E-Government in Deutschland

"GovApps" - Aufbruch in die mobile Verwaltung

08.11.2012
Von 
Christoph Witte arbeitet als Publizist, Sprecher und Berater. 2009 gründete er mit Wittcomm eine Agentur für IT /Publishing/Kommunikation. Dort bündelt er seine Aktivitäten als Autor, Blogger, Sprecher, PR- und Kommunikationsberater. Witte hat zwei Bücher zu strategischen IT-Themen veröffentlicht und schreibt regelmäßig Beiträge für die IT- und Wirtschaftspresse. Davor arbeitete er als Chefredakteur und Herausgeber für die Computerwoche. Außerdem ist Witte Mitbegründer des CIO Magazins, als dessen Herausgeber er bis 2006 ebenfalls fungierte.
Unmittelbar vor dem Nationalen IT-Gipfel haben wir die Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik, Cornelia Rogall-Grothe, und den Vorstandsvorsitzenden der Software AG, Karl-Heinz Streibich, um Antworten gebeten.

CW: Warum liegt Deutschland beim E-Government nur im Mittelfeld?

Karl-Heinz Streibich, Vorstandsvorsitzenden der Software AG.
Karl-Heinz Streibich, Vorstandsvorsitzenden der Software AG.
Foto: Software AG

Streibich: Wir sind besser als unser Ruf. Es gibt auf den verschiedenen Verwaltungsebenen viele gelungene Ansätze. Was uns noch fehlt, ist die Koppelung und Vernetzung dieser Services. Auch um das voranzutreiben, eignet sich der IT-Gipfelprozess hervorragend. Aber aufgrund unserer föderalen Struktur und der Einwohnerzahl ist E-Government bei uns etwas komplexer. 80 Millionen Bürger einzubinden ist einfach schwieriger und aufwändiger als zum Beispiel acht Millionen. Dafür haben wir dann auch den höheren Effizienzgewinn. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir diesen Tanker in Schwung bekommen. Das dauert zwar etwas länger, aber dafür haben wir viel mehr Transportkapazität als ein kleines Land.

Rogall-Grothe: Möglicherweise werden unsere Strukturen etwas komplexer gelebt als in einigen anderen Ländern. Aber das Thema mobile Verwaltung wird uns im E-Government-Bereich einen wichtigen neuen Schub verleihen. Die Bürger haben sich daran gewöhnt, mithilfe ihrer Smartphones und Apps viele Dienstleistungen und Services in Anspruch zu nehmen. Dieser Erwartung sehen sich nun auch die Verwaltungen gegenüber. Viele Behörden bieten öffentliche Apps bereits an.

CW: Das funktioniert derzeit aber eher auf kommunaler Ebene und läuft nicht koordiniert.

Cornelia Rogall-Grothe, Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik.
Cornelia Rogall-Grothe, Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik.
Foto: BMI/Hans-Joachim M. Rickel

Rogall-Grothe: Und genau das möchten wir ändern. Wir werden auf dem diesjährigen IT-Gipfel mit GovApps eine Informationsplattform als Public Beta starten. Darauf werden Apps, die von öffentlichen Anbietern unterschiedlicher Verwaltungsebenen stammen oder einen besonderen Mehrwert für die Öffentlichkeit haben, vorgestellt und erklärt. Anders als in einem kommerziellen Appstore können Sie die Apps von GovApps nicht direkt herunterladen - hierfür wird auf die jeweiligen Appstores oder Anbieter verlinkt. Mit der Plattform wollen wir die wertvolle Arbeit der verschiedenen Verwaltungsebenen im E-Government-Bereich zentral sichtbar machen. Bund, Länder und Kommunen erhalten so etwas wie eine gemeinsame E-Government-Visitenkarte. Zum anderen informieren wir über Fragen des Datenschutzes und der Sicherheit.

In einer weiteren Ausbaustufe wollen wir den Behörden, die Apps entwickeln, ein Toolset zur Verfügung stellen, damit sie nicht jede einzelne Funktion jedes Mal neu entwickeln und auch finanzieren müssen. Natürlich sollen langfristig auch die eID-Funktion des Personalausweises und De-Mail in diesen Apps eine Rolle spielen. Zwei Beispiele: Wenn die Apps Identifizierungsmodule beinhalten, sollen diese möglichst einheitlich über die eID-Funktion des Personalausweises bereitgestellt werden. Wenn sichere Kommunikation gefragt ist, sollte das über De-Mail erledigt werden. Mit der Zeit werden sicher noch weitere Module dazu kommen, die von den Verwaltungs-Apps genutzt werden können. Auf diese Weise gleichen sie sich auch in ihrer Funktionalität an, so dass die Nutzung für die Bürgerinnen und Bürger mit der Zeit immer einfacher wird.

CW: Werden die Apps zertifiziert?

Rogall-Grothe: Wir wollen, jedenfalls im ersten Schritt, ohne Zertifizierung auskommen. Bevor Anbieter Apps in die Plattform stellen können, müssen sie aber eine Selbstverpflichtung abgeben und erklären, dass sie sich an die von uns aufgestellten Kriterien halten. Wir wollen so von Anfang an größtmögliche Transparenz für den Bürger schaffen.

CW: Befürchten Sie nicht, dass sich beispielsweise der Chaos Computer Club darauf stürzen und sich über eventuelle Sicherheitslücken aufregen könnte?

Rogall-Grothe: Nein. Wir machen existierende Angebote und ihre Datenschutz- und Sicherheitseigenschaften sichtbar. Mit dem netten Nebeneffekt übrigens, dass die Kommunen und manchmal auch wir erst im Zuge dieses App-Portals von einigen Services erfahren haben. Wenn sich herausstellt, dass die Apps den von uns festgelegten Bedingungen nicht entsprechen, nehmen wir sie wieder herunter. Deswegen ist dieses Risiko begrenzbar. Wir beschreiten hier einen neuen Weg, den wir für vielversprechend halten. Wenn uns der Chaos Computer Club und andere wichtige Hinweise geben können, damit das Ganze noch sicherer und besser funktioniert, freuen wir uns.

Streibich: In Deutschland sind schon viele sehr erfolgreiche Sicherheitsprodukte entwickelt worden. Deshalb mache ich mir keine Sorgen, dass wir diesen AppStore nicht auch als eine sichere Anwendungsplattform realisieren können. Das schafft das Vertrauen der Anwender, das wir gerade in diesem Fall für eine möglichst schnelle und breite Akzeptanz besonders benötigen.

CW: Einmal abgesehen von diesem App-Portal, wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit zwischen der IT-Industrie und den IT-Verantwortlichen der öffentlichen Hand?

Streibich: Sehr gut! Wir definieren gemeinsam Leuchtturmprojekte, setzen sie gemeinsam um und kontrollieren die erzielten Ergebnisse. Deshalb beurteilen wir die Zusammenarbeit insgesamt sehr positiv.

Auf der Website des Nationalen IT-Gipfels können Bürger Fragen loswerden – hier zum Beispiel zum Thema IP V6.
Auf der Website des Nationalen IT-Gipfels können Bürger Fragen loswerden – hier zum Beispiel zum Thema IP V6.
Foto: BMI

Rogall-Grothe: Das kann ich nur bestätigen. Die sehr gute Zusammenarbeit findet schwerpunktmäßig im IT-Gipfel-Prozess statt. Ich sage ganz bewusst Prozess, weil wir unterjährig miteinander arbeiten und auf den Gipfeln nur die Ergebnisse präsentieren. Dieser Gipfelprozess wird flankiert durch weitere Gesprächskreise und gemeinsame Veranstaltungen mit anderen Institutionen in Wirtschaft und Politik, zum Beispiel mit dem Industrie- und Handelstag, mit dem wir gemeinsame Veranstaltungen gestalten. Schon aufgrund der immer höheren Abhängigkeit aller Verwaltungsvorgänge von der Informations- und Kommunikationstechnik ist dieser Austausch enorm wichtig. Zieht man außerdem noch die schnellen Produktzyklen in Betracht, gewinnt der Dialog zwischen Wirtschaft und Verwaltung zusätzlich an Bedeutung.

CW: Was lässt sich an der Zusammenarbeit verbessern?

Rogall-Grothe: Vielleicht ist Vieles ein Ressourcenproblem. Mit mehr Mitteln könnte man Vieles intensivieren, konkretisieren und manche Dinge auch schneller vorantreiben. Aber die Knappheit der Mittel verhindert das. Außerdem arbeitet die Verwaltung in komplexen Strukturen, deshalb schreitet Manches nicht so schnell voran, wie wir uns das manchmal wünschen. Wie jeder weiß, sind wir ein föderaler Staat und müssen uns regelmäßig abstimmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Das ist mitunter nicht einfach. Aber wenn wir einen Konsens erreicht haben, arbeiten wir auf einer besonders soliden Basis.

CW: Außerhalb der IT-Gipfel hört die Öffentlichkeit nur wenig von gemeinsamen Vorhaben. Können Sie uns Beispiele nennen für gemeinsame Projekte, die auf dem IT-Gipfel angestoßen wurden und bereits realisiert sind oder sich ihrer Realisierung nähern?

Streibich: Wir haben viel getan in Richtung Bürokratieabbau und Zusammenarbeit zwischen Bürgern beziehungsweise Unternehmen und Verwaltungen. Ich möchte das Konzept des Prozessdatenbeschleunigers P23R herausheben. Er sorgt beispielsweise dafür, dass Unternehmen, die in verschiedenen Bundesländern Genehmigungsanträge für Schwertransporte stellen müssen - diese Anträge nur noch einmal stellen und nicht mehr wie bisher für jedes Bundesland einzeln. Das Prinzip des Prozessdatenbeschleunigers kann für viele weitere Bürger- und Unternehmensdienste eingesetzt werden. Ein wichtiges Projekt ist auch der für 2013 geplante Prototyp eines Ebenen-übergreifenden Open-Government-Portals.

Der Prototyp, der zunächst die offenen Datensätze der Kommunen, Länder und des Bundes erschließt, soll Anfang des kommenden Jahres starten und zur CeBIT einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die Bereitstellung frei zugänglicher Verwaltungsdaten in einem für jedermann zugänglichen Portal ist ebenfalls auf eine Anregung des IT-Gipfels zurückzuführen. Auf Basis solcher Datensätze lassen sich zum Beispiel von Unternehmen Apps entwickeln, die dann wiederum Bürgern zur Verfügung gestellt werden können.

CW: Deutschland ist beileibe nicht das erste europäische Land mit einem solchen Portal. England, Spanien und Frankreich haben so etwas schon in Betrieb. Bei uns scheint das immer etwas länger zu dauern.

Rogall-Grothe: Auch wir betreiben ja schon verschiedene Portale. Denken Sie etwa an das Geodatenportal. Aber bei dem geplanten deutschlandweiten Open-Data-Portal müssen sehr viele technische und rechtliche Fragen geklärt werden, bevor wir es realisieren können. Ich glaube nicht, dass wir länger brauchen als andere Länder. Angesichts der Größe des Landes und seiner föderalen Struktur müssen wir aber vielleicht etwas mehr Komplexität bewältigen und deshalb sehr solide arbeiten.

CW: Herr Streibich - welches Motiv treibt die Industrie bei der intensiven Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand? Ein direktes Geschäft ist das ja noch nicht.

Streibich: Wenn wir als Software AG nur die Dinge verfolgen würden, die konkrete Geschäfte bringen, dann würden wir natürlich manches nicht tun. Wir als IT-Industrie profitieren davon, wenn wir gemeinsam mit der öffentlichen Hand einen guten Nährboden für das Engineering-Land Deutschland schaffen. Wir brauchen zum Beispiel ständig junge Talente, die sich für Hightech begeistern. Die bekommen wir aber nur, wenn wir für spannende Projekte und Zielesorgen. Wir betrachten das auch als einen Beitrag zur Entwicklung des Standorts Deutschland, und das wiederum hilft uns mittel- und langfristig bei unseren Geschäften.

Rogall-Grothe: Wir haben in den letzten Jahren gemeinsam mit der Industrie in Infrastrukturen investiert. Allein mit dem IT-Investitionsprogramm haben wir in den letzten drei Jahren über 370 IKT-Projekte mit einem Investitionsvolumen von rund 477 Millionen Euro realisiert. Das hat uns weit nach vorne gebracht und die IKT-Wirtschaft bei der Bewältigung ihrer Krise unterstützt. Wir haben De-Mail geschaffen beziehungsweise weiterentwickelt und den neuen Personalausweis mit der eID-Funktion eingeführt.

CW: Warum wird beides bisher so wenig genutzt?

Die Arbeitsgruppe 3 widmet sich den „innovativen IT-Angeboten des Staates“ und wird von unseren Gesprächspartnern Cornelia Rogall-Grothe und Karl-Heinz Streibich geleitet.
Die Arbeitsgruppe 3 widmet sich den „innovativen IT-Angeboten des Staates“ und wird von unseren Gesprächspartnern Cornelia Rogall-Grothe und Karl-Heinz Streibich geleitet.
Foto: BMI/Rickel

Rogall-Grothe: Gerade die eID-Funktion wird in Fachkreisen überall gelobt, aber wir Deutschen sind offensichtlich nicht so gut im Vermarkten. Da können wir von anderen Ländern, aber auch von der Industrie noch etwas lernen. Wenn Unternehmen ein neues Produkt auf den Markt bringen, nehmen sie richtig Geld in die Hand, um die Menschen darauf aufmerksam zu machen. Wenn die Verwaltung etwas realisiert, geht es in der Regel um den Vollzug von Gesetzen und Vorschriften. Da müssen wir noch stärker in Projekten denken, zu denen schließlich auch die Implementierung gehört.

Unabhängig davon stellen wir inzwischen ein wachsendes Interesse an De-Mail und der eID-Funktion fest. Die ersten Unternehmen und Behörden haben ihren Zugang für De-Mail bereits wenige Monate nach der Akkreditierung der ersten Anbieter eröffnet. Bei der eID-Funktion, für die es 129 Anwendungsmöglichkeiten gibt, wissen wir, dass die Einschaltquote insbesondere dort über dem Durchschnitt liegt, wo attraktive Bürger-Dienste angeboten werden. Die Potenziale von De-Mail und eID-Funktion werden in Zukunft immer mehr Unternehmen für sich erschließen.

CW: Welche weiteren Projekte planen Sie nun?

Rogall-Grothe: Wir brauchen erst Mal eine gewisse Konsolidierung - nicht mehr unbedingt neue Projekte. Wir müssen die Infrastruktur, die wir in den letzten Jahren aufgebaut haben, jetzt zu einer echten föderalen Infrastruktur verknüpfen, die Kommunen, Länder und den Bund einbezieht.

CW: Wenn man genau hinschaut, existieren auf allen Verwaltungsebenen spannende Ansätze und Projekte, die die Zusammenarbeit von Behörden, Unternehmen und Bürgern verbessern. Aber sie blühen eher im Verborgenen. Woran liegt das?

Rogall-Grothe: In der Fachöffentlichkeit wird das eigentlich sehr gut wahrgenommen. Aber wir machen auch Einiges, um die Öffentlichkeit zu informieren. Nehmen Sie zum Beispiel die Behördennummer 115 - übrigens auch ein Ergebnis des Gipfelprozesses. Unter dieser Nummer können Bürger in den Kommunen, die sich der Initiative angeschlossen haben, Fragen an ihre Verwaltung stellen, unabhängig von deren Zuständigkeit. Dazu zählen zum Beispiel Fragen zum Personalausweis, zum KFZ-Wesen, aber auch zum Elterngeld oder zum Bafög. In über 80 Prozent können die Mitarbeiter im Servicecenter die Fragen abschließend beantworten.

Sollte das einmal nicht sofort möglich sein, wird innerhalb von 24 Stunden zurückgerufen. Dabei findet eine wirklich Ebenen-übergreifende Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen statt, die auch zu einer höheren Prozesseffizienz bei den Behörden selbst führt. Dazu betreiben wir intensiv Öffentlichkeitsarbeit bei Bürgern und Behörden. Eine Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie Ende 2010 hat ergeben, dass in den beteiligten Regionen bereits 60 Prozent der Bevölkerung die 115 kennen, diese Zahl liegt aktuell sicher schon viel höher.

CW: Was haben die fast sieben Jahre Gipfelarbeit unterm Strich gebracht?

Rogall-Grothe: Wir haben Arbeitsstrukturen geschaffen, die uns eine konstruktive unterjährige Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Verwaltung und IT-Industrie erlauben. Das ist ziemlich einmalig und führt zu einem deutlich besseren Verständnis zwischen beiden Bereichen. Wir kommen langsam, aber sicher zu einer Ebenen-übergreifenden Zusammenarbeit und gehen die Dinge inzwischen anders an. Wir beginnen mit einem Piloten und klären erst während der Arbeit daran auftretende Fragen. Früher haben wir alles Grundsätzliche mit großer Liebe zum Detail vorab geklärt. Piloten sind aber oft viel effektiver. Und auch meine Funktion als CIO des Bundes geht auf einen Anstoß während des IT-Gipfels zurück.

CW: Gerade weil die Bundesrepublik föderal strukturiert ist, wäre die Öffentliche Hand für mehr Cloud-Computing-Projekte prädestiniert. Gibt es schon konkrete Pläne in diese Richtung?

Rogall-Grothe: Wir setzen zurzeit eher den Schwerpunkt auf Konzentration, Harmonisierung und Konsolidierung, die ja bekanntlich wichtige Voraussetzungen für Cloud Computing sind. Aber es gibt aktuell keine konkreten Cloud-Projekte. Wann wir als Bundesverwaltung erste Cloud-Infrastrukturen betreiben werden, weiß ich nicht. Es fehlen uns derzeit noch einige Voraussetzungen. Aber wir beschäftigen uns damit - vor allem die Aspekte Sicherheit und Datenschutz sind für uns in diesem Zusammenhang enorm wichtig.

CW: 19 Milliarden Euro geben die Verwaltungen pro Jahr für IKT aus. Wie viel davon geht in den Betrieb der Infrastrukturen und wie viel geht in Projekte?

Rogall-Grothe: Das sind die Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden. Deshalb kann ich Ihnen nicht sagen, wie viel davon für Innovationen ausgegeben wird. Ich kann nur sagen, dass bei dem erwähnten IT-Investitionsprogramm rund ein Viertel für besonders innovative Projekte ausgegeben wurde. Das ist nicht direkt verbunden mit den 19 Milliarden, gibt aber vielleicht eine Idee davon, wie wir die Mittel einsetzen.

CW: Das Kabinett hat kürzlich das neue E-Government-Gesetz beschlossen. Handelt es sich dabei um eine Zäsur oder schreibt es nur die Dinge fort, die wir bereits kennen?

Rogall-Grothe: Es handelt sich durchaus um eine Zäsur. Bisher können wir Verwaltungsprozesse nicht ohne Medienbrüche abwickeln, weil wir sehr häufig eine Schriftform-Erfordernis haben. Das heißt, es bedarf einer eigenhändigen Unterschrift. Diese Hürde beseitigt das neue E-Government-Gesetz, das die elektronische Unterschrift erlaubt zum Beispiel mit der eID-Funktion oder mit De-Mail. Damit können wir durchgängige elektronische Verwaltungsvorgänge gestalten. Davon verspreche ich mir nachhaltige Wirkungen.

CW: Herr Streibich, was erwarten Sie vom neuen E-Government-Gesetz?

Streibich: Es definiert und regelt die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vor dem Hintergrund der heutigen Möglichkeiten. Das erlaubt eine ganze Menge mehr als bisher. Das Beispiel Dataport, ein IT-Dienstleister der öffentlichen Hand über den fünf norddeutsche Bundesländer ihre IT-Anforderungen decken, zeigt andeutungsweise, was heute an Effizienz in der öffentlichen IT möglich ist. Diese Möglichkeiten werden durch das neue E-Government-Gesetz noch erheblich verbessert.

CW: Wenn die öffentliche Hand durch Bedarfskonzentrationen wie bei Dataport bessere Einkaufsmöglichkeiten erreicht, bedeutet das im Umkehrschluss nicht weniger Einnahmen für die IT-Industrie?

Streibich: Zufriedene Kunden sind die besten Voraussetzungen für gute Geschäfte. Und ich gehe davon aus, dass E-Government-Gesetz und die steigenden Erwartungen von Bürgern und Unternehmen den Bedarf der öffentlichen Hand an zukunftsweisenden IT-Lösungen weiter steigen lassen. Deshalb mache ich mir gar keine Sorgen, was die Geschäfte betrifft. (hv)

Teaserbild: BMWI