Geld verdienen mit dem Internet der Dinge

Geschäftsideen für das Internet of Things (IoT)

13.05.2015
Von 
Klaus Hauptfleisch ist freier Journalist in München.

Smart Grid und E-Mobilität

Rund um die eigene Edison-Plattform hat Intel 2014 einen mit 500.000 Dollar dotierten Wettbewerb für interessante Wearable-Ideen ausgeschrieben. In den zehn Finalistenteams waren auch mehrere Deutsche.
Rund um die eigene Edison-Plattform hat Intel 2014 einen mit 500.000 Dollar dotierten Wettbewerb für interessante Wearable-Ideen ausgeschrieben. In den zehn Finalistenteams waren auch mehrere Deutsche.
Foto: Intel

Um von teuren Kraftwerkskapazitäten und Lastspitzen loszukommen, sollen verbrauchsintensive Geräte automatisch den günstigeren Nachtstrom nutzen, was bei Warmwasserspeichern zum Beispiel heute schon empfohlen wird. Und dies wird auch ein Stück weit die Zukunft der Elektromobilität bestimmen. Die Elektroautos sollen nach Plänen der Bundesregierung nicht nur von fossilen Brennstoffen mit den damit einhergehenden Umweltschäden und Abhängigkeiten ablenken, sondern auch als fahrende Stromspeicher dienen. Das täte heute schon Not, denn an besonders sonnen- oder windreichen Tagen sind die Stromnetze wegen fehlender Speicherkapazitäten so überlastet, dass diese zusammenzubrechen drohen. Im Sommer müssen die Betreiber Strom aus Bayern vor allem bei großen Abnahmemengen an Pumpspeicherwerke in Österreich verschenken oder sogar noch draufzahlen.

Elektro- oder Hybridautos könnten über Schnellladestationen in der Nähe der Arbeit diese Überschussmengen auffangen und die nicht verbrauchte Energie abends zu Zeiten des Spitzenverbrauchs ins Netz speisen, um später dann über den günstigen Nachtstrom wieder aufgeladen zu werden. Geplant sind bis 2020 rund 86.000 Elektrozapfsäulen, ausgehend von 1.500 Ende 2013.

Haben es Besitzer von Erdgasautos schon schwer genug, eine funktionierende Zapfsäule zu finden, scheint es für E-Mobilisten schon fast unmöglich. Aber ein Berliner Startup namens PlugSurfing verspricht mit einer eigenen App Hilfe. Die PlugSurfing-App zeigt nicht nur die rund 15.000 gelisteten Ladestationen in Europa und rund 2.000 deutschen in Echtzeit an, sondern nimmt dem Kunden im Zusammenspiel mit einem RFID-Schlüsselanhänger auch die Bezahlmodalitäten bei den verschiedenen Anbietern wie RWE, Eon, Vattenfall und Co. ab. Denn der Schlüsselanhänger zum Preis von 8,95 Euro ersetzt die sonst üblichen RFID-Karten. "Wir teilen den Gewinn mit den Ladestationsanbietern. Unser Ziel ist es, 2016 profitabel zu sein. Derzeit ist dies noch nicht möglich, sodass wir kreativ darin sein müssen, unsere Kosten niedrig zu halten", teilt PlugSurfing mit.

Die Vision vom sich selbst auffüllenden Kühlschrank

Von der personalisierten Kundenansprache träumen heute viele Handelshäuser und ihre IT-Partner. Nicht zuletzt deshalb hat Facebook gerade die Nutzungsbedingungen geändert hat, heißt es. Hersteller von Public Displays arbeiten seit langem an entsprechenden Digital-Signage-Lösungen für Einkaufszentren, Bahnhöfe und Flughäfen etwa. Noch in der Findungsphase findet sich diese von Toshiba mit Sonys TransferJet für den Informations- und Datenaustausch auf kurze Entfernungen.
Von der personalisierten Kundenansprache träumen heute viele Handelshäuser und ihre IT-Partner. Nicht zuletzt deshalb hat Facebook gerade die Nutzungsbedingungen geändert hat, heißt es. Hersteller von Public Displays arbeiten seit langem an entsprechenden Digital-Signage-Lösungen für Einkaufszentren, Bahnhöfe und Flughäfen etwa. Noch in der Findungsphase findet sich diese von Toshiba mit Sonys TransferJet für den Informations- und Datenaustausch auf kurze Entfernungen.
Foto: Toshiba

Ein intelligentes Stromnetz berücksichtigt also auch Tageszeiten, an denen über Sonne oder Wind der Markt mit billigem Ökostrom übersättigt ist und teilt dies dem Smart Meter im Haus mit. Der intelligente Stromzähler wiederum teilt der Waschmaschine und dem Tiefkühler mit, sich in Gang zu setzen oder auf Hochtouren zu laufen. Vieles davon ist heute schon Realität, denn oben genannte Haushaltsgerätehersteller und andere haben längst Lösungen auf den Markt gebracht, um ihre weiße Ware in Smart Grids einzubinden.

Die Geräte sind natürlich noch im gehobenen Preissegment angesiedelt, werden aber auch dank Zutuns der koreanischen Riesen Samsung und LG zunehmend bezahlbar, so dass sich daraus auch für Dritte neue Geschäftsmodelle erschließen. Seit vielen Jahren im Gespräch ist die Vision vom sich selbst auffüllenden Kühlschrank. Technisch ist das überhaupt kein Problem mehr. Aber wer will, abgesehen von den Mehrkosten für das Gerät, schon ständig wechselnde Lieferanten in den eigenen vier Wänden haben? Lohnenswerter scheint da schon der Aufbau eines automatischen Lieferservices für klassische "Kellerware" wie Getränke oder Konserven.

Handel im Wandel

Unter dem Namen „Wo ist Lilly?“ entwickelt und vertreibt ein junges Berliner Unternehmen GPS-Tracker für Kinder, Katzen und Hunde. Ähnliche Produkte werden auf der Alm auch für frei weidende Kühe eingesetzt.
Unter dem Namen „Wo ist Lilly?“ entwickelt und vertreibt ein junges Berliner Unternehmen GPS-Tracker für Kinder, Katzen und Hunde. Ähnliche Produkte werden auf der Alm auch für frei weidende Kühe eingesetzt.
Foto: Wo ist Lilly

Die Nachbestellung von Tintenpatronen auf Knopfdruck ist eine der möglichen Anwendungen für das Internet der Dinge. Gilette beziehungsweise Procter & Gamble hat die Idee aufgegriffen und in einen anderen Markt transformiert. Zusammen mit dem Hamburger Startup Perfect Shops wurde eine Box mit M2M-Modul der Deutschen Telekom entwickelt, welche die Nachbestellung von Rasierklingen für die Männer-Wunderwaffe Fusion ProGlide auf Knopfdruck ermöglicht. Ob der Service angenommen oder genutzt wird, steht auf einem anderen Blatt. Aber es ist Beispiel für eine lauffähige eigene Geschäftsidee, wobei die meisten davon tatsächlich aus dem Umfeld der Startups zu kommen scheinen.

Ein anderes Hamburger Jungunternehmen namens Yoints hat im Vorfeld der IFA 2014 schon für Aufsehen gesorgt, weil es eine Bonus-App entwickelt hat, mit der Kunden beim Betreten eines Partnershops, beim Einscannen und Bezahlen von Produkten an der Kasse Treuepunkte sammeln können, um sich Prämien zu sichern. Beim automatischen Punktesammeln am Eingang, wie zunächst von einer Reihe von Geschäften am Hamburger Flughafen erprobt, setzt Yoints auf eigene Beacons, yBeacons genannt, ähnlich den iBeacons von Apple, basierend auf Bluetooth 4.0 (Bluetooth Low Energy). Vorteil dieser unter anderem von digitalSTROM und iHaus als Anbieter im Smart-Home-Umfeld genutzten Technologie ist, dass sich mit den Beacons (wörtlich Leuchtfeuer) je nach Entfernung bestimmte Aktionen verknüpfen lassen, sofern ein Sender (Smartphone oder Smartwatch) in die Nähe gebracht wird. So braucht man beim Betreten eines Raumes nicht alle Schalter zu betätigen, damit sich das Licht und die Sonos-Musikanlage zum Beispiel einschalten.

Über solche Beacons oder ähnliche Technologien, TransferJet von Sony etwa für die Nahbereichskommunikation, lässt sich auch eine personalisierte Kundenansprache herstellen. Es gibt schon Gedankenspiele in die Richtung, dass der Kunde beim Vorbeigehen an einem Public Display für Retail Signage ein auf ihn persönlich zugeschnittenes Angebot sieht. Abgesehen davon, dass das in Geschäften oder Shopping Malls mit großem Andrang einen sehr stark nervenden ständigen Bildwechsel zu Folge hätte, möchte wohl keiner der vielen stolzen Dreitagebart-Träger darauf hingewiesen werden, dass die Nassrasierer drei Reihen weiter zu finden sind. Daher scheint der von Toshiba für TransferJet erdachte Ansatz erfolgversprechender. Hier muss der Kunde wie bei bisherigen Signage-Lösungen mit Knopf oder Touchscreen ganz nah an die Schautafel herantreten, um Informationen und Daten über das Smartphone abrufen oder sogar weitergeben zu können.

Der 1981 als "Rucksackgroßhandel" gestartete Edel-Edeka Simmel mit Märkten in Sachsen, Thüringen und Bayern setzt auf einen Mix aus hochqualitativer Kundenbetreuung und weitgehender Automation, wo Herr und Frau Jedermann auch selbst die Ware über den Barcode-Scanner führen und gleich bezahlen können. Dabei kommen auch elektronische Preisschilder zum Einsatz, wie sie Rewe ebenfalls eingeführt hat und die Preisanpassungen im Sekundentakt ermöglichen. Von da aus ist es nicht mehr weit, jedem Kunden eigene Angebote aufs Smartphone zu schicken. Edeka hat eine entsprechende App schon entwickelt. Und wer es mag, kann sich diese auch über eine Smartwatch anschauen.

Wearables sind mehr als nur Gimmicks

Medizintechnik und Gesundheit sind das absatz- und umsatzstärkste Segment für Wearables. In der Radio-Onkologie des Universitätsspitals Zürich setzt man für die Atem-Selbstkontrolle der Patienten im CT auf die Moverio BT-100 genannte Datenbrille von Epson.
Medizintechnik und Gesundheit sind das absatz- und umsatzstärkste Segment für Wearables. In der Radio-Onkologie des Universitätsspitals Zürich setzt man für die Atem-Selbstkontrolle der Patienten im CT auf die Moverio BT-100 genannte Datenbrille von Epson.
Foto: Epson

Wie oben schon angedeutet, werden Wearables mehr und mehr als Consumer-Gimmicks gesehen. Die tragbaren Technologien haben aber durchaus ernstzunehmende Hintergründe. Entwickelt wurden sie unter anderem für die Raumfahrt, Geheimdienst und militärische Zwecke - James Bond lässt grüßen. Datenbrillen wie die von Epson, Google (Glass) und Metaio wurden zum Beispiel als anfangs noch sehr teure Hilfsmittel für freihändiges Arbeiten vornehmlich in der Industrie, Logistik und bestimmten Handwerksberufen eingesetzt. Gepaart mit Augmented Reality entstehen derzeit viele neue Geschäftsideen. Mit verschiedenen Einsatzszenarien wie der Wartung zum Beispiel sind die Automobilhersteller hier auch wieder mit an vorderster Front dabei.

Selbst die vielen Fitnessarmbänder, die heute den Consumer-Markt überschwemmen, kommen eigentlich aus der Business-Ecke, genauer aus dem Bereich Medizintechnik und Gesundheitswesen. So will laut Medienberichten Generali als erster großer Versicherer in Europa voraussichtlich noch in diesem Jahr mit einem an eine Fitness-App gekoppelten günstigeren Tarif locken. Das ist wiederum ein Beispiel, wie das Internet der Dinge mit all seinen Möglichkeiten auch an ethisch-rechtliche Grenzen stoßen kann. Prompt gab es auch Verbraucherschützer, die gegen diese Pläne Bedenken anmeldeten.

Fazit

Wie die vielen Startups zeigen, die plötzlich wie aus dem Nichts entstehen, bietet das Internet der Dinge mit den verwandten Themen M2M, Smart Home und Wearables viel Raum für neue Geschäftsideen. Manche müssen wohl erst noch entdeckt werden, manche sind zu verrückt, um langfristig tragfähig zu sein, viele werden wohl auch an anderen Gründen scheitern. Und manche Idee, dürfte auch aus Verzweiflung geboren werden, da eine Lösung für ein dringendes Problem gewünscht wird.