Web

Google Book Search: Franzosen machen Front, Briten geben sich gelassen

07.03.2006
Französische Verleger und Nationalbibliothek wehren sich gegen die Digitalisierung ihrer Bücher durch den Suchmaschinenprimus. Politiker favorisieren den Aufbau einer European Digital Library. Sie fürchten durch Google eine Dominanz englischsprachiger Publikationen.

Die Indexierung von Buchbeständen und Printerzeugnissen für Googles Suchdienst "Google Book Search" sorgt weiter für Zündstoff. Verleger weltweit sehen das Urheberrecht und ihre Einkünfte in Gefahr, wenn Google und zunehmend auch Microsoft immer größere Buchbestände aus Bibliotheken digitalisiert und einer freien Web-Suche (wenn auch meist nur in Auszügen) öffnen (siehe auch "Auch Microsoft plant eine digitale Bibliothek"). In die Opposition haben sich nun auch französische Verleger wie Fayard, Grasset und Gallimard eingereiht und Anwälte mit der Sache beauftragt. Sie hatten in den letzten Monaten Bücher aus ihren Häusern entdeckt, die Google über den Bestand der Bibliothek von Michigan eingescannt hatte.

Google argumentiert dagegen, dass man nur eine Handvoll Bibliotheken eingescannt und bereits Vereinbarungen mit einer Reihe von kooperationswilligen Verlegern unterzeichnet habe (siehe auch "Weitere Klage gegen Googles Büchersuchmaschine"). Auch sei die Nutzung der Quellen fair, da man nur Auszüge verfügbar mache. Doch diese Argumentation scheint nicht zu beschwichtigen: "Sollen wir Verleger etwa unser Leben damit verbringen, zu schauen, wo unsere Bücher sind?", klagte jetzt Serge Eyrolles, Präsident des französischen Verlegerverbandes gegenüber der englischen Ausgabe der "Financial Times".

Vielfalt statt Googlen

Anders als in den USA oder England, so das Blatt, gehe es in Frankreich aber nicht nur um wirtschaftliche Interessen. Vielmehr gehe es auch um kulturelle Fragen, sprich: eine befürchtete Dominanz englischsprachiger Publikationen, einschließlich der Übersetzungen der französischen Originale. So ließ sich jetzt Jean-Noel Jeanneny, President der französischen Nationalbibliothek, mit den Worten zitieren, dass die Google-Welt anglophil sei und das Unternehmen nur Profit machen wolle. Bei Suchergebnissen immer erst die englischen kommen, auch wenn es etwa um Victor Hugo ginge.

Jeanneny und führende französische Politiker bis hin zu President Jacques Chirac fordern deshalb, dass es auch künftig die Vielfalt des Literaturangebots bewahrt bleiben müsse. So wolle man mit Google-Konkurrenten wie Quaero zusammenzuarbeiten und vor allem den Ausbau des EU-Projekts einer "European Digital Library" (EDL) vorantreiben (siehe auch "Franzosen sind bei europäischer Multimedia-Suchmaschine Quaero vorgeprescht"). Die Kosten sollen sich auf 250 bis 300 Millionen Euro über vier Jahre belaufen. Bis 2008 sollen dann über das Portal rund zwei Millionen Titel, Filme und andere Mediendateien aus Beständen der EU-Mitgliedsländer verfügbar sein.

Briten sind pragmatischer

Derweil geben sich die Briten laut Financial Times gelassener, wenn es um die Indexierung ihrer Kulturerrungenschaften geht. So sehe man in der EDL laut dem Direktor der British Library, Lynne Bridley, nur eine Option. zudem sei die Bibliothek auch aus wirtschaftlichen Gründen daran interessiert, viele Partner zu haben. Dies schließt Google ein, mit dem erst kürzlich vereinbart wurde, die eigenen Bestände mit dem speziell für Akademiker gedachten Suchdienst "Google Scholar" zu verlinken. Zuvor hatte die Institution im November mit Microsoft eine strategische Partnerschaft mit einem Wert von 2,5 Millionen Pfund besiegelt. Danach sollen 25 Millionen Buchseiten (etwa 100 000 Bücher) für Microsoft gescannt und als digitale Kopien im Internet verfügbar gemacht werden. Zudem kann Bridley die Sorge, dass bei Suchergebnissen immer erst die englischen kommen, aus eigener Erfahrung nicht nachvollziehen. "Auf der Suche nach Shakespeare stand ein französischer Artikel weit oben in der Trefferliste. Er stammte vom Sohn Victor Hugos." (as)