CW Spezial Top 100 - Communications

Gipfelstürmer Apple hat alles unter Kontrolle

27.09.2011
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.

Viele Hunde sind des Hasen Tod


Generell lässt sich beobachten, dass von dem anhaltenden Boom im Smartphone-Markt nicht alle Hersteller profitieren können. Während Apple, Samsung und HTC Erfolge feiern, schreiben neben Nokia auch LG, Sony Ericsson und Motorola mit ihrem Mobilfunkgeschäft Verluste.

Klarer Gewinner ist dagegen der Internet-Riese Google. Der Plan des Unternehmens, mit dem kostenlos verfügbaren Betriebssystem Android einen schnellen Einstieg in das lockende Geschäft mit mobiler Werbung und anderen Services zu erzielen, scheint dank der zahlreichen OEM-Partner voll aufzugehen. Laut Berechnungen von Gartner wurden im zweiten Quartal 2011 mehr als 46 Millionen Android-Smartphones verkauft (Q2/2010: zehn Millionen Stück) – das sind mehr als eine halbe Million pro Tag. Gleichzeitig konnte das Google-System den Marktanteil mit 43,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum fast verdreifachen.

Android überholte dabei nicht nur schnell Symbian, sondern übertrumpfte auch noch Apples iOS, mit dem es vor einem Jahr noch fast gleichauf lag. Doch der Run auf Android ruft nicht nur die Jobs-Company auf den Plan, Google mit mehr oder weniger gerechtfertigten Klagen wegen Patentverstößen und Urheberrechtsverletzungen zu bremsen. Auch Oracle und Microsoft halten bei Google oder stellvertretend Herstellern, die Android einsetzen, die Hand auf.

Wer hat's erfunden?

Während sich Oracle wegen der Nutzung von Java in Android Lizenzzahlungen in Milliarden-Dollar-Höhe erhofft, will Microsoft das von Google kostenlos bereitgestellte Android-Betriebssystem über Lizenzforderungen künstlich teuer machen und so den Wettbewerbsvorteil gegenüber Windows Phone ausgleichen. Aktuell scheint sich die Strategie auszuzahlen, wenn auch nicht ganz so wie gewünscht: Berechnungen zufolge erzielt die Company mittlerweile über die Abgaben von HTC & Co. mehr Umsätze als mit dem Verkauf seiner Windows-Phone-Lizenzen. Schuld daran ist aber primär der bislang geringe Markterfolg des noch jungen Nachfolgers von Windows Mobile: Im zweiten Quartal 2011 wurden gerade einmal 1,7 Millionen Windows-Phones verkauft, das entspricht 1,6 Prozent Marktanteil.

Apple geht noch einen Schritt weiter und versucht, die Konkurrenz durch Klagen am Einsatz grundlegender Elemente oder Bedienfunktionen wie Multitouch zu hindern beziehungsweise gar einen Verkaufsstopp zu erreichen. Als Konsequenz liefern sich die Hersteller inzwischen mit Apple ein nicht enden wollendes Patent-Kreuzfeuer.

Wie die jüngsten Ereignisse andeuten, läuft das Ganze auf eine Art Hochrüsten hinaus, wie es in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte wohl einmalig ist. Waffen sind dabei die Patent-Portfolios, wie zuletzt die rund 6000 Patente und -anträge des insolventen TK-Ausrüsters Nortel.

Der „nationale Schatz“, so RIM-Co-CEO Mike Lazaridis, wechselte für 4,5 Milliarden Dollar an ein Konsortium um Apple, Microsoft und Sony, während Google leer ausging. Der Internet-Riese schnappte sich aber bald darauf für gigantische 12,5 Milliarden Dollar den Smartphone-Pionier Motorola Mobility (MMI), um sich und seine OEM-Partner vor den zunehmenden Patentattacken gegen Android zu schützen. MMI besitzt neben rund 17.000 Patenten und 7500 Patentanträgen noch ein nicht ganz unbedeutendes Hardwaregeschäft mit 29 000 Mitarbeitern. Inwieweit es Google gelingt, dieses als unabhängigen Bereich und gleichberechtigten Lizenzpartner unter vielen weiterzuführen, muss abgewartet werden. Es bleibt auf jeden Fall auch in Zukunft spannend!