Magdeburger Firma Skyrix stellt 700000 Zeilen zur Verfügung

Groupware profitiert von Codespende

15.08.2003
MÜNCHEN (ls) - Mit der "OpenGroupware.org" (OGo) hat sich eine weitere Gruppe zusammengetan, die eine Collaboration-Lösung als Open Source fertig stellen will. Sie kann auf ein seit sieben Jahren entwickeltes kommerzielles Produkt aufsetzen.

Bei Null mussten die Projekte "PHP Groupware" oder das vor einem Jahr auf Initiative des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gestartete "Kolab" - derzeit in Version 1.0 - starten. Die Gründung der OpenGroupware.org Anfang Juli 2003 erregte schon deswegen viel Aufsehen, weil sie auf eine Sourcecode-Spende des Magdeburger Softwarehauses Skyrix zurückgeht. Dieses hat große Teile seiner Groupware "Skyrix", Version 4.1, quelloffen der Community zur Verfügung gestellt. Der Sourcecode hat einen Umfang von 700000 Zeilen.

Das Unternehmen Skyrix entstand aus der 1994 gegründeten MD-Link GmbH. Dieser Internet-Service-Provider begann zwei Jahre später mit der Entwicklung von "LS Office", um seinen Kunden eine Kooperationsplattform im Web anbieten zu können. Die Linux-basierende Lösung war das Hauptprodukt der Firma Skyrix, die sich im Jahr 2000 von MD-Link abspaltete, und wurde damals in Skyrix 3 umbenannt. Seither hat das Unternehmen Code unter der General Public License (GPL) in verschiedene Open-Source-Projekte eingebracht. Mit der Skyrix-Lösung arbeiten 1000 registrierte Kunden mit jeweils fünf bis 3000 Anwendern.

Der Skyrix-Groupware-Server ist nicht in der für andere Lösungen dieser Art meistens genutzten Scriptsprache PHP, sondern in Objective-C programmiert und besitzt XML-Interfaces. Die heutige Version umfasst Gruppenkalender, Adressbücher, ein E-Mail-System, Kommunikation über Instant Messaging und einen Web-Browser. Anwender können Dokumente austauschen, gemeinsam bearbeiten und Veränderungen protokollieren. Als Datenbanken lassen sich im Hintergrund relationale Systeme wie PostgreSQL, Oracle oder Sybase anschließen. Auf der Basis von Skyrix können "Outlook", die Ximian-Entwicklung "Evolution", der Open-Office-Client "Glow" sowie die Kalender von Mozilla und "iCal" von Apple aufsetzen. Es bietet sich als Alternative zu Microsofts "Exchange" an.

"Um eins ganz klar zu machen: Dies ist ein Ersatz für Exchange." Diese Aussage von Gary Frederik, Leiter des Projekts OpenGroupware.org, ist ein ziemlich vollmundiges Versprechen. Russel Pavlicek, ein Linux-Berater und ehemaliger Kolumnist der CW-Schwesterpublikation "Infoworld", hat das jetzt als Open Source vorliegende Produkt für das Open-Source-Nachrichtenforum "Newsforge" getestet. Sein Befund fällt keineswegs positiv aus (siehe http://newsforge.com/article.pl?sid=03/07/14/1513220). Insbesondere kritisiert er das streckenweise undurchsichtige und unvollständige Installationsverfahren und die ungenügende Dokumentation.

Auf die Kritik haben Mitarbeiter des OpenGroupware-Projekts mit Verständnis reagiert. OpenGroupware sei kein fertiges Produkt, das sich ohne weiteres in Unternehmen und Verwaltungen installieren lasse. Ein neues Installationsprogramm sei daher ein erstes Projektziel und werde in Kürze erscheinen. Aber durch die umfangreiche Codebasis sei die Entwicklergruppe in einer vorteilhaften Ausgangssituation. Hinzu kommt, dass Skyrix für den Aufbau der OpenGroupware-Community zwei Mitarbeiter abgestellt hat und einen fünfstelligen Geldbetrag spendieren will. 15 Unternehmen und Organisationen unterstützen das Projekt.

Der Sponsor Skyrix erhofft sich von der Offenlegung des Quellcodes eine größere Verbreitung der Lösung. Dies ist auch notwendig für den Erfolg einer neuen geschäftlichen Ausrichtung. Jens Enders, Mitbegründer und Vorstandsprecher des Unternehmens, erklärte: "Durch den Open-Source-Gang wird sich der Marktanteil unserer Software weiter erhöhen, und gleichzeitig stärken wir unsere Position gegenüber dem Wettbewerb bei lukrativen Projektkunden." Das Unternehmen will sich künftig als Dienstleister profilieren. Im Zentrum stehen dabei Support und kostenpflichtige Zusatzmodule für die Groupware-Lösung. Hauptzielgruppe sind öffentliche Verwaltungen und größere Unternehmen.