Zeit der extremen Unterschiede ist vorbei

Gehälter konsolidieren sich

18.04.2003
MÜNCHEN - IT-Mitarbeiter müssen den Gürtel enger schnallen. Zwar können jüngere Einsteiger mit ein bis zwei Jahren Berufserfahrung etwas mehr verdienen als noch im Vorjahr, doch die Maximalgehälter befinden sich auf dem absteigenden Ast. Von CW-Mitarbeiterin Bettina Wirth

"Die Zeiten der Wildwest-Bedingungen sind vorbei", kommentiert Dieter Scheitor die aktuelle Gehaltsstudie der Gewerkschaft IG Metall (siehe Kasten "Zur Umfrage"). Während der Boom-Phase der New Economy erzielten Jobhopper Gehaltszuwächse von bis zu 30 Prozent, was in vielen Fällen zu starken Verzerrungen der innerbetrieblichen Gehaltsstruktur geführt habe, so der Teamleiter IT-Industrie bei der Metallergewerkschaft. Nun, da sich die Entgelte wieder auf ein Normalmaß einpendelten, gebe es weniger Ungerechtigkeiten. Scheitor warnt allerdings im gleichen Atemzug die Unternehmen, ihre Löhne nun nach unten wegkippen zu lassen: "Ein Arbeitgeber tut sich keinen Gefallen, wenn er Beschäftigte beliebig herunterhandelt. Bei den ersten Anzeichen einer anziehenden Konjunktur sind diese Mitarbeiter weg." Viele Studienteilnehmer scheinen hier das nötige Augenmaß walten zu lassen, denn in allen Berufsgruppen - vom Supportmitarbeiter über den Softwareentwickler bis zum IT-Consultant - haben sich Minimal- und Maximalgehalt angenähert, sprich: Der Minimallohn ist gestiegen, der Höchstverdienst meist gefallen. Begann beispielsweise im letzten Jahr ein Juniorberater mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt zwischen 29800 Euro und 51300 Euro, verdienen die Beratungsneulinge in diesem Jahr zwischen 30000 und 47700 Euro. Auch nach mehreren Jahren Berufserfahrung sind die Unterschiede zwischen minimalem und maximalem Verdienst längst nicht mehr so gewaltig: Verdiente ein Seniorberater beispielsweise im letzten Jahr noch zwischen 43000 Euro und 76300 Euro, bewegen sich die Gehälter 2003 zwischen 47300 und 67100 Euro.

Trotz niedrigerer Maximalgehälter zählen die Berater allerdings immer noch zu den Bestverdienern der IT. Nur Vertriebsprofis bekommen - sobald sie den Juniorlevel verlassen - im Durchschnitt mehr: Ein Key-Account-Manager oder Großkundenbetreuer kann schon einmal auf 91600 Euro Jahresgehalt verweisen. Letztes Jahr belief sich laut Studie allerdings das maximale Firmendurchschnittsgehalt eines Seniorvertriebsbeauftragten noch auf 97700 Euro. Auch die Verkäufer müssen also in den oberen Regionen Einbußen akzeptieren. Besonders auf den Geldbeutel schlägt hier der Umstand, dass durch krisenbedingten Auftragsschwund die variablen Gehaltsbestandteile massiv zurückgegangen sind.

Auch in der Softwareentwicklung ist die Bandbreite zwischen niedrigstem und höchstem Firmendurchschnitt kleiner geworden: Ein System- und Anwendungsentwickler mit einigen Jahren Berufserfahrung verdient 51700 Euro im Jahr, wobei die Spanne von 39200 bis 69400 Euro reicht. Damit hat sich im Vergleich zum Vorjahr der Mittelwert kaum verändert (2002: 51500 Euro), die Kluft zwischen dem durchschnittlichen Minimallohn und dem Höchstverdienst ist jedoch wesentlich schmaler geworden. Laut der letztjährigen Analyse mussten sich erfahrene Softwareingenieure im unteren Verdienstbereich mit durchschnittlich 34300 Euro zufrieden geben, während das Topsalär gar bei 86200 Euro lag.

Projekterfahrung zahlt sich aus

Übernimmt ein Softwarespezialist mit langjähriger Berufserfahrung zeitweilig Projektleitungsaufgaben, zahlt sich das nach wie vor aus: Beschäftigte dieser Berufsgruppe verdienen im Mittel 60200 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist in dieser Jobfamilie nur der durchschnittliche Höchstverdienst: Während 2002 topverdienende Softwareingenieure 97100 Euro Jahresgehalt erzielten, kommen die Spezialisten in diesem Jahr nur noch auf maximal 78000 Euro. Projekt-Manager mit Führungsverantwortung beziehen ein gemitteltes Gehalt von 67500 Euro, Leiter von Großprojekten freuen sich über ein Jahresgehalt von durchschnittlich 70100 Euro.

Fielen im letzten Jahr in dieser Berufsgruppe riesige Spannbreiten von bis zu 50000 Euro zwischen dem durchschnittlichen Minimal- und dem Maximallohn auf, haben sich in diesem Jahr auch im Softwarebereich die Gehälter angenähert. Die niedrigsten und höchsten Gehälter von Projektleitern mit Verantwortung und fachlicher Leitung von Mitarbeitern variieren nur noch um rund 27000 Euro.

Zur Umfrage

Die Gehaltsstudie beruht auf 19000 Daten aus 31 IT- und Anwenderbetrieben mit insgesamt rund 45000 Beschäftigten. An der Studie beteiligten sich Ausrüster wie IBM, Fujitsu-Siemens und HP, Softwareanbieter wie Microsoft und die Software AG, IT-Dienstleister (beispielsweise T-Systems, Siemens Business Services) sowie Beratungshäuser. Ebenfalls in die Erhebung eingeflossen sind Daten von IT-Abteilungen aus Betrieben der Kfz-Zulieferindustrie sowie des Maschinenbaus. Neben deutschen Niederlassungen großer internationaler Unternehmen sind zahlreiche mittelständische Firmen und Kleinbetriebe vertreten. Regionale Schwerpunkte waren München/Augsburg, Frankfurt/Darmstadt, Stuttgart, Paderborn und Köln/Düsseldorf.

Bei der Auswertung wurden vertraglich abgesicherte Gehaltsbestandteile wie Urlaubsgeld, ein 13. Monatseinkommen oder Jahressonderzahlungen berücksichtigt. Die Berufe wurden in 14 Jobfamilien zusammengefasst.

Zu beziehen ist die vollständige Studie zum Preis von zehn Euro auf der Homepage der IG Metall: www.igmetall.de.

Abb: Durchschnittlicher Verdienst in der IT-Branche

Der Gehaltsunterschied von IT-Spezialisten aus verschiedenen Bereichen mit mehreren Jahren Berufserfahrung ist nicht groß. Ausnahme sind lediglich die Support-mitarbeiter. Quelle: nach IG Metall