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Google reicht Kartellbeschwerden wegen Vista ein

11.06.2007
Google hat sich bei US-bundesstaatlichen und Bundes-Kartellbehörden beschwert, Microsoft benachteilige mit Windows Vista Wettbewerber und verstoße mit dem neuen Betriebssystem gegen Auflagen aus dem historischen Antitrust-Vergleich.

Die Beschwerden beziehen sich einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge vor allem auf die in Vista integrierte Desktop-Suche. Google habe bereits im April ein rund 50-seitiges White Paper an das US-amerikanische Justizministerium sowie bundesstaatliche Staatsanwälte geschickt. Vista erschwere Verbrauchern die Verwendung alternativer Desktop-Suchen von Google und anderen Anbietern, schreibt die Zeitung unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Anwälte. Zuvor habe Google das Thema bereits über ein Jahr lang mit den Kartellbehörden diskutiert.

Google schlägt damit ein neues Kapitel auf in seinem Wettbewerb mit Microsoft, der sich von Web-Suche über Online-Werbung bis hin zu künftigen Märkten für Endkunden-Software wie Textverarbeitung erstreckt. "Microsofts derzeitiger Ansatz mit der Desktop-Suche von Vista verletzt den Kartellvergleich und schränkt die Auswahl für die Verbraucher ein", sagte ein Google-Sprecher.

Brad Smith, Microsofts Generaljustiziar, wies diesen Vorwurf zurück, tat aber gleichzeitig die Bereitschaft kund, die Bedenken von Google und anderen zu adressieren. "Wir glauben nicht, dass dieses Feature von dem Consent Decree betroffen ist oder irgendwelche Kartellprobleme aufwirft", erklärte der Microsoft-Chefjurist.

Das Department of Justice (DOJ) und die Staatsanwälte prüfen Googles Eingaben derzeit. Sie hatten im Jahr 2002 den Vergleich ausgehandelt, mit dem das langjährige Kartellverfahren gegen Microsoft beigelegt worden war.

Später in diesem Monat ist ein Statusbericht bei dem für die Kontrolle des Consent Decree zuständigen Bundesgericht in Washington, D.C., fällig, in dem das Thema erstmals angesprochen werden dürfte. Die Richterin Colleen Kollar-Kotelly hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach ihre Frustration darüber geäußert, wie Microsoft den Kartellauflagen folgt. Einige einzelne Bundesstaaten fordern bereits wieder einen härteren Kurs gegen Microsoft.

Was die Desktop-Suche - für viele Internet-Firmen unter anderem als zentral für die Kundenbindung erachtet - angeht, wirft Google Microsoft vor, es verhindere in Vista den Einsatz von Suchleisten für Desktop-Suchen außer der hauseigenen. Außerdem lasse sich die Indexierung für die Vista-Suche praktisch nicht deaktiveren, was einen Rechner dann bremse, sobald noch ein weiterer Index für eine Third-Party-Desktop-Suche parallel mitlaufe.

Ein Microsoft-Sprecher widersprach dem und sagte, die Vista-Indexierung lasse sich sehr wohl abschalten, wenn dies auch nicht ganz einfach sei. Und Googles Desktop-Suche könnten Verbraucher unter Vista unter anderem über Icons auf dem Schreibtisch und im "Start"-Menü ansprechen. Außerdem benötige Microsofts Desktop-Indexer keinerlei Rechenleistung, wenn der von Google oder anderen Applikationen in Gebrauch sei. Die Systemleistung werde mithin nicht in der von Google behaupteten Weise beeinträchtigt.

Microsoft-Manager erklärten, der Konzern habe in der Vergangenheit mit den an dem US-Kartellvergleich beteiligten Parteien mögliche Verstöße von Vista gegen den Consent Decree erörtert. Dabei habe auch die Desktop-Suche auf Liste der zu prüfenden Features gehört. Änderungen daran seien aber nicht verlangt worden.

Smith zufolge hatte Google im Laufe des vergangenen Jahres bei Kartellbehörden in den USA und Europa wegen eine Reihe von Vista-Features bemängelt. "Wir haben in der Tat all diese Probleme adressiert", sagte Microsofts Generaljustiziar. "Wir sind zu Änderungen bereit, so lange diese vernünftig sind."

Google hatte sich unter anderem beklagt, Microsoft nutze seinen Einfluss im Markt für Webbrowser, um zum Nachteil der Konkurrenten die eigene Internet-Suche zu promoten. Microsoft nahm daraufhin Änderungen an der Suchverwaltung des neuesten Internet Explorer vor.

Microsoft wiederum wünscht, dass die Kartellbehörden die geplante Übernahme des Banner-Vermarkters DoubleClick durch Google für 3,1 Milliarden Dollar genau unter die Lupe nehmen. Der Redmonder Konzern befürchtet durch die Akquisition Kartellprobleme im Internet-Werbemarkt (in dem es Google hinterherhinkt); Google weist diesen Vorwurf von sich.

Google hat übrigens in einem am Samstag von Privacy International in London veröffentlichten Ranking die schlechteste Datenschutz-Note von allen großen Internet-Angeboten erhalten. Diese ist reserviert für Unternehmen mit "umfassender Verbraucherüberwachung und tief verwurzelter Feindschaft gegenüber dem Datenschutz". Kein anderer der übrigen 22 untersuchen Anbieter bekam diese schlechteste Note. Google ließ durch einen Firmenanwalt verlauten, es verfolge den Schutz seiner Nutzerdaten aggressiv und stehe hinter seiner Erfolgsgeschichte. Privacy International wiederum bezichtigt Google einer Schmutzkampagne. (tc)