Karriereplanung

Gibt es den idealen Weg nach oben?

27.03.2011
Von 
Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Der diplomierte Wirtschaftsingenieur ist u.a. Autor des "Change Management Handbuch" und zahlreicher Projektmanagement-Bücher. Seit 1994 ist er Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-Provence und der Technischen Universität Clausthal.
Wie lange sollten Kandidaten für Führungspositionen auf einer Stelle verweilen, bevor sie den nächsten "Job" übernehmen?

48 Jahre - so alt waren die Vorstandsvorsitzenden der Dax-30-Unternehmen im Schnitt, als sie erstmals zum CEO ernannt wurden. Und zumeist hatten sie zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Karriereschritte hinter sich.

Gibt es den idealen Weg nach oben?
Gibt es den idealen Weg nach oben?
Foto: Fotolia, Dieter76

Bei einem Eintrittsalter nach dem Studium von 26 Jahren bedeutet dies: Ein CEO braucht 22 Jahre Zeit, um nach "ganz oben" zu gelangen. Und: Pro Karrierestufe stehen ihm knapp 3,7 Jahre zur Verfügung. Ist eine solche Verweildauer in den einzelnen Stationen zu kurz oder zu lang?

Pro Kontinuität

Entscheidungen "ausbaden": Wenn eine Führungskraft im Schnitt nur 3,7 Jahre in einer Funktion ist, ergibt sich meist folgendes Wirkungsszenario:

  • erstes Jahr: Kennenlernen der Funktion und des Geschäfts;

  • zweites Jahr: Grundsatzentscheidungen treffen und Neuausrichtungen vornehmen;

  • drittes Jahr: Umsetzung;

  • viertes Jahr: Abschied.

Die "Ernte" von grundsätzlich neuen Weichenstellungen kann selten nach ein, zwei Jahren "eingefahren" werden. Deshalb lassen sich bei einem raschen Positionswechsel oft folgende Phänomene beobachten: Die Jung-Manager gehen primär Themen an, die ihnen spätestens im zweiten oder dritten Jahr Erfolge versprechen. Und: Als Topmanager haben sie noch nie die Konsequenzen ihrer Entscheidungen erlebt. Denn wenn diese sich ergaben, waren sie schon im nächsten Job. Die Folge: Sie haben zwar viel Erfahrung im Projekt-Management, aber eher wenig mit dem kontinuierlichen Aufbauen.

Den Mitarbeitern Kontinuität geben: Wenn eine Führungskraft einen neuen Kurs einschlägt, benötigt sie "Mitstreiter", die ihrer Vision vertrauen und diese auch gegenüber Kollegen vertreten. Besteht jedoch der berechtigte Verdacht, dass "der Chef" bald wieder geht, haben Mitarbeiter oft Angst: Wenn ich mich zu klar positioniere, komme ich, wenn der "Patron" weg ist, "unter die Räder". Also machen sie bei Veränderungsvorhaben zwar formal mit, um nicht als Blockierer zu gelten. Sie achten aber darauf, sich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen, um es sich mit niemandem zu verscherzen.

Beziehungen aufbauen: Führung basiert auf Vertrauen. Eine Voraussetzung hierfür ist ähnlich wie in einer Liebesbeziehung: Die Mitarbeiter können davon ausgehen, dass die Beziehung länger hält. "Lebensabschnittspartner" genießen nie das volle Vertrauen des Partners. Die Bereitschaft, sich dem Chef "hinzugeben", wächst mit der Annahme, dass dieser eine längere Zeit bleibt.

Fachkompetenz aufbauen: Aufgrund der kurzen Verweildauer in den einzelnen Funktionen fehlt vielen Führungskräften das Fach-Know-how, um das Geschäft wirklich zu verstehen. Ihr Wissen über Produkte und Prozesse, Kunden und Mitarbeiter ist oberflächlich. Die Folge: Der Manager verkommt zu einem "Administrator" des Bereichs.