Problem 2000/Schon im Jahr 1990 mit den Arbeiten begonnen

Grossanwender Datev hat fuer Jahrtausendwechsel vorgesorgt

26.01.1996

Die Datev hat die Grundlage fuer die notwendigen Umstellungen bereits seit langem geschaffen. Fuer die riesigen Datenbestaende im Rechenzentrum gibt es verschiedene Ordnungskriterien, die sich durch die ganze Genossenschaft und die Kanzleien der 35000 angeschlossenen Mitglieder ziehen. Beispiele fuer bei der Datev genutzte Ordnungsbegriffe sind neben der Jahreszahl die Beraternummer, Mandantennummer und ein Verarbeitungskriterium zur Steuerung der Zahl der taeglichen Verarbeitungsablaeufe im Rechenzentrum, zum Beispiel im Bereich der Lohn- und Gehaltsabrechnung.

Als 1990 absehbar war, dass innerhalb der naechsten drei Jahre Kapazitaetsprobleme in diesen Bereichen auftreten wuerden, hat die Datev eines der groessten Projekte in ihrer beinahe 30jaehrigen Geschichte, die Ordnungsbegriffserweiterung (OBE), gestartet. Die Vorgabe war, eine langfristige Loesung zu erarbeiten und dabei auch den bevorstehenden Jahrtausendwechsel einzubeziehen.

Das Gesamtprojekt bestand aus vier Komponenten, die im gesamten Unternehmen sowie bei allen Datev-Produkten zu aendern waren. So wurde die Beraternummer von fuenf auf sieben Stellen erweitert, die Mandantennummer von drei auf fuenf, das Verarbeitungskennzeichen von zwei auf drei und die Jahresangabe von zwei auf vier Stellen verlaengert.

Ein fuenfkoepfiges Projektteam koordinierte von 1991 bis 1993 die im ganzen Unternehmen umzusetzenden Massnahmen. Die Umstellung wurde in mehrere Einzelprojekte zerlegt. Um den Ueberblick zu behalten, setzte man eine eigene Projektdatenbank ein. In ihr waren nicht nur Aktivitaetenlisten und Termine genau festgehalten, sondern auch die Teilprojekte mit ihren Verknuepfungen und Abhaengigkeiten untereinander.

Ein OBE-Projekthandbuch lieferte als einheitliches Nachschlagewerk wichtige Informationen fuer die Entwickler. Die Datenbank war Grundlage fuer monatliche Projekt-Reports, die in aufbereiteter Form an die Geschaeftsleitung gingen.

Die Umstellung fand in zwei Phasen statt. Der erste Abschnitt begann mit der Umstellung aller generellen Schnittstellen und Programme auf die neuen Ordnungsbegriffe.

Dazu waren in mehr als 250 Teilprojekten fast die gesamte Produktpalette der Datev, alle Datenbestaende und viele organisatorische Ablaeufe zu analysieren und an die neuen Ordnungsbegriffe anzupassen.

In Phase zwei wurden die neuen Ordnungsbegriffe in den bestehenden Ablauf integriert. Dabei musste sichergestellt sein, dass sich neue und alte Begriffe nebeneinander verarbeiten liessen. Durch den Umfang des Projektes war naemlich keine Stichtagsumstellung moeglich. Daher liessen sich auch nach der softwaretechnischen Umstellung, die bereits Ende 1991 abgeschlossen war, weiterhin die althergebrachten kurzen Ordnungsbegriffe verarbeiten.

Bis zum Herbst 1992 prueften beinahe 100 Testteams die Umstellung. Sie konnten nachweisen, dass das Zusammenwirken aller Programme und Verarbeitungsablaeufe auch mit den erweiterten Ordnungsbegriffen einwandfrei funktioniert. Alle Anwender erhielten im ersten Quartal 1993 eine Programmdiskette, mit der sie ihre Datev- Software an die neuen Ordnungsbegriffe anpassen konnten. Damit waren zukuenftige Restriktionen bei der Nutzung der Programme bis weit ueber den Jahrtausendwechsel ausgeraeumt.

Die notwendigen Modifikationen in den Verbundprogrammen und den reinen PC-Anwendungen sind noch nicht abgeschlossen. Sie verlangen zwar keinen grossen Denk- und Pruefaufwand, erforderlich sind aber gewisse Programmierarbeiten. Deren Ausmass ist fuer die einzelnen Produkte sehr unterschiedlich und haengt von mannigfachen Rahmenbedingungen ab. In den regelmaessigen Entwicklungsschritten zur Implementation neuer Gesetzesgrundlagen in die Programme, insbesondere im Bereich Steuern und Lohn, sind ohnehin sukzessive Anpassungen noetig.

Die positiven Erfahrungen aus dem Projekt OBE fanden uebrigens auch bei der 1993 durchgefuehrten Postleitzahlen-Umstellung Beruecksichtigung. Auch hier gab es von Anfang an eine straffe Projektfuehrung. Durch eine parallele Datenhaltung der alten und neuen Postleitzahlen liess sich das Risiko einer Stichtagsumstellung ausschliessen. Einen Monat vor der Einfuehrung der neuen Postleitzahlen waren die Tests fuer die ordnungsgemaesse Umstellung erfolgreich abgeschlossen.

Kurz & buendig

Im Rahmen eines groesseren Projekts stellt die Datev die Jahresformate in ihren Programmen von zwei- auf vierstellig um. Die Ueberarbeitung alter Datenbestaende mit zweistelligen Jahreszahlen, auf die weiterhin Zugriffe erfolgen, ist zwar technisch nicht sehr anspruchsvoll, aber allein aufgrund der Datenmenge recht zeitraubend. Die Datev ist nicht nur Programm- und Dienstleistungsanbieter, sondern auch einer der deutschen Anwender mit den groessten Datenbestaenden. Obwohl das Unternehmen schon vor drei Jahren mit der Umstellung begonnen hat, ist das Projekt noch nicht abgeschlossen. Aber es duerfte nach dem jetzigen Stand der Arbeiten gelingen.

*Thomas Milatz ist Mitarbeiter in der Abteilung Oeffentlichkeitsarbeit der Datev in Nuernberg.

Der PC als Zeitmaschine

Das Hardware-implementierte BIOS fast aller PCs kennt nur zweistellige Jahreszahlen - auch wenn es eine vierstellige Jahreszahl anzeigt. Stellen Sie doch einmal an Ihrem PC per DATE das Datum auf 31.12.99 und die Uhrzeit auf 23:58. Schalten Sie den PC aus, warten Sie einige Minuten, und schalten Sie ihn wieder an. Fragen Sie jetzt DATE ab. Ihr PC duerfte einen x-beliebigen Tag im Januar eines x-beliebigen Jahres melden, vierstellig und immer mit 19 beginnend. Ausserdem meldet er den zum Datum gehoerenden Wochentag. Zum erscheinenden Datum gab es Ihren PC mit Sicherheit noch nicht einmal auf dem Reissbrett.

Im vorliegenden Fall folgte auf Freitag, den 31.12.1999, ein Freitag, der 04.01.1980! Jede Software, die auf den PC-Timer zurueckgreift, wird in der Folge absurde Ergebnisse liefern. Dies ist der Grund, warum zum Beispiel IBM hervorhebt, ab 1996 kaemen ausschliesslich PCs mit einwandfreiem achtstelligem Datum (ddmmyyyy) im BIOS in den Handel.

Ein Test auf einem "Silvester-99-PC" mit Echtzeit-Simulationen ergab, dass diese anscheinend eigene Software-Timer besitzen. So war es problemlos moeglich, mit einem Flugsimulator am 31.12.1999 loszufliegen und fast zehn Jahre frueher zu landen. Aufgrund des enormen Jet-lags kommt der Testredakteur seither allmorgendlich zu spaet zur Arbeit.