Google vor dem Einstieg bei AOL

20.12.2005
Die Suchmaschine möchte fünf Prozent des Online-Dienstes erwerben.

Im Wettlauf um einen Einstieg bei AOL liegt Google vor Microsoft. Bis vor kurzem sah es so aus, als würde der Softwarekonzern den Stich machen. Doch offenbar zieht der Medienriese Time Warner, dem AOL gehört, eine Fortsetzung der Partnerschaft mit Google vor.

Auf dem Tisch liegt ein Angebot von Google, fünf Prozent der AOL-Anteile zu kaufen, was etwa eine Milliarde Dollar kosten würde. Neben der Beteiligung geht es auch um eine Zusammenarbeit bei Online-Werbung. Der Suchmaschinenmarktführer will mit Hilfe von AOL noch besser als bisher Online-Werbung vermarkten. Beide Unternehmen betreiben Plattformen für Internet-Werbung, diese Systeme möchte Google integrieren. Zudem sollen AOL-Vertriebsleute Internet-Anzeigen des Google-Netzwerks veräußern. AOL-Inhalte sollen Medienberichten zufolge prominent und gesondert gekennzeichnet im Google-Suchergebnis erscheinen.

Microsoft bleibt außen vor

Die beiden Unternehmen arbeiten schon länger zusammen. Die Suchtechnik der Time-Warner-Tochter stützt sich auf die des Internet-Unternehmens aus Kalifornien. Ein auf Ende 2006 befristeter Vertrag, der AOL die Google-Suchmaschine sichert, könnte nun um weitere fünf Jahre verlängert werden. In diese enge Liaison hätte Microsoft gern einen Keil getrieben. Einerseits möchten die Redmonder ihren Anteil am boomenden Markt mit Online-Werbung ausweiten und mehr Reichweite im Internet erlangen. Andererseits wollen sie Google als Techniklieferanten für AOL verdrängen. Die Sparte MSN betreibt Portale und eine eigene Suchmaschine, die mit Google beziehungsweise AOL in Wettbewerb stehen. Allerdings war der Softwarekonzern spät in den Markt eingetreten und tut sich schwer, zu den Konkurrenten aufzuschließen. Unlängst kursierten Vermutungen, Microsoft wolle sogar dazu übergehen, Surfer für die Nutzung von MSN Search zu entlohnen.

Beobachter glauben, der Deal zwischen AOL und Google könne noch in dieser Woche abgeschlossen werden. Ein Erfolgserlebnis ist überfällig: Durch die glücklose Fusion von AOL und Time Warner Anfang 2000 hatten Aktionäre viel Geld verloren. Zudem plagen AOL akute Schwierigkeiten: Viele Abonnenten in den USA kehren dem Online-Dienst den Rücken und wechseln zu Kabelnetzbetreibern. Deshalb verlangt es den Anbieter nach Einnahmequellen im frei zugänglichen Internet, wo Anwender keine monatlichen Gebühren zahlen, sondern Umsätze mit Online-Werbung erzielt werden. Wie das geht, hat vor allem Google vorgemacht.

Sowohl das Management als auch der Aufsichtsrat von Time Warner stehen bei Anlegern in der Kritik. Zu ihnen zählt Investor Carl Icahn. Der Milliardär hält allerdings auch nicht viel von einem Google-Einstieg bei AOL. Seiner Meinung nach würde dieser Schritt den Weg für weitere Deals versperren: "Es gibt bessere Möglichkeiten, den Wert von Time Warner zu steigern." Ebay und IAC/Interactive Corp., die dieses Jahr die Suchmaschine Ask Jeeves gekauft hatte, seien geeignetere Partner für AOL. (fn)