Große Aufgaben der Bundespost beim Bildschirmtext - aber tunlichst nicht zu viele!

08.08.1980

Dieter Wolf*, Ministerialrat am Bundesministerium für Wirtschaft

Große Aufgaben im Bereich der Fortentwicklung und des Ausbaus des Netzes in der Fläche stellen sich der Post, allein wegen des rasanten technischen Fortschritts im Bereich der Kabel (insbesondere wenn man an Glasfaserkabel denkt, deren Kapazität, wenn sie einmal installiert sind, nahezu unbegrenzt sein wird). Auch das Investitionsvolumen in solche neuen Netze ist gewaltig und bewegt sich in zweistelligen Milliardensummen.

Es ist bekannt, daß der Wirtschaftsminister eine Konzentration der Post auf den Bereich des Netzes befürwortet und die Post hier in ihrer Zuständigkeit als Monopolträger unterstützt, sogar gegen einige erhebliche Widerstände. Der Endgerätemarkt, auch dies ist wohlbekannt, sollte allerdings der gewerblichen Wirtschaft vorbehalten bleiben. Dies gilt und des ist in der bisherigen Diskussion wohl noch nicht so richtig deutlich geworden, umgekehrt auch für die neuen Technologien auf der Eingabeseite des Netzes: das heißt also vor allem die Bereiche des neuen Bildschirmtextsystems über den Fernseher.

Bei diesem neuen Telekommunikationsdienst Bildschirmtext ist jetzt ein Stand erreicht, in dem soeben die ersten Feldversuche im Raum Düsseldorf/Neuss und Berlin begonnen haben und es wohl auch Zeit ist, sich bewußt zu machen, daß jetzt Weichen in technischer, benutzungsrechtlicher und vor allem auch wettbewerbspolitischer Sicht für die Zukunft gestellt werden.

Bei der Frage der Ausgestaltung des Bildschirmtextsystems spielt wie in vielen neuen Technologien der Telekommunikation, natürlich die technische Argumentation eine große Rolle. Sie wird auch von der Post - für mein Gefühl manchmal zu sehr - in den Vordergrund gestellt. Ich möchte diesbezüglich ganz grundsätzlich entgegenhalten, daß die Technik tunlichst eine dienende Funktion und keine herrschende haben sollte. Argumente wie: "Dies ist so und nicht anders technisch machbar", haben sich meist in der Vergangenheit oder zumindest im Zeitablauf als falsch erwiesen. Deshalb muß es auch einem Nichttechniker erlaubt sein hinter eine solche Argumentation ein Fragezeichen zu setzen.

Ich messe einer eindeutigen Trennung zwischen Verantwortungsbereichen besonderes Gewicht bei und dies heißt, dem Verantwortungsbereich für das Netz der Deutschen Bundespost und dem der privaten Wirtschaft für die vor dem Netz zu installierenden Geräte und Kapazitäten - hier kann man wohl sagen, daß die Entwicklung der Datentechnik längst in Richtung auf Dezentralisation, Diversifikation und Aufteilung in Bausteine gelaufen ist. Dafür spricht die Anpassung an die Benutzererfordernisse, die von seiten der Hersteller bereits registriert und aufgenommen worden ist, vor allem in Richtung auf ein bedarfsgerechtes Angebot an den Benutzer.

Auch die Vorteile der leichteren Fehleridentifikation und eines geringeren Wartungsaufwandes legen dies nahe. Insgesamt können wir einen deutlichen Trend, verursacht durch Vorgaben des Marktes, zur eindeutigen Festlegung von Schnittstellen registrieren. Im hier fraglichen Bereich heißt des eindeutige Schnittstellen zwischen Vermittlungstechnik einschließlich der dafür erforderlichen Rechnerkapazitäten bei der Post (Rechnerkapazitäten zur Vermeidung von Staus und Wartezeiten, vor allem in der Datenpaketvermittlung) auf der einen und Datenbankkapazität auf der anderen Seite. Man wird der Post zugestehen müssen, daß sie solche Datenbankkapazitäten in geringem Umfang auch zur Verfügung bereithält; speziell für einfache und häufig abzurufende Informationen, ähnlich den schon heute vorhandenen Telefonansagediensten.

Die Post selber verfolgt diese Tendenz zur Festlegung sehr eindeutiger Schnittstellen bei den kommenden integrierten Bürosystemen im Bereich der Telefon-Nebenstellentechnik. Beim Bildschirmtext, bei den Bildschirmtextzentralen, sind solche klaren Schnittstellen zwischen Vermittlung und posteigener Datenspeicherung noch nicht so recht sichtbar. Es ist möglich, daß die Post durch ihre bisherigen Vorgaben bei der Entwicklung dieses Systems den Gesichtspunkt der Schnittstellen etwas zu sehr vernachlässigt hat. In diesem Fall bestünde ein deutlicher Nachholbedarf.

Ich habe schon darauf hingewiesen, daß das Netz für die besprochenen Dienste von der Deutschen Bundespost zur Verfügung gestellt werden sollte, das gilt natürlich auch für die technischen und benutzungsrechtlichen Voraussetzungen, die von der Post zu setzen wären. Nach meiner Vorstellung sollte die Deutsche Bundespost die Bildschirmtextzentralen einschließlich des Netzes zur Verfügung stellen; die Bildschirmtextzentralen sollten aber allenfalls ganz begrenzt den Charakter von Daten- und Informationsbanken haben.

Dieser letztere Bereich sollte den privaten Anbietern vorbehalten bleiben. Sie sollten Informationen und Informationsdatenbanken zur Verfügung stellen, wobei wichtig wäre, daß die Ausgestaltung im Bereich der Hard- und Software weitgehend frei ist. Das wiederum setzt voraus, daß von der Bundespost international anwendbare Schnittstellenbedingungen gesetzt werden, damit eine möglichst breite Palette von solchen Geräten den Zugang zu dem Informationsdienst erlangen kann.

Bei der Frage, ob und inwieweit die Deutsche Bundespost eigene Datenspeicherkapazität bereithält, ist in der Diskussion das Argument vorgebracht worden, vor allem kleine und mittlere Unternehmen seien darauf angewiesen, ein Angebot der Deutschen Bundespost zu haben, weil sie von der Unternehmensgröße und vom Anfall der betrieblichen Information her nicht in der Lage seien, sich eigene Speicher aufzustellen. Dem muß ich entgegenhalten, daß sehr viele solcher kleineren und mittleren Unternehmen sich bereits beute externer Rechner bedienen; Unternehmen des Dienstleistungsbereiches stellen solche Rechnerkapazitäten zur Verfügung. Es ist insofern ein recht fortgeschrittener Dienstleistungsmarkt der Datenverarbeitung gebildet, und ich vermag nicht einzusehen, weshalb diese Dienstleistungsunternehmen, die bisher schon am Markte sind, nicht die Eingabefunktion für kleine Unternehmen, die am Bildschirmtextsystem partizipieren wollen, übernehmen können und sollen.

* Der Gastkommentar entstand aufgrund eines Telefongespräches mit Dieter Wolf und spiegelt seine persönliche Meinung wider.