Hersteller tritt aus Industrieverband SIIA aus

Gütliche Einigung im Prozess gegen Microsoft scheint möglich

17.03.2000
MÜNCHEN (CW/IDG) - Presseberichte um eine möglicherweise kurz bevorstehende außergerichtliche Einigung im Washingtoner Antitrust-Prozess haben den Kurs des Microsoft-Papiers steigen lassen. Der Softwarekonzern hat unterdessen seinen Austritt aus dem Branchenverband SIIA angekündigt.

Wenige Wochen vor dem erwarteten Urteilsspruch im Kartellprozess gegen Microsoft mehren sich erneut die Gerüchte um eine außergerichtliche Einigung. Obwohl die Positionen der Prozessparteien nach den bisher vorliegenden Informationen noch immer weit auseinander liegen, wollen Analysten von einem kurz bevorstehenden Durchbruch erfahren haben. Nach entsprechenden Berichten in US-Medien legte der Kurs des Microsoft-Papiers an der New Yorker Börse vorübergehend um fünf Prozent zu.

Walter Winnitzky, Analyst bei der US-amerikanischen Investmentbank Chase Hambrecht & Quist, hatte nach einem Treffen zwischen Microsofts neuem Chief Financial Officer John Connors und Wallstreet-Analysten die Spekulationen losgetreten. "Man hatte den Eindruck, dass es eine Chance für eine kurzfristige Einigung gibt", erklärte Winnitzky gegenüber Pressevertretern. Beide Seiten seien zu Zugeständnissen bereit, Microsoft könne aber möglicherweise ohne strukturelle Maßnahmen, also eine Aufspaltung des Konzerns, davonkommen, deutete er an. Der angesehene Analyst Rich Sherlund von Goldman Sachs hatte sich zuvor in ähnlicher Weise geäußert.

Der Softwarekonzern aus Redmond hat unterdessen seinen Austritt aus dem Branchenverband Software and Information Industry Association (SIIA) bekannt gegeben. COO (Chief Operating Officer) Bob Herbold erklärte in einem Schreiben an die Organisation, die SIAA spiele "nicht länger eine effektive Führungsrolle in Angelegenheiten, in denen Software- und Informationsindustrie gemeinsame Interessen verfolgen".

Die wahren Gründe dürften jedoch woanders liegen. In einer Stellungnahme zum laufenden Kartellprozess gegen Microsoft hatte die SIIA im Februar Partei für die Kläger ergriffen. Diesen Einlassungen zufolge habe der Softwarekonzern gegen geltende Antitrust-Gesetze verstoßen.

SIIA-Chef Ken Wasch zeigte sich denn auch kaum überrascht von dem Schritt Microsofts. "Wer mit Alligatoren schwimmt, darf sich nicht beschweren, wenn er gebissen wird", so sein Kommentar. "Mit seinem Austritt hat Microsoft einmal mehr bewiesen, dass sein Benehmen dem eines Schulhofrüpels gleichkommt."

In der SIIA sind unter anderem einige der wichtigsten Konkurrenten Microsofts vertreten. Microsoft bleibt nach dem Austritt Mitglied in sieben anderen Industrieverbänden. Dazu zählt auch die Association for Competitive Technology, die beim Washingtoner Bezirksgericht eine Stellungnahme zugunsten des Softwareherstellers eingereicht hat.