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Google vs. US-Justiz - Streit um Porno-Bekämpfung eskaliert

20.01.2006
Seit Monaten fordern US-Behörden in ihrem Kampf gegen Porno-Sites Informationen über das Such- und Surf-Verhalten von Google-Nutzern. Der Suchmaschinenbetreiber weigert sich im Gegensatz zu Wettbewerbern jedoch standhaft, Informationen preiszugeben.

Die US-amerikanische Regierung unter George W. Bush setzt ihren Kreuzzug gegen pornographische Inhalte im Internet weiter fort. Allem Anschein nach will man die Diskussion um Zugangsregeln und Schutzmechanismen neu anfachen, um einen Anlass zu finden, die gesetzlichen Vorgaben zu verschärfen. Dazu ziehen die politisch Verantwortlichen scheinbar alle Register (siehe auch: US-Porno-Webmaster protestieren gegen neue Richtlinien).

Das US-Justizministerium will über ein kalifornisches Bezirksgericht in San Jose den Suchmaschinenanbieter Google dazu zwingen, Daten über die Nutzung einschlägiger Porno-Seiten im World Wide Web herauszurücken. Nachdem die Behörden im August vergangenen Jahres mit der Forderung nicht durchkamen, der Suchmaschinenprimus solle alle Informationen über von Google aus auffindbare Websites sowie über sämtliche Suchanfragen zwischen dem 1. Juni und 31. Juli 2005 abliefern, ruderten sie ein Stück zurück. In einem zweiten Anlauf verlangte die US-Justiz Daten über rund eine Million Sites und die entsprechenden Suchzugriffe innerhalb einer beliebigen Woche. Eine Identifikation von Surfern verlangten die Behörden nicht.

Beide Ansinnen wiesen die Google-Verantwortlichen kategorisch zurück. Es würde einen unverhältnismäßig hohen technischen und personellen Aufwand bedeuten, die geforderten Informationen bereitzustellen, ließ das Management im vergangenen Jahr verlauten. Zudem würde die Herausgabe der Daten Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens bedrohen. Es sei nicht akzeptabel, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entstünde, dass Google Informationen über die Nutzungsweise seiner Services durch die Kunden preisgebe.

Mittlerweile verschärft sich der Ton. Google sei nicht Teil eines Gerichtsverfahrens, verteidigte sich Googles Rechtsanwältin Nicole Wong gegen den erneuten Vorstoß der US-Justiz. Deren Forderungen nach Informationen seien übertrieben. Google sei nicht dazu bereit, dem zu entsprechen. "Wir beabsichtigen, uns den Forderungen weiterhin zu widersetzen", gab sie sich kämpferisch.

Mit seiner Weigerung hofft der Suchmaschienenanbieter offenbar sein Image bei Datenschützern und Bürgerrechtlern aufzupolieren. Diese werfen Google schon seit langem einen zu laxen Datenschutz vor. Obwohl das Unternehmen weit reichenden Zugang zu persönlichen Informationen wie beispielsweise E-Mails und Bilddateien habe, gebe es keine öffentlich publizierte Datenschutzrichtlinie. Dort müsste beispielsweise genau festgelegt sein, wo und wie lange Kundendaten gespeichert würden. Google hatte die wiederholten Vorwürfe immer mit den gleichen Aussagen gekontert: Man schütze die privaten Informationen der Kunden. Außerdem entspräche die Privacy Policy des Unternehmens den gesetzlichen Vorgaben der jeweiligen Staaten.

Während sich Google standhaft weigert, Daten herauszugeben, haben sich Firmen wie Yahoo, Microsoft und Time Warner (AOL) dem Druck der US-Behörden gebeugt. Laut Aussagen eines Sprechers des US-Justizministeriums hätten sich die ebenfalls schon 2005 kontaktierten Konzerne dazu bereit erklärt, zu kooperieren und Informationen über das Suchverhalten ihrer Kunden herauszugeben.

"Wir verteidigen die Privatsphäre unserer Kunden", weisen die Yahoo-Verantwortlichen in einem offiziellen Statement den Verdacht zurück, mit ihrer Handlungsweise den Datenschutz ihrer Kunden mit Füßen getreten zu haben. Es seien lediglich in einem sehr begrenzten Umfang Informationen geflossen. Zudem sei es nicht möglich gewesen, diese Daten mit einzelnen Nutzern direkt in Verbindung zu bringen. Auch Microsoft, das Daten aus MSN herausgegeben hat, und Time Warner mit seinem Internet-Arm AOL beharrten darauf, dass keine persönlich verwertbaren Details an die Behörden weitergegeben wurden.

Yahoo war zuletzt in das Visier der Bürgerrechtler geraten, als der Portal-Betreiber mit den chinesischen Behörden zusammenarbeitete (siehe auch: Yahoo hilft chinesischen Behörden). Auf Verlangen der Polizei gab Yahoo Daten preis, die dazu führten, dass ein systemkritischer Journalist festgenommen und zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Man müsse auf der Gratwanderung zwischen dem Schutz persönlicher Daten und der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben die richtige Balance finden, verteidigte der Internet-Konzern sein Handeln lapidar.

Die US-Regierung erhofft sich von den Daten zum Such- und Surfverhalten offenbar Munition für eine schärfere Gesetzgebung, um gegen Porno-Seiten vorgehen zu können. So soll festgestellt werden, in welchem Umfang Nutzer beim Surfen im Netz auf pornografische Inhalte stoßen und wie leicht diese zugänglich sind. 1998 hatte die US-Justiz den Child Online Protection Act (COPA) verabschiedet. Damit sollten die Anbieter von Sex-Seiten im Web dazu veranlasst werden, Schutzmechanismen wie Registrierungen oder Zugangscodes zu implementieren, so dass nur Erwachsenen der Zugriff auf diese Inhalte möglich ist. Vor zwei Jahren hatte der Oberste Gerichtshof der USA nach Intervention von Bürgerrechtlern entschieden, dass der COPA gegen die Meinungsfreiheit verstößt. Der Schutz von Minderjährigen vor Pornografie lasse sich genauso durch lokal installierte Filtersoftware gewährleisten. Eine Verpflichtung der Betreiber sei dagegen nicht rechtens.

Allem Anschein nach lassen aber die starken konservativen Kräfte der US-Administration nicht locker. Mit den von den Suchmaschinenbetreibern geforderten Daten will man offenbar die Argumentation der Gegner des COPA untergraben, um erneut eine Offensive im Kreuzzug gegen die Porno-Industrie zu starten - ein Zweig, der der US-amerikanischen Wirtschaft im Übrigen Milliardeneinnahmen beschert. (ba)