die Wurzel allen Übels. "Wir versuchen, die Zahl der internen Mails durch Yammer zu begrenzen", sagt darum auch Sexl. "Allerdings nutzt bisher ein Drittel unserer Mitarbeiter dieses Tool nicht."

In den Augen von Franklin Covey-Trainer Maron sind Mail-Berge ein Beweis dafür, dass "die Digitalisierung bislang keine nachweislichen Produktivitätsverbesserungen bewirkt hat - ganz im Gegensatz etwa zur Erfindung des Motors. Sie beschleunigt zwar die Prozesse, dies wird aber durch die Informationsflut und unsere noch unterentwickelte Fähigkeit damit umzugehen wieder eingefangen." Zudem sollten sich Führungskräfte genau überlegen, welche Information sie wie transportieren. Je heikler die Botschaft sein kann, desto größer sollte die Vorsicht sein, so Maron: "In virtuellen Konferenzen kommen menschliche Zwischengeräusche nicht zum Zug, darum ist eine Mischung aus persönlichem und virtuellem Austausch nötig, damit innerhalb der Teams Vertrauen aufgebaut werden kann. Je mehr man sich untereinander vertraut, desto reibungsloser kann man auch miteinander digital kommunizieren."

Klarer Auftrag motiviert Mitarbeiter

Vertrauen schaffen gehört für Trainer Maron zu den vier Maximen von Führung. Eine weitere ist es, den Auftrag zu klären. Dieser gleiche einem Zukunftsbild, das aber bis auf Teamebene heruntergebrochen werden kann und im Idealfall auch mit den Mitarbeitern entwickelt wird. Gibt es einen klaren und überzeugenden Auftrag, werden die Mitarbeiter freiwillig ihr Bestes geben. Dazu pmOne-Manager Sexl: "Die Führungskräfte sollten immer wieder inne halten und sich fragen, ist der Auftrag klar? Dabei ist es wichtig klarzumachen, wie ein abstraktes Ziel zu erreichen ist. Unser Supportteam hat etwa den Auftrag, das freundlichste Supportteam der Welt zu werden, was dann an bestimmten KPIs gemessen wird."

Stefan Sexl, pmOne: "Für viele Themen muss man sich einfach persönlich zusammensetzen, das ist eine Frage der Wertschätzung. Personalgespräche würde ich niemals virtuell führen wollen."
Stefan Sexl, pmOne: "Für viele Themen muss man sich einfach persönlich zusammensetzen, das ist eine Frage der Wertschätzung. Personalgespräche würde ich niemals virtuell führen wollen."

Führungsregeln täglich leben

Disziplin ist eine weitere Eigenschaft, die Manager Sexl und Berater Maron einfällt, wenn es um gute Führung geht. "Für Führungskräfte ist die Disziplin, täglich die Führungsregeln zu ­leben, in der schnelllebigen digitalen Welt die wichtigste Fähigkeit", sagt Sexl. So brauche der Manager nicht nur ein Framework an Führungsgrundsätzen, sondern auch den Willen, diese Regeln täglich zu leben.

"Eine gute Führungskraft vereint Umsetzungsstärke - gepaart mit einem klaren Auftrag und hoher persönlicher Glaubwürdigkeit", fasst Maron zusammen. Dann gelinge es auch, das Engagement der Mitarbeiter bis in die höchste Stufe, der begeisterten Kreativität, zu steigern. Schließlich sei es nicht die Aufgabe des Managers, die Mitarbeiter ständig zu motivieren, sondern ihr Talent für die Prioritäten des Unternehmens freizusetzen.