Arbeitnehmer in Deutschland besitzen ein erschreckend lückenhaftes Wissen darüber, wie man in Unternehmen erfolgreich Karriere macht. Dies ist das überraschende Ergebnis einer aktuellen Studie des Karriere-Experten Christoph Burger. Egal ob es um Gehaltsforderungen geht, um die Beachtung von Hierarchien oder um die Flexibilität bei der Job-Suche - die richtigen Antworten auf wesentliche Karrierefragen kennt der Untersuchung zufolge nur eine schmale Minderheit.
Mit insgesamt 40 Fragen klopfte Christoph Burger das Basis-Know-how für die Karriere ab. Selbst der beste Teilnehmer konnte lediglich 65 Prozent gestellten Fragen beantworten. Im Durchschnitt waren es gerade mal 41 Prozent. Dabei waren die anonym getesteten Personen fachlich äußerst kompetent: Zwei von drei hatten Führungserfahrung und knapp die Hälfte brachte einen professionellen Bezug zu Karrierethemen mit - und arbeitete beispielsweise als Jobcoach oder Mitarbeiter einer Personalabteilung.
Der erste Führungsjob kommt vor der Führungsschulung
Beispielsweise sollten die Befragten beurteilen, ob man in der Regel auf einen Führungsjob vorbereitet wird. Fast alle nahmen an, daran erkenne man ein gutes Unternehmen. Lediglich 13 Prozent lagen richtig: "In der Realität kommt der erste Führungsjob meist deutlich vor der ersten Führungsschulung. Manche ergreifen die sich bietenden Chancen. Wer dagegen erst eine Schulung fordert, bevor er Personalverantwortung übernimmt, wird wohl ewig auf die Karriere warten", erläutert Burger die Praxis.
Selbst das Verständnis dafür, wie Firmen-Hierarchien funktionieren, fehlt Deutschlands Arbeitnehmern heutzutage. Die klare Mehrzahl der Studienteilnehmer nimmt an, sie könnten am Chef vorbei Karriere machen. "Karrierewillige Mitarbeiter sollten sich eher am wahren Nutzen für ihr Unternehmen orientieren als an ihren schlechten Chefs", hieß es in einer Aussage. Die Mehrheit stimmte idealistisch, aber leider ziemlich naiv zu. Lediglich acht Prozent lehnten das Übergehen des Chefs - richtigerweise - ab. Laut Burger, der Lehrbeauftragter für Karrierefragen an der Universität Mannheim ist, gilt nach wie vor eine ziemlich klassische Grundbedingung für fast jede Karriere: "Der Chef hat das letzte Wort, weil er seinen Bereich verantwortet. Das erfordert von den Mitarbeitern keine blinde menschliche Unterordnung, wohl aber ein Verständnis für die Hierarchie."
So wird man zum Top-Verdiener
Eine andere Aussage des Tests war: "Wer mehrmals befördert wird, wird automatisch zum Top-Verdiener." Lediglich zwölf Prozent lagen richtig und stimmten zu. Christoph Burger dazu: "Ein Vorgesetzter verdient immer mehr als seine Mitarbeiter. Wer also mehrmals befördert wird, steigert sein Gehalt automatisch sehr deutlich über den Schnitt - das gilt letztlich auch dann, wenn das Startgehalt recht niedrig war. Führungsverantwortung und Beförderung zahlen sich aus."
- Sie reden zu leise
Wie unangenehm vielen Arbeitnehmern die Gehaltsverhandlung ist, merkt man besonders an der leisen Stimme. Die Autorin Friedrichsen rät: "Treten Sie nicht als Mäuschen auf. Formulieren Sie Ihre Argumente klar und deutlich, kurz und prägnant." - Sie hören nur halb zu
Wer nach dem ersten Satz des Gegenübers bereits über seine Antwort nachdenkt, verschenkt wichtige Informationen und produziert nicht selten Missverständnisse. - Sie schauen Ihrem Gegenüber nicht in die Augen
Sie sehen während des Gesprächs zum Fenster oder gucken zu Boden? Das suggeriert mangelndes Selbstbewusstsein - oder gar Desinteresse. - Sie haben keine Agenda
Sie sind schlecht vorbereitet und haben sich kaum Gedanken über das Gespräch gemacht? Dann ist der Ausgang vorprogrammiert: Unstrukturierte Gespräche führen zu vagen Ergebnissen. - Sie haben Ihren Verhandlungspartner vorher nicht genügend informiert
Wenn Ihr Verhandlungspartner nicht weiß, worum es geht, fühlt er sich möglicherweise überrumpelt und macht im Zweifelsfall die Schotten dicht. - Sie lassen dem Gegenüber zuviel Raum
Geben Sie das Ruder nicht aus der Hand. Ergreifen Sie die Initiative, lenken Sie durch gezielte Fragen immer wieder geschickt auf Ihr Verhandlungsziel über. Achtung: Das heißt nicht, dass Sie die ganze Zeit reden sollen. Sie sollen nur die Verhandlung steuern. Das geht sogar oft besser, wenn Sie weniger reden. - Sie geben Ihre besten Argumente schon zu Beginn preis
Verschießen Sie Ihr Pulver nicht auf einmal. Spielen Sie Ihre Trümpfe nach und nach gezielt aus, halten Sie den Joker möglichst lange in der Hand. - Sie ignorieren Einwände
Versuchen Sie nicht, Zweifel zu vertuschen. Nehmen Sie Kritik des anderen besser selbst vorweg ("Sie scheinen an den Ergebnissen zu zweifeln . . . ") oder fragen Sie nach Problemen ("Was spricht gegen mein Argument?"). - Sie haben keinerlei Verhandlungsspielraum eingeplant
Sich ein Ziel zu setzen, ist oberstes Gebot jeder Verhandlung. Wer dieses Ziel jedoch stur verfolgt, muss damit rechnen, dass auch der Partner auf stur schaltet. Überlegen Sie sich vorher, auf welche Kompromisse Sie sich einlassen können und wo Ihre Schmerzgrenze liegt. - Sie sprechen "Absolutbotschaften" und "Killerphrasen" aus
Begriffe wie "jeder", "alle", "immer", "ständig", "pausenlos", "nie" und so weiter sind Gesprächskiller. Vermeiden Sie diese! - Sie verlieren die Fassung
Lassen Sie sich nicht zu barschen Äußerungen hinreißen, wenn Sie Ihr Gegenüber auf die Palme bringt. "Bist du wütend, zähl bis vier, hilft das nicht, dann explodier": Wer den Tipp von Wilhelm Busch befolgt, kommt um einen destruktiven Wutausbruch meist herum. - Der Lektüretipp
Wer sich umfassender mit dem Thema Gehaltsverhandlung befassen will, dem empfehlen wir die Lektüre des Buches "Die erfolgreiche Gehaltsverhandlung" von Heike Friedrichsen. Die Autorin gibt umfassende Tipps rund um Gehaltsgespräche für Einsteiger, Aufsteiger und Umsteiger. Das Buch ist in der Reihe "Pocket Business" bei Cornelsen erschienen und kostet 6,95 Euro (ISBN 978-3-589-23471-4).
Falsch eingeschätzt wurde auch das Thema Ausland. "Auslandsaufenthalte sind in aller Regel ein geeignetes Mittel, um die Karriere zu fördern", nahmen die meisten an - und lagen damit prompt falsch. "Denn ein Auslandsaufenthalt kann die Karriere durchaus auch hemmen", meint Burger. "Beispielsweise, wenn er zu lange andauert und es keinen Rückkehrplan gibt." Sein Fazit: "Das Wissen über Karrierefragen nimmt man offensichtlich nicht nebenbei mit, etwa während der eigenen Führungspraxis. Es muss gezielt erworben werden."
Die Studie ist Bestandteil der neusten Buchproduktion Christoph Burgers. Sein Titel "Karriere ohne Schleimspur - Wie Sie Charakter zeigen und trotzdem Erfolg haben", erschien Ende Februar 2012 im Linde Verlag. Darin zeigt der Experte, der seine Praxis in Herrenberg bei Stuttgart unterhält, zeitgemäße Wege auf, Karriere und Privatleben in Einklang zu bringen. (kf)