Gründerseminare schulen am Bedarf vorbei

08.07.2004
Von Magdalena Schupelius

"Die Resonanz ist sehr gut und wird von Jahr zu Jahr besser", so Hänsch. Pro Jahr steige die Teilnehmerzahl der Kurse um runde zehn Prozent. In sechs Jahren, zwischen 1996 bis 2002, wurden im BPW 1679 Business-Pläne entwickelt, aus denen nicht weniger als 445 Unternehmensgründungen hervorgingen. Die "Überlebensquote" kann sich sehen lassen: Genau 377 der ursprünglichen 445 Firmen sind noch erfolgreich am Markt, 1721 Arbeitsplätze scheinen dauerhaft gesichert. So ziemlich alle Branchen sind vertreten, der Anteil der technisch orientierten Firmen ist allerdings hoch: Rund 25 Prozent sind in der Hightech-Sparte angesiedelt, etwa zehn Prozent gehören zum Bereich Kommunikation und Internet. Vielleicht liegt hier schon ein Teil des Erfolgsgeheimnisses.

"Wer komplexe Produkte anbieten will, kommt meistens schon gut vorbereitet in die entsprechenden Seminare", erläutert Professor Matthias Eickhoff, Gründer und Leiter des Instituts für unternehmerisches Handeln an der Fachhochschule Mainz. Betriebswirtschaftliches und rechtliches Know-how bringen viele Teilnehmer bereits mit. Ihnen wird der größte Teil der Bildungsangebote nicht gerecht. "Die meisten Gründerseminare wollen eine derart breite Zielgruppe ansprechen, dass sie am Wissensbedarf des Einzelnen vorbeigehen", kritisiert darum etwa IT-Unternehmer Marc-Christian Rossig.

Der Hamburger besuchte mehrere Gründerseminare, musste aber feststellen, "dass viele Berater weniger wussten als wir". Zu unterschiedlich seien auch die Erwartungen der Seminarteilnehmer. So operiere eben, erklärt Rossig, "ein Friseursalon in einem anderen Markt als ein IT-Unternehmen". Entsprechend ließen sich die Probleme solcher Unternehmen nicht im gleichen Seminar abhandeln.

Risikoscheue Generation

Rossig fand die für ihn geeignete Schulung im Innovationszentrum Itzehoe. Dort wurde nach Zielgruppen streng differenziert, die Seminarinhalte wurden genau auf den Ausbildungsstand und die Zielbranche der Teilnehmer ausgerichtet. Heute stehen Rossig und Mitgründerin Lone Wolf ihrem eigenen Unternehmen vor, dem weltweit operierenden Online-Fachübersetzungsdienst "24translate". Zu zweit begonnen, beschäftigt 24translate nun, drei Jahre später, 25 Mitarbeiter und verzeichnet Jahresumsätze von mehreren Millionen Euro. Rückblickend meint Rossig: "Was Jungunternehmer eigentlich brauchen, sind Mentoren."

Im Idealfall würde in einem Mentorensystem jedem Gründer ein erfahrener Unternehmer zugeordnet, der dem Neuling seine Branchenkenntnisse zur Verfügung stellt und den Aufbau von Netzwerken unterstützt. Rossig: "Die persönlichen Kontakte sind vielleicht wichtiger als eine ausreichende finanzielle Basis."