Gegeneinander statt Miteinander

Grundkonflikte bei Projekten

16.05.2012
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Vier Schritte, um aus dem Teufelskreis auszubrechen II

3. Einführen von Job-Rotation zwischen "Linie" und "Projekt"

Wie bereits beschrieben, argumentieren "Linie" und "Projekt" zumeist ausschließlich aus ihrer Perspektive - manchmal bewusst, um eigene Ziele zu realisieren, häufig aber auch unbewusst, ohne die Auswirkungen des eigenen Handelns für die jeweils andere Partei zu sehen. Die Folge ist ein Teufelskreis, in dem "Linie" und "Projekt" sich bei "Problemen" wechselseitig den schwarzen Peter zu schieben, basierend auf Argumenten wie: "Hätte die ‚Line’/ das ‚Projekt’ dieses nicht getan, dann hätten wir jenes nicht veranlasst."

Das Einführen des Prinzips der Job-Rotation hilft oft, diese Negativspirale zu durchbrechen. Hierbei wechseln die Mitarbeiter beispielsweise in Zwei- oder Drei-Jahresrhythmen zwischen Linien- und Projektaufgaben - und zwar nicht nur die Projektmitarbeiter, die in der Projektmatrix- und -einflussorganisation ohnehin bereits zwischen Linie und Projekt "springen", sondern auch die Führungskräfte in der Linie.

Eine regelmäßige Rotation zwischen Linie und Projekt hat folgende Vorteile:

  • Die Führungskräfte und Mitarbeiter aus der Linie lernen projekthaft und flexibel in einem dynamischen Umfeld zu arbeiten.

  • Die Linienmitarbeiter verstehen die Ziele, Herausforderungen und Anliegen ihrer Projektkollegen und können deshalb reibungsärmer mit ihnen zusammenarbeiten. Und:

  • Durch die regelmäßige Rotation arbeiten die Linienmitarbeiter immer wieder mit neuen Kollegen zusammen (in der Linie und in Projekten) und erweitern so ihr Netzwerk, was auch den Wissensaustausch in der Gesamtorganisation fördert.

4. Förderung einer konstruktiven Konfliktkultur

Alle voran gegangenen Überlegungen und Handlungsempfehlungen sind richtig und wichtig. Es wäre jedoch ein Irrglaube anzunehmen: Durch ihre Berücksichtigung werden Projekte zu Selbstläufern. Denn auch die beste Projektorganisation und Prozessbeschreibung kann Konflikte nicht verhindern. Deshalb dürfen in den Projekten beziehungsweise in der Gesamtorganisation Konflikte nicht nur negativ gesehen werden. Vielmehr muss auch deren positive Wirkung verstanden werden. Zudem muss in der Organisation eine konstruktive, lösungsorientierte Konfliktkultur bestehen.

Eine solche Kultur und Atmosphäre des Mit- statt Gegeneinanders setzt folgende drei Faktoren voraus:

  • Wollen: Die Mitarbeiter müssen erkennen, welche Vorteile eine positive und konstruktive Konfliktkultur (auch für sie) hat und müssen diese umsetzen wollen. Ohne diese Erkenntnis ist jegliche diesbezügliche Förderung zum Scheitern verurteilt.

  • Dürfen: Die Mitarbeiter und Führungskräfte des mittleren Managements brauchen Vorbilder, an denen sie sich orientieren können. Nur wenn die (oberen) Führungskräfte hierarchie- und bereichsübergreifend an einem Strang ziehen (und Bereichs-Egoismen zurückstellen), können sie gemeinsam den Rahmen für eine lösungsorientierte Konfliktkultur in der (Gesamt-)Organisation schaffen, in der Konflikte positiv bewertet und gelöst werden.

  • Können: Die Mitarbeiter der Organisation müssen dazu befähigt werden zu verstehen, welche Vorteile ein konstruktiver Umgang mit Konflikten hat und wie man Konflikte konstruktiv löst. Dies kann beispielsweise durch Konfliktmanagementtrainings und Einzel-Coachings erreicht werden. Denn nur selten sind Mitarbeiter von Geburt an perfekte Konfliktlöser: Sie müssen diese Kompetenz entwickeln. (oe)

Kontakt:

Der Autor Daniel Krones (MBA) arbeitet als Berater für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal. Er ist auf das Themenfeld Projekt- und Change-Management spezialisiert. Tel.: 07251 989034, E-Mail: daniel.krones@kraus-und-partner.de, Internet: www.kraus-und-partner.de