Genehmigung von Atlas und Phoenix wird immer wahrscheinlicher Ron Sommer schluckt bittere Pille in Gestalt alternativer Netzwerke

29.09.1995

WASHINGTON D.C./BONN (CW) - Bundespostminister Wolfgang Boetsch hat in den USA erneut versucht, gut Wetter in Sachen Liberalisierung des deutschen Telecom-Marktes zu machen. Telekom und France Telecom sind indes - wohl aufgrund des zunehmenden politischen Drucks - nunmehr bereit, einer vorzeitigen Freigabe alternativer Netze durch die deutsche respektive franzoesische Regierung zuzustimmen. Beide Carrier haben zudem bei der EU-Kommission fristgerecht neue Vorschlaege zur konzeptionellen Gestaltung ihres Joint-ventures Atlas eingereicht.

In den Vereinigten Staaten herrschen offenbar immer noch grosse Vorbehalte gegenueber der deutschen Telecom-Politik. Boetsch hat jedenfalls, wie er selbst einraeumte, bei seinen US-amerikanischen Gespraechspartnern erneut Zweifel am festen Liberalisierungswillen der Bundesregierung ausraeumen muessen. Wesentlicher Zankapfel zwischen Deutschen und Amerikanern ist immer noch die aus den 30er Jahren stammende Sperrklausel, wonach auslaendische Beteiligungen an amerikanischen Unternehmmen im Telecom-Bereich auf maximal 20 Prozent beschraenkt sind.

Sowohl der amerikanische Handelsbeauftragte Mickey Kantor als auch der Vorsitzende der Nationalen Aufsichtsbehoerde Federal Communications Commission (FCC), Reed Hunt, machten deutlich, dass die USA ihren Telecom-Markt fuer die Europaeer nur oeffnen (und damit auch die Beteiligung von Telekom und France Telecom an Sprint genehmigen), wenn amerikanische Unternehmen ihrerseits ungehinderten Marktzugang auf dem Alten Kontinent erhielten. Die Amerikaner draengen hier vor allem auf die Freigabe alternativer Netze in Frankreich und Deutschland vor 1998, um kuenftigen Wettbewerbern der Deutschen Telekom rechtzeitig die Moeglichkeit zur Errichtung eigener Infrastrukturen zu geben.

Waehrend die franzoesische Regierung immer noch einen sehr verhaltenen Liberalisierungskurs faehrt, hatten die Boetsch-Beamten bereits weitreichende Vorschlaege unterbreitet, die aber vom Regulierungsrat bis dato abgelehnt werden. Unabhaengig davon haelt Boetsch, wie er in Washington betonte, an seinen Plaenen fest - dies um so mehr, da auch ein EU-Richtlinienentwurf die Genehmigung alternativer Netze vorsieht. Der Regulierungsrat wird sich daher demnaechst erneut mit einer entsprechenden Vorlage von Boetsch beschaeftigen muessen. Die notwendigen gesetzlichen Regelungen koennten bis zum 1. Oktober 1996 oder 1. Januar 1997 getroffen werden, war aus deutschen Delegationskreisen zu hoeren.

Unterdessen sind nach Angaben des Wirtschafts-Informationsdienstes "vwd" sowohl die Telekom als auch France Telecom bereit, die Oeffnung alternativer Netze durch die deutsche und franzoesische Regierung "zu unterstuetzen". Gleichzeitig haben beide Carrier der EU-Kommission eine "angemessene Loesung fuer das Problem Info AG" in Aussicht gestellt, deren Integration in das Joint-venture Atlas auf Vorbehalte in Bruessel stoesst. Darueber hinaus soll Wettbewerbern ein diskrimierungsfreier Zugang zu den Datennetzen beider PTTs gewaehrt werden.

Diese weitergehenden Aenderungen sind, wie es in Bonn hiess, fristgerecht zum 15. September bei der EU-Kommission eingereicht worden, um moeglichst schnell die Genehmigung der Joint-ventures Atlas und Phoenix zu erreichen. Sowohl die FCC als auch das von Karel van Miert angefuehrte Wettbewerbskommissariat in Bruessel muessen bekanntlich der geplanten globalen Allianz zwischen Telekom, France Telecom und Sprint zustimmen. Bereits im Juni hatten Telekom und France Telecom die Atlas-Vertraege leicht modifiziert, konnten damit aber die Bedenken in Bruessel nicht ausraeumen. Die jetzt grundlegend andere Position der Telekom, die Freigabe alternativer Netze vor der allgemeinen Marktoeffnung in zwei Jahren zu akzeptieren, erleichtere vieles, hiess es in Bonn und Bruessel.