Stellenkürzungen sollen helfen

Großes Reinemachen bei den Internet-Dienstleistern

15.12.2000
MÜNCHEN (CW) - Es ist noch gar nicht so lange her, da feierten sich die Internet-Dienstleister als die Überflieger der New Economy. Mittlerweile musste jedoch eine Reihe der Firmen Umsatz- und Gewinnwarnungen aussprechen und herbe Einbrüche ihres Aktienkurses in Kauf nehmen. Um noch glimpflich durch die Krise zu kommen, setzen die Unternehmen nun massenhaft Leute vor die Tür.

Die Serie der Hiobsbotschaften reißt nicht ab. Den Warnungen über enttäuschende Ergebnisse folgt nun eine regelrechte Kündigungswelle unter den Internet-Beratungsfirmen. Den Anfang machte der US-Dienstleister March First, der Mitte Oktober die Kürzung von 1000 Stellen - rund ein Zehntel der Belegschaft - ankündigte. Mit der Maßnahme will die Firma etwa 100 Millionen Dollar im kommenden Geschäftsjahr einsparen. Ähnliche Töne sind nun auch von der Konkurrenz zu vernehmen: Die Web-Agentur IXL Enterprise gab die Entlassung von gut einem Drittel der Mitarbeiter, 850 Leuten, bekannt. Gleichzeitig legte die Company Pläne vor, nach denen mehrere ausländische Niederlassungen geschlossen werden sollten. Jüngsten Meldungen zufolge werden die Deutschland-Filialen mit rund 80 Mitarbeitern voraussichtlich durch den Aufkauf des hiesigen Managements ihre Geschäftstätigkeiten weiterführen.

Einem Viertel, sprich 460, seiner Angestellten wird der Web-Berater Scient den Laufpass geben. Bislang galt die Firma in Branchenkreisen als ernst zu nehmende Konkurrenz für klassische Beratungshäuser à la McKinsey, doch die schwache Nachfrage am Markt für Consulting-Services hinterließ auch hier ihre Spuren. In einer Analystenkonferenz beklagte Scient-Chef Bob Howe, dass die momentanen Preise wirtschaftlich nicht mehr vertretbar seien. Selbst die großen Beratungshäuser ("Big Five") würden ihre Dienste für einen Preis anbieten, der 40 Prozent unter dem von Scient liege. Als Konsequenz daraus habe man beschlossen, zwei der Niederlassungen, in Austin sowie im Silicon Valley, zu schließen.

Auch die Web-Beratungsfirmen Xpedior und Viant haben sich von vielen Mitarbeitern getrennt. Aufgrund sinkender Einnahmen im laufenden Quartal strich Xpedior kurzerhand 270 Jobs und kündigte die Schließung einzelner Büros an. Die in Boston ansässige Viant setzt 125 oder 17 Prozent ihrer Mitarbeiter - darunter 99 Consultants - auf die Straße und gibt die Niederlassung in Dallas auf.

Die Gründe, warum die gesamte Branche der Internet-Dienstleister angeschlagen ist, sind vielfältig. Zum einen ist der Boom der Internet-Startups, die Berater- und Technologieleistungen in Anspruch nahmen, abgeflaut: eine Reihe der Firmen musste schließen oder ist nicht in der Lage, offene Rechnungen zu begleichen. Die Web-Agenturen hingegen hatten sich auf ein stärkeres Wachstum eingestellt und auf Größe gesetzt. Nun leiden sie unter einer fehlenden Auslastung.

Auch die möglichen Aufträge aus der Old Economy hatten die Firmen anscheinend überschätzt. Viele Konzerne sprangen längst nicht so schnell auf den E-Business-Zug, wie erwartet worden war. Zwar vergrößern sich die Projekte bei diesen Kunden, da die mit dem E-Business verbundenen Aufgaben komplexer werden, Stichwort Anbindung an das Backend, doch damit verzögern sich auch die Einnahmen, die erst nach Abschluss der jeweiligen Arbieten fließen. Last, but not least drängen auch traditionelle IT-Dienstleister wie IBM oder EDS sowie etablierte Beratungshäuser verstärkt in den E-Consulting-Markt und machen den Newcomern das Leben schwer.