DSL war gestern

Glasfaser revolutioniert die TK-Landschaft

18.05.2009
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Open Access als Zukunftsmodell?

Unternehmen und interessierte Bürger sind deshalb in Sachen Glasfaserausbau gut beraten, wenn sie über IHKs, Anwendervereinigungen und Wirtschaftsverbände Druck auf die politische Entscheidungsebene ausüben. Dass es auch anders geht zeigt der Blick zu unseren europäischen Nachbarn. Dort wird häufig beim Glasfaseraufbau das mehrstufige Modell des "Open Access" propagiert. Hier ist dann beispielsweise ebenfalls ein lokaler Energieversorger Eigentümer der Glasfaser im Boden. Die vermietet er aber diskriminierungsfrei an verschiedene Netzbetreiber, die für die Vermittlungstechnik sorgen. Diese offerieren wiederum ihr nun beschaltetes Netz (Internet-Zugang, Telefon etc.) ebenfalls diskriminierungsfrei Content-Providern (etwa IP-TV, Video on Demand, Value-Added-Services wie VPN oder WAN-Ethernet). Hierzulande haben sich die Stadtwerke Sindelfingen und Böblingen als erste zu diesem Ansatz durchgerungen.

Noch haben es alle Beteiligten in der Hand, daran mitzuwirken, wie unsere Kommunikationszukunft aussieht, für die wir derzeit, wie es der Sprecher eines Glasfasernetzbetreibers formuliert, "die Grundsteine einer Infrastruktur legen, mit denen noch die Generation unserer Kindeskinder leben wird" - aber auch mit den Fehlern. Zur Erinnerung: Das alte Kupfertelefonnetz, das nun langsam zu Grabe getragen wird, hatte seine Ursprünge im Deutschen Reich, als 1881 die ersten Fernsprechnetze eingerichtet wurden.

Warum Glasfaser für alle?

Noch vor ein bis zwei Jahren wurde der Gedanke an einen flächendeckenden Glasfaserausbau für alle (Fibre to the Building, Fibre to the Home) als unbezahlbares Hirngespinst abgetan - Schätzungen zum Investitionsbedarf schwanken zwischen 30 und 50 Milliarden Euro. Mittlerweile sprechen etliche Punkte dafür:

  • In den Ballungszentren stößt die DSL-Technik an ihre Leistungsgrenzen.

  • Die Entgelte für die TAL-Miete (letzte Meile) sind für die Carrier ein enormer Kostenfaktor. So wird beispielsweise Mnet bei einem Jahresumsatz von 176 Millionen Euro (2008) im laufenden Jahr an die Telekom 28 Millionen Euro an TAL-Miete entrichten.

  • Die Telekom liebäugelt ab 2015 mit einem drastischen Rückbau der Hauptverteiler. Carrier, die in ein eigenes Teilnehmernetz investiert haben, würden damit in die Rolle der Reseller gedrängt mit einer geringeren Wertschöpfungskette.

  • Ein eigenes Anschlussnetz ist für die Carrier dagegen eine zusätzliche Einnahmemöglichkeit.

  • Der große Kostenfaktor beim Aufbau einer eigenen Infrastruktur sind die Grabungsarbeiten (zirka 300 Euro pro Meter in bebautem Gebiet). Dagegen ist der Kostenunterschied zwischen Kupferkabel und Glasfaser marginal.

  • Im Zuge des Konjunkturpakets II gibt es Fördergelder für die teuren Grabungsarbeiten.

  • Die Energieversorger müssen im Rahmen des Energiewirtschaftsgesetzes intelligente, vernetzte Stromzähler beim Endkunden einführen. Hierzu brauchen sie eine Netzinfrastruktur.

  • Glasfasernetze weisen eine bessere CO2-Bilanz auf, da ihr Energieverbrauch im Vergleich zu DSL 20 Prozent niedriger ist.