Großbaustelle Oracle

03.08.2005
Die Integration der Produkte von Peoplesoft und J.D. Edwards wirft viele Fragen auf.
Noch ist bei den Anwendungen nichts entschieden, aber Analysten wie Forrester sehen schon Favoriten (eingerahmt) für die Integration in Fusion.
Noch ist bei den Anwendungen nichts entschieden, aber Analysten wie Forrester sehen schon Favoriten (eingerahmt) für die Integration in Fusion.

Oracle steht vor einer Mammutaufgabe. Nach der Übernahme von Peoplesoft/J.D.Edwards und Retek hat das Unternehmen neben seinem Angebot an Standardsoftware und Infrastrukturtechnik drei weitere Produktlinien mit unterschiedlicher technischer Basis zu betreuen. Während derzeit der Kampf um Kunden mit Konkurrenten wie SAP sowie Lizenz- und Upgrade-Fragen die Diskussion bestimmen, haben intern unter dem Namen "Fusion" die Arbeiten an einer übergreifenden Produktplattform begonnen, die diese Angebote vereinen soll.

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*78770: Produktstrategie,

*78427: Lizenzpolitik,

*78345: Geschäftsentwicklung und Pläne.

Konkurrenz für Netweaver

Ziel ist es, bis 2008 eine Java-basierende Infrastruktur aufzubauen, die vergleichbar der Strategie der "Netweaver"-Produkte von SAP oder dem "Project Green" von Microsoft die Anwendungs-, Daten- und Prozessverwaltung für die auf ihr basierenden Anwendungen und Services übernimmt.

Zugleich setzt der Hersteller auf Kontinuität und präsentierte kürzlich eine Roadmap, die neben Updates für alle Produktlinien auch deren Zertifizierung für die Fusion-Middleware vorsieht. Oracle-Boss Lawrence Ellison stellte den Support für die eigenen und die Peoplesoft-Anwendungen bis 2013 sowie Produkt-Updates für dieses und nächstes Jahr in Aussicht. Angesichts der unterschiedlichen funktionalen Stärken und Überschneidungen der Produkte erwarten Analysten von Forrester Research aber, dass Oracle für Fusion auswählen muss (siehe Grafik "Stärken und Schwächen"). Auch gilt die bisherige Java-Architektur von Oracle als die bessere Wahl, da Peoplesoft einen Best-of-Breed-Ansatz verfolgt hatte. Andererseits scheint Oracle für Fusion die Benutzerführung und GUIs der Peoplesoft-Produkte oder die industriespezifischen Prozesse von J.D.Edwards zu bevorzugen. Gerade die geringe Vertikalisierung war bisher ein Schwachpunkt der Oracle-Anwendungen gewesen.

Erste Einblicke in Fusion

Obwohl noch Details zur Fusion-Middleware fehlen, lässt sich sagen, was derzeit nicht dazugehört: die Datenbank, die Software für die Verwaltung von Grids "Oracle Enterprise Manager", alle Business-Anwendungen sowie produktspezifische Techniken wie "Peopletools" und für "Enterprise One". Die Retek-Produkte bilden einen eigenen Unternehmensbereich. Laut Oracles Senior Vice President John Wookey ist zudem entschieden, dass nicht nur der eigene Java-Applikations-Server unterstützt wird und alle Oracle-Anwendungen künftig auf Java basieren. Für die traditionelle Entwicklungsumgebung "Oracle Forms" ist in Fusion kein Platz vorgesehen, und die vor der Übernahme angebahnte Middleware-Zusammenarbeit zwischen Peoplesoft (Peopletools X) und IBM (Websphere) ist beendet. Bei den Datenbanken steht eine Entscheidung hingegen noch aus.

Laut Wookey ist der Weg zu Fusion eine Evolution bisheriger Technik und das Ziel eine Service-orientierte Architektur (SOA). Derzeit gehe es vor allem darum, bisherige Tools für ein Prozess-Management von Oracle und "Peoplesoft 9" weiterzuentwickeln. Ziel sei eine Lösung, mit der sich Anwendungen (Services) flexibler einbinden und die Abläufe zwischen ihnen per Business Process Execution Language (BPEL) definieren lassen. Ebenso investiert Oracle nach eigenen Angaben in Funktionen für das Monitoring von Softwarediensten sowie vor allem Business Intelligence. So soll noch im Sommer eine neue Version des Analyseservers "Oracle Olap" (Olap = Online Analytical Processing) auf den Markt kommen, die insbesondere eine bessere Verwaltung verteilter Server-Instanzen verspricht. Zudem sind neue Benutzeroberflächen für die Berichtswerkzeuge angekündigt. Ein komplett XML-basierendes Publishing von Berichten für Drucker, Fax und Web ist seit kurzem mit Hilfe der Software "XML Publisher" möglich.

Konfiguration bleibt Thema

Mehr Features für die automatisierte Konfiguration und ein standardisiertes Deployment von Anwendungen sind ebenfalls zu erwarten - ein Thema, das zuletzt auch bei Peoplesoft im Mittelpunkt der Produktentwicklung stand. Einen Vorgeschmack auf Fusion sollen die Anwendungspakete "Oracle E-Business Suite 12", "Enterprise 9" und "Enterprise One 8.12" geben. Die erste echte Fusion-Anwendung könnte laut Forrester Research in zwei Jahren "Fusion Financials" sein. (as)