Web

Gute Frage

Gibt es eine neue Internet-Blase?

28.03.2011
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Angesichts überbordender Bewertungen für eine Handvoll Internet-Firmen fühlt sich mancher an die "Bubble" des Jahres 1999 erinnert.

Und das "Dealbook"-Blog der "New York Times" fragt sich und andere, ob uns womöglich eine neue Internet-Blase bevorsteht, die irgendwann zu platzen droht. Denn in der Tat fließen gerade erhebliche Investionen in Internet-Firmen - allein bei Facebook und Zynga haben die Finanzierungsrunden der letzten zwei Jahre den implizierten Unternehmenswert mehr als verfünffacht. Und die Schnäppchen-Site Groupon plant dem Vernehmen nach ein IPO, das die Firma mit 25 Milliarden Dollar bewertet. Vor weniger als einem Jahr wurde Groupon gerade mal auf 1,4 Milliarden Dollar taxiert.

"Ich fürchte, die Anleger glauben, dass jede Social-Company so erfolgreich wie Facebook wird", warnt Roger McNamee, aktuell Managing Director bei Elevation Partners, 1999 Mitgründer des Private Equity Funds Silver Lake Partners und Facebook-Investor. "Es gibt im Augenblick schon einige attraktive Firmen. Aber es wäre überraschend, wenn die nächste Welle Social-Firmen so viel Wirkung erzielen würde wie die erste."

Kollege Thomas Weisel von der gleichnamigen Investmentbank wundert sich jedenfalls sehr, wie viel Geld dieser Tage die Märkte flutet. "Ich denke, das ist heute viel mehr", sagt Weisel. "Die Kapitalmengen, die auf diese Internet-Firmen einströmen, sind deutlich größer als das, was wir im Jahr 2000 hatten."

"Dealbook" verweist aber auf einige zentrale Unterschiede zwischen der ersten Bubble und der aktuellen Entwicklung: Erstens gibt es aktuell deutlich weniger Hightech-Börsengänge; 1999 beispielsweise waren es 308, 2010 gerade mal 20. Und zweitens haben die heute begehrten Firmen bereits echte Geschäfte mit echten und rasch wachsenden Einnahmen - unter anderem auch deswegen, weil inzwischen ein deutlich höherer Anteil der Weltbevölkerung das Internet nutzt.

"Damals sind winzige Firmen an die Börse gegangen, die kaum einen Business-Plan hatten", erinnert Stefan Nagel, Associate Finance Professor in Stanford. "Jetzt sprechen wir nur von wenigen Unternehmen - die schon global agieren und Umsatz machen."

Trotzdem stellt sich die Frage, ob die sich wieder türmenden Geldberge sich sinnvoll "an die Arbeit" bringen lassen. Bei nur wenig offensichtlichen "Gewinnern" (unter den Internet-Firmen) müssen einige Investoren zwangsläufig Verlierer wählen oder zu viel bezahlen, warnt Paul Meeks, der für Merrill Lynch zwischen 1998 und 2000 gleich sechs Tech-Fonds aufgesetzt hatte. "Wenn man sich die Bewertungen anschaut, die so die Runde machen - dann denke ich: Junge, hoffentlich sind das wirklich alles ganz besondere Companies."