Beratergeschichten

Geschäfte in Shanghai: Mit Karaoke läufts besser

03.06.2010

Ohne Vitamin B läuft nichts in Asien

Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps - als Preuße kennt er den Spruch, der das deutsche Arbeitsethos auf den Punkt bringt. Die strikte Trennung zwischen Job und Freizeit funktioniert in China nicht. Hier verbringt man auch privat viel Zeit miteinander. Gemeinsame Essen, Karaoke-Abende, Sportveranstaltungen, Oper- und Theateraufführungen - in China sind sie, mehr als anderswo, die eigentlichen Foren, in denen Geschäfte gemacht werden. Leidloff weiß: Ohne Netzwerk ist man nichts in Asien. Auch das hat er in den letzten Monaten gelernt. Genauso wie das ungeschriebene Gesetz, niemals sofort zum Geschäftlichen zu kommen. Die Kunst, Umwege zu gehen, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren; sich Zeit zu lassen für wichtige Entscheidungen - sie ist es, die Leidloff bewundert.

Leidloffs persönlicher Kulturschock

Er ist gern hier, liebt es, immer wieder aufs Neue mit einer Welt konfrontiert zu werden, die so anders ist als die eigene. "Als ich das erste Mal am Flughafen stand, habe ich meinen ganz persönlichen Kulturschock erlebt", erinnert er sich. Er war überrascht, dass in der 16-Millionen-Metropole kaum Englisch gesprochen wird. Viele hier sind zugewanderte Landarbeiter. Nur eine kleine intellektuelle Oberschicht spricht Fremdsprachen. Auf der Fahrt zum Hotel dann der "Schock": der Verkehr, der keiner Ordnung zu folgen schien. Leidloff, der wie jeder Europäer verinnerlicht hat, dass die Abwesenheit von Regeln zwangsläufig zum Chaos führen muss, war sich sicher: Die Unfallzahlen müssen immens sein. Er hat sich geirrt. "Chinesen achten nicht auf Regeln, sondern auf ihre Umgebung", erklärt er. Wo der Europäer stur auf seiner Vorfahrt beharre, beobachte man hier genau die Situation und passe sich ihr an. Deshalb gebe es auch nicht mehr Unfälle als dort, wo man an die Allmacht von Vorschriften und Regeln glaubt.

Es ist das Spiegelbild der chinesischen Kultur: Rücksicht und das genaue Beobachten des Gegenübers sind wichtig, um hier vorwärts zu kommen. Im Privaten genauso wie im Geschäftlichen. Vieles in Fernost entzieht sich der Ratio des Westens - und begeistert Leidloff gerade deshalb. So sehr, dass er seinen Aktionsradius ausweiten will. Kuala Lumpur und Singapur haben es ihm angetan.

Der Text über Andreas Leidloff findet sich in dem Buch "Helden für den Mittelstand", herausgegeben von Herbert Vogel und Dieter Schoon, itelligence AG, 176 Seiten, deutsch- englisch, Axel Dielmann-Verlag KG Frankfurt am Main, ISBN 978-3-86638-145-2.