Kolumne

"Glückwunsch nach Karlsruhe"

14.03.1997

Die Informatikausbildung in Deutschland ist besser als ihr Ruf: Die Beschwerden der Industrie über Praxisferne, gleichgültige - weil lebenslang angestellte - Professoren und die mangelnde Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft finden in der CW-Studie keine Bestätigung. Die befragten Praktiker (siehe Seite 1) bewerten die überwiegende Zahl der IT-Brutstätten positiv - wenn auch keine überragende Noten erhalten hat. Sicher, es wurde nach der Wahrnehmung gefragt, nicht Leistung gemessen.

Aber offenbar hat sich die Industrie mit ihrer Kritik an den Universitäten bisher zu weit aus dem Fenster gelehnt. So haben stets die Hochschulen herzuhalten, wenn es darum geht, den Rückstand der hiesigen IT-Industrie zu erklären. Nach der CW-Studie müssen sich die klagenden Unternehmer neue Argumente überlegen, um ihre eigene Mittelmäßigkeit zu entschuldigen. An der akademischen Ausbildung des IT-Nachwuchses liegt es jedenfalls nicht - wie die Anwenderunternehmen bestätigen.

Darüber hinaus weist die Studie darauf hin, daß das System der öffentlich getragenen Universitäten mit privaten Elitehochschulen durchaus mithalten kann, wenn es ausreichend mit Geld versorgt wird. Nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern zumindest, was die freien Mittel - über die normalen laufenden Kosten hinaus - angeht, sollte durchaus nach Leistung gefördert werden.

Das fängt bei der Beurteilung der Forschungsergebnisse an, reicht über die Zahl der Veröffentlichungen des Lehrkörpers bis hin zur Bewertung der Professoren durch ihre Studenten. Neben der Tatsache, daß die letzte Forderung allen gefallen dürfte, die während ihres Studiums unter - freundlich ausgedrückt - nicht übertrieben einsatzfreudigen Lehrern gelitten haben (trifft auch auf den Kolumnisten zu), würde eine öffentlichkeitswirksame Benotung einige Professoren aus ihrer liebgewonnenen Lethargie aufschrecken. Darüber hinaus würde sie helfen, das übermäßige Engagement anderer Uni-Lehrer als Unternehmer und Berater der Industrie auf ein für den Lehrbetrieb gesundes Maß einzuschränken. An der Universität Karlsruhe, die der CW-Studie zufolge die beste Informatikfakultät beherbergt, finden solche Befragungen bereits statt. Wer weiß, vielleicht hat´s geholfen. In diesem Sinne, Glückwunsch nach Karlsruhe.