Work-Life-Balance

Gibt es Freiräume für Berater im Projektstress?

21.11.2012
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Ein Tag Weiterbildung pro Woche verspricht ein Beratungshaus seinen Mitarbeitern. Im Karriereratgeber zweifelt ein Leser, ob das Modell auch in kritischen Projektphasen umgesetzt werden kann.

Das IT-Beratungshaus Itemis hat mit "4+1" ein Arbeitszeitmodell gewählt, das den Mitarbeitern einen Tag der Woche zur persönlichen Weiterbildung zur Verfügung stellt. Dem hält ein Leser im Karriereratgeber entgegen, dass viele Firmen ein solches Modell propagieren, aber in kritischen Projektphasen nicht umsetzen. Er will wissen: "Wie begegnet itemis Kunden, die den Berater 40 Stunden pro Woche bei sich im Büro haben wollen und deren Standort noch einige Stunden Reisezeit mit sich bringt?

Patrick Schneider, Itemis: "Steht der Mitarbeiter unter Druck, leiden die Arbeitsergebnisse."
Patrick Schneider, Itemis: "Steht der Mitarbeiter unter Druck, leiden die Arbeitsergebnisse."
Foto: Itemis

Patrick Schneider, Marketing-Leiter von Itemis, antwortet: "Sie liegen richtig mit Ihrer Beobachtung, dass oft Mitarbeitern Freiräume angeboten werden, die aufgrund der Umstände nicht realistisch sind. Steht der Mitarbeiter aber zu sehr unter Druck, leiden auf Dauer die Arbeitsergebnisse, und die Motivation lässt nach, weil Versprechen nicht eingehalten wurden.

Wenn Mitarbeiter sich einem neuen Arbeitgeber anvertrauen, bauen sie darauf, dass die Aussagen in den Kennenlern-Gesprächen und auf Karriere-Websites oder in Marketing-Flyern ernst genommen werden können. Jetzt geht es darum, aus dem vagen Gefühl - "Ja, die meinen das wirklich ernst, die denken trotz des Projektstresses immer noch an meine Bedürfnisse" - eine Überzeugung zu machen. Wer sich dessen versichern will, findet wertwolle Hilfe im direkten Gespräch mit aktuellen Mitarbeitern an deren Arbeitsplatz oder auf messen, aber auch in Arbeitgeberbewertungsportalen oder in Auszeichnungen, die dem Unternehmen möglicherweise verliehen wurden.

Weiterbildung ist kein Kostenfaktor

Wir betrachten Weiterbildung als Vermögensaufbau, nicht als Kosten. In einigen Beratungshäusern wird nicht fakturierte Zeit, die zur Weiterbildung genutzt, als Kostenfaktor angesehen. Grundsätzlich sollte die Unternehmensführung das Konzept unterstützen und vorantreiben, damit diese Sichtweise nicht aufkommt.

Natürlich verbirgt sich auch hinter unserem Vorgehen ein Interesse. In der IT sind qualifizierte Mitarbeiter schwer zu bekommen und dauerhaft zu halten. Ständige Fortbildung auch während der Arbeitszeit zahlt sich aus unserer Sicht aber aus, um stets hoch qualifizierte Mitarbeiter und anspruchsvolle Projekte zu haben. Das lassen wir auch bei Gesprächen und Verhandlungen mit den Kunden einfließen.

Berater sind naturgemäß oft auf Reisen. Einige Unternehmen versuchen, ihre Consultants möglichst standortnah einzusetzen.
Berater sind naturgemäß oft auf Reisen. Einige Unternehmen versuchen, ihre Consultants möglichst standortnah einzusetzen.
Foto: Michael Jung/Fotolia.com

Mit einigen Maßnahmen gelingt es uns, potenziell negative Nebenwirkungen in Grenzen zu halten. So versuchen wir, Mitarbeiter wo immer möglich standortnah einzusetzen. Zudem erklären wir den Kunden unsere Personalpolitik und schaffen schon vor dem Vertragsabschluss die Freiräume, die unsere Mitarbeiter brauchen. Das "+1" in unserem Modell betrifft außerdem keinen festen Wochentag, sondern eine Quote von 20 Prozent der Arbeitszeit. Je nach Projektsituation - wir möchten uns natürlich nach den Kundenwünschen richten - kann diese Zeit variabel und auch mal in größeren Stücken genutzt werden.

Wie ist Ihre Erfahrung? Werden Firmen, bei denen Sie arbeiten, offener im Umgang mit Selbstorganisation und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter oder nimmt der Druck zu? Das Motto "Ich kann meine Axt jetzt nicht schleifen, ich muss Bäume fällen" ist nicht unbedingt zu empfehlen. "

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