Gupta-Chef: Im Moment findet ein Shake-out statt

03.06.1994

CW: Ihr staerkster Wettbewerber Microsoft hat sich im Unfrieden von Partner Sybase getrennt - eine gemeinsame SQL-Server-Entwicklung gibt es nicht mehr. Hat Sie diese Nachricht gefreut?

Wilke: Zugegeben, als ich das las, war ich nicht gerade ungluecklich. Wir positionieren SQL Base gegen den SQL Server, daher ist es fuer uns eine gute Neuigkeit zu hoeren, dass Microsoft wohl in jedem Fall Schwierigkeiten mit dem Produkt bekommen wird. Wir hoeren das auch von Distributoren, die sagen: Der SQL Server ist erst einmal tot.

CW: Sie glauben nicht, dass Microsoft seine Ankuendigung wahr machen und in kurzer Zeit eine eigene SQL-Server-Variante fuer den High- end-Markt herausbringen kann?

Wilke: Microsoft hat noch nie ein Datenbanksystem fuer den professionellen Einsatz gebaut. Bis jetzt hat man sich in Redmond mit PC-Datenbanken e la Access beschaeftigt. Ich rechne damit, dass es ein paar Jahre dauert, bis ein leistungsstarkes Produkt herausgebracht wird.

CW: Gupta haette genau das Datenbanksystem, das Microsoft benoetigt. Waere nicht eine "strategische Allianz" sinnvoll?

Wilke: Genau diese Frage habe ich auch Umang Gupta gestellt. Er war skeptisch und meinte: "Bisher hat im Markt noch keiner von einer Partnerschaft mit Microsoft profitiert." Wie dem auch sei: Ein konkretes Angebot liegt nicht vor.

CW: Stimmt es, dass sich die Strategien von Microsoft und Gupta bezueglich des Profimarktes kaum voneinander unterscheiden?

Wilke: Wir sehen uns eher im Downsizing-Umfeld, Microsoft dagegen versucht ueber Upsizing in den Markt zu kommen. Microsoft hat die traditionellen PC-User, bewegt sich aber relativ langsam in den professionellen Markt hinein. Wozu auch Eile? Die erzielen in ihrem klassischen Geschaeft hervorragende Ergebnisse. Unser Interesse gilt dem Corporate User. Unsere Produkte laufen zwar auf PCs, aber die Anwender arbeiten professionell damit, indem sie etwa mit SQL Windows Client-Server-Anwendungen entwikkeln. Um den Upsizing-Markt haben wir stets einen grossen Bogen gemach. Gegen die Marketing-Maschine von Microsoft anzugehen, ist fast aussichtslos - sehen Sie sich Softwarehaeuser wie Borland etc. an, die tun sich sehr schwer. Wir haben kein Konkurrenzprodukt zu Foxbase - wir wollen auch keins.

CW: Sie messen sich demnach an den Datenbankanbietern Oracle, Informix und - wegen der neuesten SQL-Server-Variante besonders interessant - Sybase?

Wilke: Wir sind nicht nur im Datenbankumfeld aktiv, wir bieten auch Entwicklungswerkzeuge an - das macht immerhin die Haelfte unseres Geschaefts aus. Aber auf der Datenbankseite haben Sie voellig recht: Oracle, Informix und Sybase sind unsere Gegner, wobei Sybase in Europa noch nicht so interessant ist. Was die Verbreitung unseres Datenbanksystems in LANs angeht, haben wir hier eine Ausnahmestellung.

CW: Gehen Sie davon aus, dass sich der NT-Markt fuer Sie aehnlich guenstig entwickeln wird wie der Novell-Markt?

Wilke: Wir haben eine Version unsere Datenbank fuer NT, die Nachfrage ist bisher allerdings lau. Uebrigens haben wir auch eine Variante fuer Unixware und fuer OS/2 - die Betriebssystementscheidung ueberlassen wir ganz einfach dem Markt.

CW: Ist die Einstellung des Windows-Datenbanksystems Superbase fuer Sie ein Warnsignal?

Wilke: Im Moment findet tatsaechlich ein Shake-out statt, Microsoft wird als Company staerker, andere bleiben auf der Strecke. Da trennt sich die Spreu vom Weizen. Fuer manche ist das tragisch, denn es haengen immer auch User und Mitarbeiter dran, die an das Produkt geglaubt haben.

CW: Waere es nicht attraktiv gewesen, Produkt- und Kundenbasis zu uebernehmen?

Wilke: Ich hatte mir tatsaechlich vorgenommen, in Deutschland das Gespraech zu suchen. SPC ist eine Firma, die zwischen der Marketing-Power von Microsoft und Spezialisten wie uns zerrieben wird. Microsoft operiert im unteren Bereich - wer dem Unternehmen zu nahe kommt, kriegt Schwierigkeiten. Superbase war ein Produkt, das gegen Microsoft-Produkte konkurrierte. Aehnliches gilt fuer SPI mit Open Access. Beide Unternehmen haben dies zu spueren bekommen.

Helmut Wilke ist Vice-President Europe und Chef der Gupta GmbH, Muenchen. Das Gespraech fuehrte CW-Redakteur Heinrich Vaske.