Geheimhaltungsinteresse an Programmbeschreibungen

10.05.1985

UWG-°18-1 Urteil des LG Würzburg vom 17. Dezember 1981 (IO 829/81 H)

Das Urheberrecht schützt grundsätzlich nur die Darstellung, nicht das in einem Programm enthaltene know-how. Insofern kann das Wettbewerbsrecht den Programmlieferanten schützen. Das LG Würzburg hat entschieden, daß Programme Vorlagen oder Vorschriften technischer Art sind: Damit ist der Weg für den Schutz des in Programmen enthaltenen Know-how grundsätzlich geebnet.

Tatbestand

"Die Klägerin zu 1) vertreibt einen Börsencomputer, bestehend aus dem eigentlichen Computer und dem vom Kläger zu 2) entwickelten Programm. Die Kläger sind an der Ge(...)mhaltung des Programms interessiert, weil der Börsencomputer nur Erfolgschancen hat, solange lediglich eine begrenzte Zahl von Börsenanlegern nach diesem Programm verfährt. Der Beklagte zeigte Interesse an dem Börsencomputerprogramm und erhielt auch die . . . Analysis" (Beschreibung der Algorithmen) "über das . . . System.

Die Kläger tragen vor: Bei einer Demonstration des Börsencomputers im Herbst 1980 habe der Beklagte die bei der Demonstration ausgedruckten Rechenstreifen an sich genommen. Bei einem Ferngespräch am 30. 12. (1980) habe der Beklagte gesagt, er sei nie an dem System interessiert gewesen, es sei ihm darum gegangen, Material zu sammeln, um als eine Art Warentester publizistisch über diese Art von Börsencomputern schreiben zu können....

Bei einem zweiten Ferngespräch habe der Kläger zu 2) versucht, dem Beklagten klarzumachen, daß er die nicht gekauften Unterlagen und Erkenntnisse nicht verwenden dürfe. Der Beklagte habe erklärt, daß er auf der Basis des Systems, in Verbindung mit einem ähnlichen amerikanischen System, ein eigenes System entwickelt habe.

Im Dezember 1980 habe der Beklagte das Computersystem an Herrn K 1 verkauft.

Der Beklagte trägt vor: Auf eine Geheimhaltungspflicht sei nicht hingewiesen worden. Bei der Demonstration des Börsencomputers habe er zwar Streifen in der Hand gehabt, er habe sie aber wieder weggeworfen.

Das Gericht gab der Klage mit folgendem Tenor statt:

"Dem Beklagten wird bei Meidung . . . verboten, zu Zwecken des Wettbewerbs oder aus Eigennutz den Text der . . . Analysis über ,Das . . .System' ganz oder auszugsweise, wörtlich oder sinngemäß zu veröffentlichen, veröffentlichen zu lassen oder sonst Dritten zugänglich zu machen,

oder

die aus der . . . Analysis gewonnenen Erkenntnisse, namentlich die zugrundeliegenden mathematischen Formeln und Computerprogramme in Zeitungs- oder Zeitschriftenaufsätzen zum Gegenstand öffentlicher Darstellung zu machen oder die aus der Analysis gewonnenen Erkenntnisse in sonstiger Weise Dritten zugänglich zu machen."

Entscheidungsgründe

"Die auf °° 1, 18 UWG, °1004 BGB, ° 890 ZPO gestützte Unterlassungsklage ist begründet.

Unzulässig ist es, im geschäftlichen Verkehr anvertraute Vorlagen oder Vorschriften technischer Art zu Zwecken des Wettbewerbs oder aus Eigennutz unbefugt zu verwerten. Die Kläger haben an der Geheimhaltung der Analysis ein berechtigtes Interesse, eine unbefugte Verwertung zu Zwecken des Wettbewerbs oder aus Eigennutz verstößt gegen °18 UWG. Geschützt wird die gänzliche oder teilweise Verwertung, ° 18 UWG greift aber auch ein bei einer freien Bearbeitung unter Benutzung der Vorlagen. Bei einer unbefugten Verwertung zu Zwecken des Wettbewerbs besteht ein Abwehranspruch nach °° 1, 18 UWG und bei einer unbefugten Verwertung aus Eigennutz besteht ein Abwehranspruch nach °1004 BGB (vgl. Baumbach-Hefermehl: 13. Auflage; RZiffnu. 225 - 229 Einleitung UWG; RdZiffn. 18, 20 zu ° 17 UWG; RZiffn. 5, 6 zu ° 18 UWG)." Das Gericht hielt die angeblichen Ankündigungen des Beklagten in den Telefongesprächen nicht für erwiesen, wohl aber den Verkauf eines nicht näher definierten Börsen-Programms an K 1.

"Ob bei diesem Börsen-Computerprogramm die Analysis verwendet wurde, kann dahinstehen, denn allein die Tatsache, daß der Beklagte zumindest in einem Einzelfall ein Börsencomputerprogramm verkauft hat, gibt zu der ernsten Besorgnis Anlaß, daß er künftig die aus der Analysis gewonnenen Erkenntnisse verwertet und Dritten zugänglich macht."

Anmerkung:

1. Bleibt anzumerken, daß das OLG Bamberg Versäumnisurteil gegen die - in erster Instanz siegreichen - Kläger erlassen hat. Diese hatten die Sache nicht mehr verfolgt. Den Akten ist zu entnehmen, daß der Zeuge eine Falschaussage gemacht haben soll.

2. Der Begründung hätte bedurft, daß solche Beschreibungen der dem Programm zugrundeliegenden mathematischen Formeln , Vorlagen oder Vorschriften technischer Art im Sinne von ° 18 UWG seien. Denn im Patentrecht wird ihnen der technische Charakter abgesprochen (s. Zahrnt, DV-Rechtsprechungssammlung PatG-°1-1ff).