Personalisierung/Kommentar

Geben und Nehmen

18.05.2001
Frank Niemann Redakteur CW

Statt nur einen schlichten Warenkorb oder einen Informationsmix für ein Massenpublikum ins Netz zu stellen, bieten Site-Betreiber ihrer Klientel Funktionen, um Web-Seiten individueller zu gestalten. Firmen garnieren ihre Sites zunehmend mit Personalisierungsmechanismen und erlauben so anderen Unternehmen, etwa Kunden, Zulieferern oder Kooperationspartnern einen gezielteren Zugang zu den Inhalten und Anwendungen.

Ohne Frage steigern personalisierte Online-Seiten den Nutzwert. Doch profitiert der Site-Betreiber weit mehr davon als der Surfer, lernt er doch über das Web seine Kunden besser kennen, als es mit herkömmlichen Fragebögen auf Papier möglich war, um Angebote effektiver platzieren zu können. Zwar sammeln die Firmen eine Fülle von Informationen, doch geben sie im Gegenzug wenig von sich selbst preis. Den Spielraum der Personalisierung bestimmt das Unternehmen, und so geht die individuelle Note oft nur soweit, wie es für die Steigerung der Verkaufszahlen erforderlich scheint.

Aber warum erfährt der Besucher nicht mehr über das Unternehmen hinter dem Web-Server, zu dem er eine persönliche Beziehung aufbauen soll? Gelegenheit gibt es genug, setzt aber Vertrauen voraus. So könnte ein Online-Versandhandel seine authentifizierten Kunden über Auslieferungstermine informieren und Gründe für Verzögerungen nennen. Netzdienstleister wären in der Lage, Anwender gezielter über technische Pannen hinweisen. Gerade in Problembereichen könnten Unternehmen ihre Klientel ins Vertrauen ziehen.

Von diesen Möglichkeiten machten die Web-Anbieter bisher jedoch kaum Gebrauch. Offene Kommunikation wird meist nur dann ein Thema, wenn es gilt, eine Public-Relations-Krise zu meistern. Daher wundert es nicht, wenn viele aufgeklärte Surfer allzu datenhungrigen Online-Sites die kalte Schulter zeigen, falls sich der Nutzen für ihre informationelle Freigebigkeit lediglich in zusätzlichen Angeboten erschöpft.