Cisco, IBM & Co. in Lauerstellung

Goldgräberstimmung im Cyber-Security-Markt

15.02.2016
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Dank sinkender Bewertungen für Security-Spezialisten, prall gefüllter Kriegskassen von IT-Riesen wie IBM und Cisco sowie anhaltend guter Marktaussichten stehen im Cybersecurity-Markt die Zeichen auf Konsolidierung.

Angesichts der zunehmenden Bedrohungen aus dem Netz ist es kein Wunder, dass der Cyber-Security-Markt am Fliegen ist. Schätzungen von Gartner zufolge soll der Bereich bis 101 Milliarden Dollar in 2018 anwachsen. Grundlage ist ein Volumen von 75 Milliarden Dollar in 2015.

Den Trend haben auch Branchenriesen wie Cisco und IBM registriert. Big Blue verbuchte im vergangenen Jahr bereits zwei Milliarden Dollar Umsatz in dem Bereich, der Netzwerkriese Cisco 1,75 Milliarden Dollar. Unter dem Strich steuerten die Security-Erlöse damit zwar nur 2,4 beziehungsweise drei Prozent zum Gesamtumsatz bei und auch das Wachstum hielt sich mit jeweils zwölf Prozent im Vergleich zu anderen Bereichen (bei IBM z. B. Cloud, Analytics, Social und Mobile) noch in Grenzen. Dennoch wuchsen Cisco und IBM damit stärker als die reinen Security-Anbieter Symantec und Checkpoint und übertrafen von den reinen Zahlenwerten locker Spezialisten wie Palo Alto Networks, Proofpoint, Fortinet oder Fireeye.

Aus Sicht von Steve Morgan, CEO des Marktforschungsinstituts Cybersecurity Ventures, ist es daher abzusehen, dass sich IT-Riesen wie IBM, Cisco, Dell in diesem Jahr stärkere Schlagabtäusche mit den Spezialisten liefern - insbesondere im Markt für Sicherheitssoftware und -services. Und IT-Konzerne wie IBM und Cisco üben sich dabei sicher nicht in Zurückhaltung, sondern treten mit gut gefüllten Kriegskassen an. Der Umstand, dass unlängst die Aktienkurse einiger Anbieter von Security-Software aus Angst vor einer rückläufigen Nachfrage gefallen sind, macht mögliche Übernahmekandidaten dabei noch erschwinglicher.

Panikeinkäufe nach Hacker-Attacken

Trotz der kürzlich gesunkenen Investitionen von Unternehmen dürfte außer Frage stehen, dass der Bedarf an Cyber-Security-Lösungen eher gestiegen ist, man denke nur an die erfolgreichen Hacker-Angriffe auf Target, Home Depot und Sony. Diese Vorfälle hatten laut Piper-Jaffray-Analyst Andrew Nowinski in den vergangenen Jahren zu Panikeinkäufen geführt. In einer vor kurzem vorgenommenen Umfrage des Analystenhauses gaben 60 Prozent der 137 befragten CIOs an, sie hätten ihre Firewalls in den vergangenen zwölf Monaten auf den neuesten Stand gebracht. Dabei lag das Thema Firewall-Security nur auf Platz fünf der CIO-Prioritäten hinter Endpoint Security, Compliance, dem Schutz von Web-Applikationen und der internen Zugriffsverwaltung.

Aus Sicht von Nowinski wird es in diesen vier Segmenten 2016 Übernahmen geben. Der Grund: Im Zuge der massiven Datendiebstähle hätten viele Unternehmen in 2014 und 2015 aufgerüstet und viel Geld in die Absicherung ihrer Netzwerkgrenzen gesteckt, erklärte er gegenüber dem Investment-Magazin "Investors Business Daily". Jetzt sei es an der Zeit, in Technologien zu investieren, die das schützen, wonach die Hacker aus seien.

Gartner zufolge sind Symantec, Trend Micro und Intel-Tochter McAfee im Bereich Endpoint Protection führend, Imperva und F5 Networks toppen den Markt für Web-Application-Firewalls und Cyberark Software das Segment Identity & Access Management (IAM).

Die Jadgsaison ist eröffnet

Nachdem es im vergangenen Jahr wegen der drastisch gestiegenen Bewertungen der Sicherheitsanbieter zu keiner starken Konsolidierung im Cybersecurity-Markt gab, ist nun die Jagdsaison eröffnet. Die Bandbreite der möglichen Übernahmen ist dabei sehr groß, da es im Bereich Cybersecurity kaum sogenannte Unicorns (Unternehmen mit einer Bewertung von einer Milliarde Dollar oder mehr) gibt.

Stattdessen befinden sich in dem Segment viele Startups, die sich zehn bis hundert Millionen Dollar Finanzierung gesichert haben, um zu wachsen und anschließend von größeren IT-Playern übernommen zu werden. Bereits im Januar eröffnete Fireeye den Übernahmereigen mit dem Kauf des Cybersecurity-Spezialisten iSight Partners für 200 Millionen Dollar und erweiterte damit nach der milliardenschweren Akquisition von Mandiant im Jahr 2014 weiter das Portfolio. Weitere Käufe sind aktuell zwar noch nicht in Sicht. Allerdings legte die Aktie von CyberArk im Januar bereits nach Gerüchten über eine anstehende Akquisition durch Checkpoint zu.

Angesichts der zunehmenden Bedrohungen aus dem Netz ist es kein Wunder, dass der Cyber-Security-Markt am Fliegen ist.
Angesichts der zunehmenden Bedrohungen aus dem Netz ist es kein Wunder, dass der Cyber-Security-Markt am Fliegen ist.

Als weitere Übernahmekandidaten sieht etwa Daniel Ives von der Investment-Bank FBR & Co. Qualys, Fortinet, FireEye und Imperva. Seiner Ansicht nach ist es insbesondere für Symantec an der Zeit, Zukäufe zu tätigen. Der kalifornische Sicherheitsspezialist hat Ende Januar seine Datenspeichertochter Veritas für 5,3 Milliarden Dollar an die Carlyle Group verkauft und sucht nun nach Zukäufen, um seine Position nach dem Umsatzrückgang im vergangenen Jahr wieder zu festigen.

Außerdem gilt als ausgemacht, dass auch IBM, Cisco, Hewlett Packard Enterprise und Oracle ihr Cybersecurity-Angebot in 2016 weiter aufstocken. Von den Kunden wird dies geschätzt, sie wünschen eine integrierte Plattform, weil sie weniger Werkzeuge von weniger Anbietern kaufen wollen. Zudem muss die Lösung auf Unternehmen zugeschnitten sein, was wiederum für die großen Player spricht.