Kolumne

"Good news are bad news"

27.04.2001
Christoph Witte Chefredakteur CW

Selten wurden Geschäftsergebnisse mit solcher Spannung erwartet wie die zum Abschluss der ersten drei Monate 2001. IBM besser als erwartet, Siebel Umsatz und Gewinn verdoppelt, SAP zum zweiten Mal in Folge besser abgeschnitten als von Analysten berechnet. Selbst Intel, Microsoft und Sun schnitten nicht so schlecht ab wie prognostiziert. Dafür rutschten andere wie Lucent, Cisco, Motorola oder Hewlett-Packard weiter ab.

Eine Konjunkturbelebung in den USA signalisieren die vorgelegten Resultate nicht - sondern nur, dass es die Hersteller von Kommunikationsequipment und Endverbraucherprodukten offenbar härter trifft als die Business-orientierten Anbieter: exemplarisch zu sehen an IBM und HP. Während die Gerstner-Truppe, gestützt von langfristigen Service- und Outsourcing-Verträgen, ihr in erster Linie auf Unternehmens-IT abgestelltes Geschäft um rund neun Prozent verbessern konnte (siehe Seite 10), steht HP-Chefin Carleton Fiorina im Regen. Das stark endverbraucherorientierte Druckergeschäft und das nach wie vor nicht nennenswerte Servicegeschäft bescheren HP ein weiteres Mal Umsatzeinbußen. Manchen Beobachtern zufolge ist für das HP-Geschäft erst Besserung in Sicht, wenn das Unternehmen es schafft, mit neuen IA-64-basierten Rechnern die Server-Umsätze nach oben zu treiben - also den Auftrieb zu erzeugen, den die Highend-Maschinen der Superdome-Familie bisher nicht gebracht haben.

Die nächsten Quartale dürften für alle Beteiligten Zitterpartien bleiben. Eine aufgrund von Sättigungserscheinungen abflauende Nachfrage ist schließlich nicht wegzudiskutieren. Das hat weniger mit Konjunktur zu tun als damit, dass nach dem Abflauen der Internet-Euphorie keine große Innovation in Sichtweite ist, die das Wachstum treibt. Die Industrie versucht es zwar mit "Mobile Commerce" und "Mobile Internet", bisher allerdings mit eher bescheidenem Erfolg. Außerdem ist noch keineswegs ausgemacht, ob der für die zweite Jahreshälfte herbeigewünschte und -geredete Aufschwung tatsächlich stattfinden und die Ergebnisse der Branche aus dem Keller heben wird.

Doch in jeder schlechten steckt auch eine gute Nachricht: In den nächsten Monaten dürften sich sowohl IT-Produkte als auch -Services preiswert einkaufen lassen. Aufgrund der Nachfragesituation wird die Industrie ihre Handelsspannen senken müssen. Allerdings stellt sich hier die nächste Frage: Welche Hersteller halten die neuerlichen Verteilungskämpfe wie lange durch?

Die Vermutung liegt nahe, dass der Branche eine weitere Konsolidierungswelle bevorsteht, die für viele regionale, nur über ein schmales Produktportfolio verfügende Anbieter fatal enden könnte. Konzerne wie die IBM, SAP und Microsoft dürften von der Marktbereinigung am meisten profitieren. Je mehr kleinere Player ausscheiden müssen, desto geringer wird die Vielfalt von Produkten, Verfahren und Anbietern ausfallen, die den Anwendern in den letzten Jahren eine gewisse Wahlfreiheit bescherte. Ob nicht in diesem drohenden Verlust die schlechteste Botschaft dieser Krise liegt, muss jeder selbst entscheiden.