Netzsupport ist selten ein Leistungs-Bottleneck

Gut geplante LANs verlangen nur wenig Wartungsaufwand

16.02.1990

CW-Bericht, Heinrich Seeger

Norman Weizer, Senior Consultant bei Arthur D. Little, glossierte im Januar in der Computerworld USA: "Bevor Sie sich das nächste Mal an der LAN-Theke einen kalten Hintern wegen einer Gratis-Mahlzeit holen, fragen Sie nach dem Preis der Hosenträger, die Sie gebrauchen werden, um solange ihre Hose oben zu halten!"

Im Klartext: Lokale Netze (LAN) sind nur so gut oder so billig wie der Support, der sie funktionsfähig macht und erhält. Daraus folgt die These: Wartung und Support lokaler Netze, sollten sie nicht optimal funktionieren, können zum Leistungs-Bottleneck einer DV-Abteilung werden.

Das sehen nicht alle so: Folker Reisig von der Kölner Unternehmensberatung Infora GmbH glaubt, daß ein LAN ohne großen Wartungsaufwand funktioniert, wenn der Leistungsbedarf realistisch geplant, die Verkabelung auf Zuwachs installiert und das Netz-Betriebssystem bedarfsgerecht konfiguriert wurde. Wartungsbedürftig sind hauptsächlich die Endgeräte, deren Support aber nicht LAN-spezifisch ist: Eine Workstation verschleißt nicht schneller als ein baugleicher Stand-alone-PC. - Gleichwohl gibt es den Fall des LAN-Supporters, der trotz eines viel zu klein ausgelegten Netzes ständig wachsende User-Zahlen bewältigen muß und sich auf diesem Wege zum Katastrophenmanager entwickelt.

Komplett in hauseigener Hand liegt der Support für ein LAN, dessen Betreiber und Verantwortlicher nicht genannt werden möchte. An einem Ethernet-Backbone mit zwei Fileservern, ursprünglich geplant für höchstens 50 Endgeräte, hängen inzwischen etwa 80

Stationen; überwiegend werden Textanwendungen gefahren. An mehreren Transceiver-

Abgriffen vom Backbone liegen Cheapernet-Segmente mit teils abenteuerlichen Längen. 180 bis 220 Meter, so die Vorgabe des Netzkarten-Herstellers, sind höchstens als Segmentlängen vertretbar, wenn man sichergehen will, daß auch die am weitesten vom Transceiver entfernte Station noch Signale erhält. Das längste Segment ist aber inzwischen auf mehr als 650 Meter erweitert worden. "Es besteht eine reelle Chance, daß einige Rechner irgendwann nur noch Stand-alone arbeiten können und daß Dateien im Nirwana landen", gibt sich der Supporter fatalistisch.

Ein zu klein ausgelegtes, nicht erweiterungsfähiges Netz enthält also eine Option auf den funktionalen Kollaps. Angesprochene Wartungsanbieter hatten im obengenannten Fall dann auch nur den Tip parat, neu zu verkabeln. Das Netz, nicht der Support ist hier der Flaschenhals.

Ein auf Eigenleistung basierendes Support-Konzept kann auch weniger problematisch sein, wie Bodo Heisterkamp berichtet. Er ist beim Schulungsanbieter Control Data Institut für die PC-Netze an 15 Standorten verantwortlich, die in der Münchener Hauptniederlassung und an 15 weiteren Standorten in der Bundesrepublik von den Schülern und von der Verwaltung genutzt werden. Hierbei handelt es sich um logische Ringnetze mit Arcnet-Karten, die indes hardwareseitig in einer Baumstruktur aufgebaut sind und unter Novell-Netware laufen; als Server dienen PC-ATs Anpassungen des Netzes ansteigende User-Zahlen waren von Anfang an vorgesehen und bereiten dem Supporter daher nur geringe Probleme.

Zur Wartung der Endgeräte (PCs und Peripherie) in den CDI-LANs hat Heisterkamp einen Wartungs- und Reparaturvertrag auf 24-Stunden-Basis mit Sorbus abgeschlossen; wenn die Geräte eingeschickt werden, sollten sie vereinbarungsgemäß nach drei Tagen wieder zurück sein "Leider ist es noch nicht einmal so weit, daß wir die Geräte innerhalb von zwei Wochen wiederbekommen; meistens dauert es vier Wochen", beklagt sich Heisterkamp. Rechtsanwalt Christoph Zahrnt rät, in Wartungsverträgen nicht nur zu fixieren, wie lange der Service höchstens auf sich warten lassen darf, sondern auch Sanktionen für den Fall festzulegen, daß die Vereinbarung nicht eingehalten wird.

Inhouse-Supporter vermissen nicht selten Tools, mit denen sie online nach Kabelschäden oder Konfigurationsfehlern suchen beziehungsweise über kurzfristige Logins in entfernten LAN-Inseln Kontroll- und Installationsaufgaben wahrnehmen können. Bei CDI wären hierzu Stand- oder Wählleitungen sowie Modems notwendig, die Heisterkamp aber nicht von seiner Rechnungsabteilung genehmigt bekommt. Voraussetzung dafür, daß solche Tools greifen, ist in jedem Fall eine genaue Dokumentation der Verkabelung. Die fehlt aber oft, wenn die Netze erweitert oder umgebaut werden; vielfach kommen die Verantwortlichen mit der Dokumentation wegen anderweitiger Arbeitsüberlastung nicht nach.

Ein Glasfaser-Trägerring vernetzt das Werksgelände des Bremsenherstellers Knorr AG in München. DV-Leiter Johann Riederer betreibt an dem Ring IPS-Multiplexer, Ethernet-Segmente in Koaxial-Verkabelung und 3270-emulierende Terminals. Das Netz ist weitgehend redundant ausgelegt, zusätzlich hält Riederer Reserve-Netzkarten vor, so daß er die meisten Störfalle selbst abfangen kann. Endgeräte und Peripherie werden von den Herstellern gewartet.

Bei komplexeren Störungen kann nach Auskunft Riederers meist die IPS-Hotline helfen, so daß bisher nur einmal, nach einem Blitzeinschlag, ein Wartungstechniker gerufen werden mußte. Gerade wenn eine ununterbrochene Verfügbarkeit des LAN lebenswichtig für das Anwenderunternehmen ist, sollte die Service-Firma eine Niederlassung am gleichen Ort haben, empfiehlt Riederer. In seinem Fall ist es zwar bisher nicht kritisch geworden, aber den DV-Leiter plagt doch die Angst, daß IPC aus Eschborn bei Frankfurt den Weg einmal nicht rechtzeitig schaffen und demzufolge das Knorr-Netz hängen könnte. Er empfiehlt im übrigen, ein LAN oder dessen Teile nur einem renommierten Unternehmen mit transparenter Struktur anzuvertrauen, in dem man gut informierte und kompetente Ansprechpartner vorfindet.

Das glasfaserbasierte Ethernet der Münchener Messegesellschaft mit über 200 Bildschirmen und etwa 80 Druckern wird im Rahmen eines umfassenden Support-Vertrages komplett vom Generalunternehmer Mannesmann-Kienzle (MK) gewartet, der per Datenfernübertragung online auf das System zugreifen kann.