NDR-Intendant widerspricht

Große Zeitungsverlage klagen gegen Tagesschau-App

21.06.2011
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Acht Zeitungsverlage haben heute bei der Wettbewerbskammer des Landgerichts Köln eine gemeinsame Klage gegen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und NDR eingereicht.

Sie wehren sich damit einer Mitteilung des Branchenverbands BDZV zufolge gegen die aus ihrer Sicht "textdominante Berichterstattung in der Tagesschau-App ohne jeglichen Sendungsbezug". Hörfunk- und fernsehähnliche Inhalte blieben von der verlegerischen Kritik unberührt. "Die Ministerpräsidenten schauen untätig zu, wie mit Gebührengeldern umfänglich Pressetexte geschrieben und digital verbreitet werden. Es bedarf in Deutschland aber keiner staatsfinanzierten Presse", wird BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff zitiert. Sein Verband unterstützt die Aktion der klagenden Verlage.

Die Kläger stützen sich bei ihrer Wettbewerbsklage auf den Rundfunkstaatsvertrag der Länder. Dieser untersagt "presseähnliche digitale Inhalte der öffentlich-rechtlichen Sender ohne konkreten Bezug zu einer erfolgten Sendung". Die Praxis habe jedoch gezeigt, dass sich die Rundfunkhäuser an diese Vorgaben nicht halten. Die Kontrollgremien der Sender sowie die jeweiligen Aufsichtsbehörden hätten diese Entwicklung gebilligt. Daher sei es aus Sicht der Verlage erforderlich, den Rechtsweg zu beschreiten. Sie geben unter anderem die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Süddeutsche Zeitung", "Die Welt", "Westdeutsche Allgemeine Zeitung", "Kölner Stadt-Anzeiger", "Rheinische Post", "Ruhr Nachrichten" sowie das "Flensburger Tageblatt" heraus.

Der BDZV hat überdies bei der Europäischen Wettbewerbskommission erneut auf den grundsätzlichen Mangel an einer effektiven Kontrolle der Gebührensender - insbesondere beim kürzlich durchgeführten sogenannten Drei-Stufen-Test - hingewiesen und rechnet damit, dass sich die EU-Behörde "mit den Hinweisen vertiefend beschäftigen" wird.

Der NDR-Intendant Lutz Marmor hat die Klage der Zeitungsverlage im Radiosender NDR Info wie folgt kommentiert: "Ich bedaure diesen Schritt der Verleger, denn mit der Tagesschau-App bewegen wir uns in unserer Kernkompetenz der Information. Die Verleger sollten lieber gemeinsam mit uns versuchen, Journalismus und Informationskompetenz im Dienste der Demokratie zu stärken, als gegeneinander zu arbeiten. Der Rechtsweg steht jedem in Deutschland offen. Eine genaue Begründung der Klage kennen wir noch nicht. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir am Ende bei den zu erwartenden Verfahren obsiegen werden." Er habe Verständnis für die Wahrnehmung von Interessen, so Marmor weiter, aber auch NDR und ART hätten die Interessen ihrer Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler zu wahren - 1,7 Millionen Menschen hätten die kostenlose Tagesschau-App bisher heruntergeladen.

Aufgrund des geränderten Rundfunkstaatsvertrags hatten die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Sender ihre Internet-Präsenzen vor zwei Jahren bereits deutlich ausdünnen ("De-Publishing") müssen.