Stiftcomputer Tablet PC auf der Comdex vorgestellt

Gates: Internet macht Software zum Service

17.11.2000
LAS VEGAS (ls) - Bill Gates machte sich in seiner Eröffnungsrede zur Comdex 2000 erneut stark für den PC. Ausgestattet mit neuer Software und Technik, erlaubten nur diese Rechner eine "Personalisierung des Internet". Generell werde Software, so Gates weiter, künftig verstärkt als Service angeboten.

Eigentlich überraschte nicht, was Gates zum "Fat-Client"-Konzept zu sagen hatte. Man brauche starke Clients ebenso wie starke Server. Das Internet aber habe die Desktops zu passiven Empfängern von Nachrichten degradiert - den dummen Terminals der Mainframe-Ära nicht unähnlich.

Allerdings zollte auch Gates dem auf der Comdex 2000 allgegenwärtigen Trend zu Internet-spezifischen Geräten Tribut. Er präsentierte den Prototyp eines "Tablet PC", den Microsoft "nicht vor Frühjahr oder Sommer 2002" auf den Markt zu bringen vorhat. Angesichts des Erscheinungstermins sind viele technische Details noch nicht festgelegt.

Der vorgeführte Stiftcomputer hat das Format eines Telefonbuchs, in dem ein etwa DIN A5 großer berührungsempfindlicher Farb-LCD-Bildschirm eingebettet ist. Als Betriebssystem ist das noch in Entwicklung befindliche "Whisper" vorgesehen. Die Netzverbindung erfolgt drahtlos.

Mehrfach vom Beifall des Comdex-Publikums unterbrochen, demonstrierte Gates einige Funktionen des Tablet PC für typische Office-Anwendungen.

So lassen sich nicht nur handschriftliche Notizen erfassen, sondern auch Dokumente so bearbeiten, dass zum Beispiel zusammenhängende Anmerkungen zu einem Dokument auch bei späteren Erweiterungen des Textes nicht verloren gehen. Mit dem Stift lässt sich bequemer an Texten, Tabellen oder Grafiken arbeiten als bisher mit der Maus.

"Think with ink!" propagiert Gates den Tablet PC. Um niemanden auf nostalgische Gedanken zu bringen, unterstrich seine Vorführung die Microsoft-Marketing-Parole "Go beyond paper!" Man darf gespannt sein, wie zuverlässig und vor allem wie lange (angesichts des großen Bildschirms) spätere Tablet PCs netzunabhängig arbeiten können.

Dem "passiven Publikationsmodell", das vom Thin-Client-Lager offenbar verfolgt werde, möchte Gates durch "Personalisierung des Internet" entgegenwirken.

Clevere Nutzung des Internet im Sinne des Microsoft-Chefs gestatte beispielsweise die nächste Version von "Office". Gemeint ist damit nicht etwa ein neues Feature wie Spracherkennung. Vielmehr ist es insbesondere die Technik "Smart Tags", mit der Anwender einfach dynamische Web-fähige Dokumente erstellen können. Ein Text erhält damit zum Beispiel automatische Links zu anderen Informationen im Firmennetz oder zu Websites.

Das wichtigste technische Mittel für eine aktivere Nutzung des Internet ist XML. Zugleich teilt Gates damit Seitenhiebe gegen Sun aus: XML werde "jenseits von Java" Erfolg haben, es sei "die Lingua franca der Internet-Ära". Er erklärte: "Entwickler möchten die Vielfältigkeit und Stärke des PCs mit der Spannweite des Internet kombinieren." Neue Tools wie "Visual Studio.NET" und das Beta-Release 1.0 der Plattform ".NET Framework" sollen es möglich machen, Services für "die nächste Generation des Web-Computing" zu schaffen.

Einen "Quantensprung" sieht Gates für das Internet voraus. Es gehe darum, all die "smarten" Devices, die Stärke der Server und die Flexibilität der Desktops zu Services zu verbinden. Gates: "Software ist Service."