Mainframe-Wartung

Großrechner-Support: Es gibt Alternativen zu IBM

29.11.2007
Spezialisten für den Mainframe-Support versprechen mehr Flexibilität und bessere Preise als IBM.

Wer sich gegen das Original und für die Kopie entscheidet, tut dies meistens aus Kostengründen. Das wissen auch die alternativen Anbieter von Mainframe-Wartungsdiensten, die Kunden von den teuren Services der IBM weglocken möchten. "Unsere Servicepreise liegen 50 Prozent, zum Teil sogar bis zu 60 Prozent unter dem Listenpreis von IBM", wirbt Claus Fischer, geschäftsführender Gesellschaft der Technogroup IT-Service GmbH in Hochheim, für die Leistungen seines Unternehmens. Nicht minder aggressiv rührt Bernd Schuster, Manager Technology Competence Center bei der Technoservice Solutions AG, die Werbetrommel: "Ohne Leistungsabstriche betreiben wir den Support zur Hälfte der IBM-Preise."

In Deutschland gibt es zu IBM nur drei Alternativen

Das ficht IBM nicht an – zu sicher scheint sich der IT-Riese der Treue seiner Klientel. Auf mehr als 90 Prozent in diesem Geschäft schätzen die Marktforscher die Anteile von Big Blue. Aktuelle Zahlen zu diesem Segment gibt es nicht, denn das Geschäft ist sowohl bezogen auf den Umsatz als auch auf die Zahl der Anbieter klein. Neben IBM gibt es in Deutschland nur die beiden genannten Betreiber – Technoservice und Technogroup – sowie die K&P Computer aus Wiesbaden, die IBM-Großrechner warten. Zwar zählen die Marktbeobachter von Gartner noch Anbieter wie Comparex, CSC, T-Systems und EDS zum Reigen der Mainframe-Supporter, doch deren Leistungen erstrecken sich oft auf Services im Rahmen von Outsourcing-Verträgen. Die Handarbeit an der Hardware, dem Betriebssystem, der Management-Software und der Middleware überlassen sie zumeist den genannten Spezialisten. Diese teilen sich nach Gartner-Zählung Einnahmen in Höhe von 737 Millionen Euro im Jahr 2006. Darin enthalten sind Dienstleistungen rund um die Hardware-Maintenance für Multiuser-Midrange-Server, Mainframes, Supercomputer sowie damit verbundene Peripheriegeräte.

IBM vertraut auf das eigene Know-how

Erik-Werner Radke, Leiter der Sparte Maintenance-Services bei IBM: 'Wartung ist Kerngeschäft der IBM.'
Erik-Werner Radke, Leiter der Sparte Maintenance-Services bei IBM: 'Wartung ist Kerngeschäft der IBM.'
Foto: IBM

"Billig ist nicht immer preiswerter", sagt Erik-Werner Radke, Leiter der Sparte Maintenance-Services bei IBM. Insbesondere Kunden, die ihre Großrechner (Z-Series) für unternehmenskritische Applikationen benötigen, halten dem Hardwarehersteller auch im Service die Treue, und "Wartung ist Kerngeschäft der IBM", betont Radtke. Dafür beschäftigt das Unternehmen eine Support-Mannschaft von 2000 Mitarbeitern in Deutschland, die sich allerdings nicht ausschließlich der Großrechnerwartung sondern auch dem Vor-Ort-Service etwa für Notebooks und PCs widmen. Über 600 Spezialisten hat IBM im Support-Center in Mainz zusammengezogen. Sie sind erster Anlaufpunkt, wenn Kunden oder Systeme eigenständig Fehler melden. "Wir haben einen guten Job gemacht, wenn es uns gelingt, die Probleme ohne Ausfallzeit schon im Support-Center zu lösen", schildert der IBM-Manager. "Die Herausforderung im Support von Mainframe-Systemen liegt heute in der Beherrschung des Hardware-Mikrocodes und der Verbindung zu Software und angeschlossenen Systemen. Die Reparatur einer bestimmten Komponente ist weniger problematisch."

Trotz zuverlässiger Kundschaft ist das Geschäft auch für IBM schwierig, weil die Preise im Wartungsgeschäft analog zu den Hardwarekosten fallen. "Das Geschäft mit IT-Wartung ist kein rasant steigendes. Studien besagen, dass wir uns in einem sich leicht konsolidierenden Markt befinden", drückt es Radtke vorsichtig aus. "Es gibt allerdings auch eine gegenläufige Entwicklung: Die Kunden benötigen immer mehr Leistung und Speichervolumen. Davon profitiert auch das Wartungsgeschäft."

Die alternativen Anbieter müssen günstiger als IBM sein

Technoservice-Manager Schuster wird deutlicher. "Für eine Z9 verlangt der Hardwarehersteller – je nach Einsatzgebiet – im Durchschnitt 5000 Euro im Monat. Vor zehn oder 15 Jahren war der zehnfache Betrag Usus." Dieser Verfall hält an und ist so deutlich, dass der Zuwachs an Großrechnerressourcen bei den Bestandskunden und der damit verbundene Anstieg des Servicebedarfs den Einnahmen-Rückgang durch den anhaltenden Preisdruck seiner Einschätzung zufolge kaum kompensieren können. Auf nennenswertes Neukundengeschäft im Mainframe-Umfeld hofft ohnehin kaum jemand. Die Entwicklung ist für die alternativen Anbieter in zweifacher Hinsicht problematisch. Zum einen müssen sie für die gleichen Einnahmen immer mehr leisten. Zum anderen gibt es für Anwender immer weniger Anreize, zumindest unter Kostenaspekten den Provider zu wechseln – der Aufwand für den Übergang rechnet sich nicht.

Claus Fischer, Technogroup IT-Service: 'Die Anwender gewinnen mit dem Wechsel ihre Unabhängigkeit zurück.'
Claus Fischer, Technogroup IT-Service: 'Die Anwender gewinnen mit dem Wechsel ihre Unabhängigkeit zurück.'
Foto: Technogroup IT Service GmbH

Und dennoch erwarten die kleinen Wartungsspezialisten zunehmenden Zuspruch von Anwendern und damit steigende Umsätze – zulasten von IBM. "Wir haben in den zurückliegenden Jahren eine rasante Entwicklung genommen", freut sich Technogroup-Chef Fischer. Im laufenden Jahr rechnet er mit acht Millionen Euro Einnahmen für die Hardwarewartung. "Die vergangenen Jahre waren erfreulich", pflichtet ihm Schuster bei. 2002 lag der Umsatz von Technoservice bei rund 4,5 Millionen, im Jahr 2007 wird er sich auf zwölf bis 13 Millionen Euro belaufen. Das wäre eine Zunahme um rund zehn Prozent. Punkten können die Anbieter mit Flexibilität. Hier fühlen sie sich deutlich besser aufgestellt und hoffen auf wechselwillige Anwender.

Kerngeschäft Ersatzteilbeschaffung

Stolz verweist Technogroup-Chef Fischer beispielsweise auf kurze Informationswege im Hause, Entscheidungen etwa zu individuellen Serviceverträgen werden schnell gefällt. Investitionen in ein neues Ortungssystem für Servicetechniker, das seit Mai 2007 deren bessere Koordination erlaubt, zahlen sich aus. Die Reaktionszeiten der mobilen Einsatzkräfte von Technogroup sind damit deutlich gesunken. Ganz wichtig ist Fischer die Seriosität: "Wir sind kein New-Economy-Unternehmen", betont er mit Verweis auf eine bis ins Jahr 1990 zurückreichende Firmengeschichte. Hervorgegangen ist das Unternehmen (wie sein Wettbewerber Technoservice) aus der Ersatzteilbeschaffung für Großrechner – zeitweilig hat selbst die IBM bei der Technogroup eingekauft. Auch heute ist der Handel und Service mit Austauschteilen ein wichtiges Standbein. Die hier erworbene Kompetenz soll Kunden Zuverlässigkeit signalisieren: "Wir garantierten auch drei oder vier Jahren nachdem der Hersteller Produkte abgekündigt hat, die Verfügbarkeit von Ersatzteilen für die betroffenen Maschinen", verspricht Fischer. Das sei besonders im Behördenumfeld wichtig, wo Innovationszyklen etwas länger sind. Aktuell gebe es darüber hinaus im kommerziellen Umfeld eine Renaissance der 3590-Bandlaufwerke. Der Grund: Im Zuge von gesetzlichen Vorgaben wie Basel II müssen einige Unternehmen wieder auf Daten zugreifen, die auf alten Medien gespeichert sind.

Technogroup, Technoservice und K&P setzen auf Flexibilität

Die Hoffnung der alternativen Dienstleister auf Kundenzuspruch nährt sich auch aus den Effizienzbemühungen der IBM. Big Blue strebt eine Automatisierung, Industrialisierung und Bündelung von Dienstleistungen an, viel Platz für individuelle Wünsche lässt das nicht. Hier springen die Konkurrenten in die Bresche. Sie bieten beispielsweise auch entkoppelte Hardware-, Betriebssystem- und Middleware-Services an. Big Blue betreut die Systeme nur im Paket. "IBM hat im Rahmen der Kosteneinsparungen Techniker in den Ruhestand entlassen, die verschiedene Regionen betreut hatten. Man hat versucht, die Lücken durch remote Services und Prozessanpassungen zu füllen. Das ersetzt aber nicht den Vor-Ort-Service", schildert Schuster seine Erfahrungen.

Bernd Schuster, Technoservice Solutions: 'Ohne Leistungsabstriche betreiben wir den Support zur Hälfte der IBM-Preise.'
Bernd Schuster, Technoservice Solutions: 'Ohne Leistungsabstriche betreiben wir den Support zur Hälfte der IBM-Preise.'
Foto: Technoservice Solutions AG

Bei aller Zuversicht: Das Geschäft bleibt auch für die IBM-Wettbewerber eine Herausforderung, denn es setzt immer die Wechselbereitschaft der Anwender voraus. Technogroup, Technoservice und K&P kommen frühestens nach Ablauf der Garantie ins Spiel. Bis dahin ist immer der Hersteller – also IBM – der Service-Provider für die Großrechnerwartung. Von einer aufgeschlossenen Kundschaft wie in den angelsächsischen Ländern können die hiesigen Anbieter nur träumen. "In Großbritannien sind die Marktanteile verglichen mit dem hiesigen Verhältnis umgedreht. Dort spielen die Hersteller in der Wartung ihrer eigenen Produkte praktisch keine Rolle", berichtet Schuster. Die deutschen Anwender scheuen das Risiko. Das ist aus Sicht des Technoservice-Managers unverständlich. Auch die kleinen Provider unterhalten Ausweichrechenzentren für Notfälle sowie eigene Labors, in denen sie Produktionsumgebungen nachstellen können. Fachlich, etwa in der vorausschauenden Fehlerbehebung und Problemlösung - da sind sich die alternativen Betreiber sicher - arbeiten sie auf Augenhöhe mit IBM.

Wechselgrund: Unabhängigkeit von IBM

Die Macht des großen Konkurrenten bekommen sie oft nur mittelbar zu spüren. "Die Hersteller verstehen es, die Kunden unter Druck zu setzen", behauptet Schuster. "Sie warnen davor, dass bei einem Wechsel Probleme im Support, in der Ersatzteilbeschaffung und mit der schlechten Ausbildung der Servictechniker drohen." Auch Technogroup-Chef Fischer weiß von vergleichbaren Vorwürfen zu berichten. Er schildert Fälle, in denen Hersteller den Anwendern weismachen wollten, ohne Servicevertrag gebe es auch keine Produkthaftung. "Das ist gesetzlich nicht haltbar", betont er. "Die Anwender gewinnen mit dem Wechsel ihre Unabhängigkeit zurück."

IBM

Technogroup

Technoservice

K&P

Umsatz

Keine Angaben

Etwa acht Mllionen Euro

Zirka zwölf Millionen Euro

Etwa zwölf bis 13 Millionen Euro

Mitarbeiter

Zirka 2000 (inklusive Desktop-Wartung und Managed Services)

Etwa 100

Etwa 100

Etwa 100

Standorte

Keine Angaben

Sieben Niederlassungen, 21 Stützpunkte

Sieben Geschäftsstellen, sieben Stützpunkte

Fünf Niederlassungen, 16 technische Stützpunkte

Unterstützte Betriebssysteme

IBM-Betriebssysteme, Linux, Windows

z/OS, OS/400, AIX, Linux, HP-UX

z/OS, OS400, AIX, Linux, Windows

z/OS, OS400, AIX, Linux, Windows

Unterstützte Hardware

IBM-Produkte, sowie Server anderer Hersteller

IBMs I-, P-, und Z-Series, HPs Itanium-, PA-Risc- und Alpha-Server

IBMs X-, P-, und Z-Series, Sun-Server

IBMs I-, X-, P- und Z-Series

Kundensegmente

Alle

Mittelgroße Unternehmen

Große Unternehmen

Kleine Unternehmen

In drei Schritten zum Wartungsvertrag

Die Marktbeobachter und Berater von Gartner empfehlen Anwendern drei Schritte, um adäquate Support-Leistungen zu bekommen.

  • Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Support-Anforderungen: Üblicherweise schauen sich Unternehmen ihre Serviceverträge genauer an, wenn sie auslaufen. Viele Firmen stoßen dabei auf Ungereimtheiten. So wurden Systeme konsolidiert, die Wartungsaufwendungen aber nicht angepasst. Darüber hinaus ist es nach Gartner-Erfahrung gang und gäbe, dass die gesamte Installation einem einheitlichen, am kritischen System ausgerichteten Service-Level unterliegt. Dabei macht es kaum Sinn, für Test- und Qualitäts-Sicherungsrechner eine ausfallsichere und teure Verfügbarkeit zu unterhalten. Für Systeme, die nicht in der Produktion eingesetzt werden und selten Support benötigen, bietet sich eine Betreuung je nach Bedarf an. Gartner rät zu monatlichen und vierteljährlichen Überprüfungen.

  • Vergleichen Sie Preise und Betriebsleistungen einmal pro Jahr: Der externe Markt für Server-Support ist geprägt von Preisverfall im Hardwaresegment und zunehmender Automatisierung der Wartungsdienste. Dadurch fallen auch die Wartungskosten kontinuierlich. Der Trend wird nach Gartner-Einschätzung auf jeden Fall in den kommenden drei Jahren anhalten. Die Preise für Hardwaresupport lassen sich bei den Systemherstellern und Interessengemeinschaften wie dem ITSMF (IT Service Management Forum) erfragen. Zudem gibt es Benchmarking-Spezialisten wie Gartner und Maturity. Nicht minder wichtig erscheint den Beratern die Leistungsbetrachtung. Das verbesserte Management der Ersatzteilbeschaffung und der Support-Mitarbeiter in Kombination mit Automatisierungstechniken hat die Efizienz in diesem Umfeld erheblich verbessert. Das lässt sinkende Preise bei verbesserter Qualität zu. Wichtige Parameter sind Antwort- und Lösungszeit und Rufbereitschaft.

  • Formulieren Sie Ihre Support-Strategie und Ihr Bezugsmodell für Services: Unternehmen mit hohen Investitionen in Systemhardware und Infrastruktur sind oft besonders sensibel gegenüber möglichen Risiken. Sie schließen Support-Verträge ab, die sie nicht ausschöpfen können. Dieses seit Jahren etablierte Verhalten ändert sich offenbar zugunsten einer effizienteren Nutzung, hat zumindest Gartner registriert. Support-Strategien halten Einzug. Eine solche Strategie definiert das Support-Resultat in Bezug auf akzeptable Leistungsparameter und Kosten. Daraus leitet sich das Support-Modell ab. Wie jede andere Strategie sollte einmal jährlich einer kritischen Prüfung unterzogen werden und an der Unternehmens- und allgemeinen IT-Strategie ausgerichtet sein. Unterm Strich hat sich bei vielen Unternehmen bereits der Service verändert. Klassisch ist eine Kombination aus Onsite- und Feld-Mitarbeitern sowie eine Zusammenarbeit mit wenigen Service-Providern. In jüngster Zeit häufen sich Modelle, die interne Experten und verschiedene externe Quellen miteinander mischen und dazu auch verschiedene Preismodelle verknüpfen.

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