Großes Potenzial für mobile Datendienste

17.09.2001
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Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Auch wenn WAP (Wireless Application Protocol) bisher ein Flop war: Das Handy wird künftig immer stärker für Datendienste genutzt. Experten gehen davon aus, dass im Jahr 2004 durchschnittlich 65 Prozent der Europäer ein datenfähiges Mobiltelefon oder einen PDA (Personal Digital Assistant) mit Telefonfunktionen besitzen werden.

Abgesehen vom SMS-Versand verwenden die Europäer ihre Handys in erster Linie zum Telefonieren. Zurzeit entfallen auf mobile Datendienste nur sieben Prozent der gesamten Umsätze aus dem Mobilfunkgeschäft. Den Analysten von Gartner zufolge, die auf ihrer zweitägigen Konferenz in Rom Zukunftsperspektiven der Mobilfunknutzung in Europa aufzeigten, sollen im Jahr 2005 aber bereits 35 Prozent der Einnahmen über mobile Internet-Services und Messaging-Dienste erzielt werden. In jedem Endgerät werde dann mindestens eine Option zur Datenanbindung integriert sein.

Während die Umsätze aus dem Voice-Geschäft wegen der weiter sinkenden Telefongebühren stagnieren und ab 2005 sogar zurückgehen sollen, könnten sich mobile Datendienste in den kommenden Jahren zu einem lukrativen Geschäft entwickeln. Auch die Unternehmensberater von Booz, Allen & Hamilton schätzen, dass der Markt in Europa von 323 Millionen Euro im Jahr 2000 auf bis zu 23 Milliarden Euro 2003 wachsen wird.

Vorausgesetzt, die Technik spielt mit. Der erste Standard für Wireless-Datendienste, WAP, stößt bei den Nutzern nicht nur wegen des dürftigen inhaltlichen Angebots, sondern auch wegen der mangelhaften Navigation und langer Aufbauzeiten auf Ablehnung. Einer Umfrage der Meta Group zufolge halten 85 Prozent der WAP-Handy-Besitzer den Zugang zum Internet für zu kompliziert.

Da die derzeitigen Netze noch nicht in der Lage sind, Hochgeschwindigkeitsdaten zu übermitteln, wird jedoch noch einige Zeit ins Land gehen, bis die nachfolgenden Mobilfunkgenerationen GPRS (General Package Radio Service) und UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) die Versprechungen der Anbieter erfüllen. GPRS wird sich nach Einschätzung von Gartner-Analyst Peter Richardson bis 2005 zu einem erfolgreichen Mobilfunkstandard entwickeln. Laut Gregor Harter, Vice President und Partner bei Booz, Allen & Hamilton, setzen auch die Anbieter von Wireless Applications wegen der Unsicherheit bezüglich der neuen technischen Infrastruktur für mobile Datendienste "aus Überlebensaspekten" erst einmal auf GPRS. "UMTS ist derzeit out," so der Consultant.

Mit einer flächendeckenden Verfügbarkeit an GPRS-Endgeräten und zufriedenstellenden Bandbreiten ist jedoch frühestens Mitte nächsten Jahres zu rechnen. Umsätze aus diesem Geschäft sind laut Gartner-Analyst Richardson daher nicht vor 2003 zu erwarten. Erst dann seien die Anbieter technisch in der Lage, mehrere Channels - etwa SMS, WAP oder Internet - gleichzeitig zu bedienen, was als Grundvoraussetzung für den Erfolg mobiler Services gilt. UMTS wird sich nach Einschätzung des Experten dagegen erst ab dem Jahr 2006 zu einem profitablen Markt entwickeln.

Angesichts der hohen Kosten der Infrastruktur für die zweite und vor allem die dritte Mobilfunkgeneration stehen die durch den Erwerb der UMTS-Lizenzen zum Teil hoch verschuldeten Netzbetreiber vor einer ungewissen Zukunft, die laut Gartner von Übernahmen und Fusionen geprägt sein wird. Der enorme Kostendruck werde vor allem die mittleren und kleineren Anbieter zwingen, nicht zum Kerngeschäft gehörende Bereiche abzustoßen, was die Qualität des Serviceangebots gefährde. Gute Chancen, den Überlebenskampf zu überstehen, rechnen die Analysten dagegen Vodafone, der Deutschen Telekom, British Telecom, Telecom Italia, Orange und KPN aus.