Merger oder Verkauf nicht völlig ausgeschlossen

GE Compunet wandelt sich zum Internet-Systemhaus

12.05.2000
MÜNCHEN - Verstärkt auf die Internet-Karte setzt künftig die GE Compunet Computer AG in ihrer Geschäftsausrichtung. Die General-Electric-Tochter will dabei vor allem eine führende Rolle als einschlägiger Dienstleister spielen und sieht sich mit den Ergebnissen des Geschäftsjahres 1999 bereits auf einem guten Weg.Von Beate Kneuse*

Mit einer Umsatzsteigerung von rund 20 Prozent auf knapp 2,7 (Vorjahr: 2,2) Milliarden Mark und einem Betriebsgewinn von 112 (101) Millionen Mark setzte GE Compunet 1999 neue Rekordmarken in seiner 16-jährigen Firmengeschichte. Darüber hinaus leistete der deutsche Vertreter der GE Capital IT Solutions (Gecits), Servicearm des US-Mischkonzerns General Electric, erneut den größten Beitrag zu den in Europa erzielten Getics-Einnahmen von umgerechnet 5,2 Milliarden Mark. Erfreut zeigte sich der neue Vorstandssprecher Johannes Meier - er löste in dieser Funktion mit Wirkung zum 1. Mai Hans-Dieter Koch ab, der nun als CEO von Gecits Europe gleichzeitig als Aufsichtsratschef von GE Compunet fungiert - vor allem über die gewachsenen Dienstleistungs-Erlöse. Sie legten um 34 Prozent von 494 auf 661 Millionen Mark zu. Zwar konnten sich die Münchner im vergangenen Jahr noch über eine Steigerungsrate von 38 Prozent freuen, doch Meier betonte, im Vordergrund stünde für GE Compunet nicht die prozentuale Wachstumsrate, sondern "die Qualität der Services".

Als einer der wesentlichen Wachstumstreiber erwies sich bei GE Compunet einmal mehr der Geschäftsbereich All Area Networking. Er kam 1999 auf 150 Millionen Mark und steigerte sich damit gegenüber den im Vorjahr erzielten 92 Millionen Mark um rund 65 Prozent. Anvisiert waren zwar 180 Millionen Mark; der neue Compunet-Frontmann gab sich aber dennoch zufrieden: "Unsere seit zwei Jahren getätigten Investitionen in die Ausbildung von Mitarbeitern zahlen sich immer mehr aus und befähigen uns, ein hohes Maß ein Integrationskompetenz zu liefern." Auch das Large-Server- und Storage-Geschäft kann sich sehen lassen. Hier erzielten die Münchner gegenüber 1998 fast eine Umsatzverdopplung von 165 auf 326 Millionen Mark. Ausschlaggebend hierfür sei, so Meier, die Verarbeitung immer größerer Datenmengen im Internet, die für eine entsprechende Nachfrage nach Rechner- und Speicherleistung samt Services sorge.

Ins Visier nimmt die GE-Compunet-Vorstandsriege jetzt vor allem auch neue Kundengruppen wie Internet-Service-Provider (ISPs) und die viel zitierten Dotcoms. "Viele Internet-Startups erzielen durch ihre Börsengänge hohe Wertsteigerungen, müssen dann aber auch in Sachen Produktivität Schritt halten", erklärte Meier das neue Business-Modell seiner Company.

Beim Aufbau der entsprechenden Corporate-Infrastrukturen sieht er sein Unternehmen jedenfalls künftig an vorderster Front mitmischen. Aufgrund besagter Integrationskompetenz und Allianzen mit Herstellern wie Sun Microsystems, Cisco Sytems und EMC sei man für die "technische Aufbauhilfe bei Newcomer-Firmen prädestiniert".

Meier stellte in diesem Zusammenhang klar, dass sich GE Compunet im Internet-Zeitalter zu den Unternehmen zähle, die sich vor allem mit höherwertigen Dienstleistungen sowie spezifischen Integrationsangeboten positionieren. Angesichts der ausgeprägten Handelsaktivitäten, die nach wie vor den Löwenanteil am Gesamtumsatz (1999 waren es 66 Prozent) ausmachen, eine anspruchsvolle Herausforderung. Schon im laufenden Jahr sollen die Service-einnahmen um weitere 30 Prozent zu nehmen. Hier sei man aber auch, wie der Compunet-Chef zugeben musste, Getriebener der Entwicklung. So dürften Hardware und standardisierte Dienstleistungen zunehmend über die elektronischen Marktplätze verkauft und in der Folge noch mehr unter Preisdruck geraten, gab sich Meier keinen Illusionen bezüglich des bisherigen Compunet-Kerngeschäfts hin. Gleichwohl wollen die Münchner bei der Produktbeschaffung via Web auch künftig ein gewichtiges Wort im Markt mitreden. Bereits jetzt habe man, so Meier, ein "signifikantes Transaktionsvolumen" auf dem SAP-Marktplatz Mysap.com aufzuweisen.

Wie ernst es GE Compunet mit dem neuen Anspruch des Internet-Dienstleisters ist, zeigte auch der Verkauf der Schulungsaktivitäten an die Kölner Prokoda AG Ende des vergangenen Jahres. "In diesem Markt zählt vor allem Größe", konstatierte der neue Vorstandschef. "Die hatten wir nicht, also haben wir uns einen Partner gesucht."

So erfolgreich die Münchner im Gecits-Verbund aber auch sind, ein Fragezeichen hinter den Zukunftsplänen der US-Konzernmutter General Electric (GE) in USA bleibt trotzdem. Angesichts der ausgeprägten Konzentrationstendenzen im IT-Dienstleistungsgeschäft kamen in den vergangenen Monaten immer wieder Gerüchte auf, GE wolle sich von diesen Aktivitäten trennen. Meier-Vorgänger Koch wollte vor Journalisten eine in diese Richtung gehende Entwicklung nicht völlig auschließen. Compunet könne durchaus "in den Fusionsstrudel geraten", und dabei stelle sich natürlich die Frage, wer die Mehrheit an einer neu formierten Gesellschaft halten werde. Allerdings wäre er schon "dramatisch überrascht", wenn in den nächsten zwei, drei Quartalen eine Fusion ins Haus stünde. "Getics steht nicht zum Verkauf", schob Koch nach. Dies war lange Zeit auch die Standardantwort von Debis-Systemhaus-Chef Karlheinz Achinger, bis unlängst die Deutsche Telekom zugriff.

* Beate Kneuse ist freie Journalistin in München.

Abb.: Wachstum: Beim Umsatz konnte GE Compunet stets kräftig zulegen, die Gewinne entwickelten sich bescheidener. Quelle: GE Compunet