Kolumne

Google riskiert viel

05.12.2007

Eine Zahl zum Nachdenken. Zurzeit sind weltweit etwa drei Milliarden Handys im Einsatz, und es werden mehr. Gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern nimmt die Zahl der Endgeräte weiter rasant zu. Zum Vergleich: Den drei Milliarden Mobilfunkern stehen etwa 600 Millionen PCs gegenüber. Angesichts dieses Verhältnisses wird klar, warum Google so unbedingt diesen Markt für sich erobern will. Warum das Unternehmen das Handy-Betriebssystem Android entwickelt und die Open Handset Alliance aus der Taufe gehoben hat.

Natürlich handelt es sich bei den meisten heute genutzten Handys nicht um Smartphones mit Navigation, Pushmail oder großem Touchscreen. Aber im Mobilfunkmarkt folgen die Gerätegenerationen so schnell aufeinander, schreitet der Netzausbau so rasant voran, dass schon in relativ kurzer Zeit die meisten Nutzer in den Industrienationen breitbandigen Empfang haben und problemlos mobil im Internet surfen können.

Welch eine Zielgruppe für Googles Applikationen!

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie stehen in einem Elektronik-Kaufhaus und interessieren sich für einen Beamer, einen LCD-Fernseher oder Ähnliches. Per mobile Suche recherchieren Sie vor Ort ad hoc, wie die ausgestellten Geräte in aktuellen Tests abgeschnitten haben und wie die Preise des stationären Handels in Online-Preisvergleichen abschneiden. Läuft es so, wie Google sich seine Zukunft vorstellt, dann suchen Sie natürlich über den Suchmaschinenprimus. Der kann dann Ihre Suchanfrage mit entsprechenden (lokalen) Werbebotschaften verzieren und Sie bei Bedarf auch gleich ins nächste (billigere) Kaufhaus führen. Per Google-Maps natürlich und unter Einblenden von personalisierten Informationen, für die Sie in Ihrem abgegebenen Google-Profil Interesse gezeigt haben. Auf diese sehr bequeme Weise haben Sie künftig das Gefühl, vor dem Einkauf alle Alternativen bedacht und so den für Sie besten Deal gemacht zu haben. Und Google freut sich auch. Ihr neuer Einkauf hat Google nicht nur mit Werbeeinahmen versorgt (für die Alternativangebote, die Informationen, die Sie auf dem Weg vom einen Laden zum anderen empfangen haben), sondern auch mit weiteren Daten über Sie.

Und das sind nur die Applikationen, die wir heute kennen. Leicht vorstellbar ist ein Zahlverfahren via Handy, bereitgestellt von Google. Denken lässt sich auch , dass Google die Nutzung von Android-Handys auf seinen eigenen Frequenzen (in USA hat das Unternehmen bereits ein Startangebot für Frequenzen im 700-Megahertz-Bereich abgegeben) kostenfrei anbietet und über Werbeeinahmen finanziert ein Angebot, das kaum ein Nutzer ablehnen dürfte. Google riskiert viel, aber seine Chancen, in diesem Markt zu reüssieren, stehen nicht schlecht. Das Unternehmen hat es geschafft, in der Open Handset Alliance einige potente Spieler aus der IT- und TK-Szene zu versammeln, die den etablierten Akteuren im Mobilfunkmarkt, allen voran Nokia, gern das Wasser abgraben würden.

Was denken Sie, legt Google im mobilen Sektor den gleichen Durchmarsch hin wie bei der Web-Suche? Diskutieren Sie mit auf www.computerwoche.de/blog.