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Gartner: Der Übernahmehunger hält an

26.04.2004

Im Zuge der fortschreitende Konsolidierung im IT-Markt haben Branchenexperten bereits Wetten laufen, welche Player bis ins Jahr 2006 überleben und bei welchen es sich um mögliche Übernahmeobjekte handelt. Die düsterste Prognose in diesem Zusammenhang stammt wahrscheinlich von Gartner . Das Analystenhaus rechnet damit, dass bis Ende 2005 die Hälfte der gegenwärtigen IT-Anbieter von der Wettbewerbslandschaft verschwinden werden. "Dies bedeutet jedoch nicht, dass dann 50 Prozent der registrierten Unternehmen mit IT-Produkten nicht mehr existieren", stellte nun Bob Hayward, Gartners Senior Vice President Asia Pacific, gegenüber der CW-Schwesterzeitschrift "Computerworld Australia" klar. "Wir gehen jedoch fest davon aus, dass sich die Zahl der Anbieter, an deren Produkten größere Unternehmen interessiert sind und mit denen sie zu tun haben, halbiert.

Bereits seit einiger Zeit, so führte Wayward weiter aus, gebe es in einigen Branchensegmenten weltweit nur noch eine Handvoll von Alternativen. So existierten rund um den Globus nur vier oder fünf Hersteller, bei denen Konzerne Server bestellen. Eine ähnliche Entwicklung zeichne sich derzeit in den Bereichen Services und in speziellen Softwarekategorien ab, etwa ERP oder Büroautomatisierung.

Darauf angesprochen, welches Unternehmen derzeit besonders intensiv nach Übernahmeobjekten Ausschau hält, nennt der Gartner-Analyst Microsoft. Wayward geht davon aus, dass die Gates-Company künftig noch stärker im Markt für Unternehmenssoftware wildert und dort einen Platz unter den Top-Five anstrebt. Dazu müsse die Gates-Company aber über kurz oder lang eine größere Anzahl von Firmen übernehmen.

Während die Redmonder über Geld in Überfluss verfügten, hätten sie aktuell Schwierigkeiten, ihre Wachstumsgeschichte fortzuschreiben, erklärt Wayward. Der einzige Weg für neue Zuwächse sei dabei ein ernsthafter Einstieg in den Markt für Geschäftsapplikationen. Microsoft sei zwar nicht in der Position, Oracle, SAP oder Peoplesoft zu übernehmen. Der Softwareriese könnte aber versuchen, einen zweitrangigen Anbieter wie SAS oder regionale Player zu akquirieren.

In Computer Associates sieht Hayward keinen Übernahmekandidaten. "Ich bin mir nicht sicher, ob irgendjemand CA kaufen will. Kaum jemand weiß, worauf er sich mit der Company einlässt."

Im Servicegeschäft pirschten sich aus Sicht des Gartner-Menschen derzeit multinationale Player wie IBM oder EDS, die reichlich mit Geld und Aktienkapital ausgestattet sind, an ihre Konkurrenten heran. Mögliche Opfer seien unter anderem indische Dienstleister mit Weltmarktambitionen und milliardenschweren Einnahmen, so Wayward. Nachdem Big Blue vor kurzem den indischen Call-Center-Spezialisten Daksh e-Services akquiriert habe, würde es ihn nicht überraschen, wenn EDS und andere Player diesem Beispiel Folge leisten.

Zentraler Punkt der Übernahmestrategien von Applikationsanbietern sei weiterhin das Eindringen in neue Industriebereiche, erklärt Wayward. Beispiel sei etwa Peoplesofts Kauf von J.D.Edwards. SAP wiederum habe sein Ziel, die zentrale Plattform für alle Unternehmen zu werden, in einigen Bereichen klar erreicht, in anderen nicht. So nutzen etwa nur wenige Banken Standardapplikationen, viele Finanzinstitute setzen dagegen auf eigene Lösungen oder nutzen Systeme von weitgehend unbekannten Firmen wie Sungard. Die Übernahme eines Lieferanten im Segment Finanzdienstleister stelle daher eine Gelegenheit für Anbieter von Softwarepaketen wie SAP dar, so Wayward. (mb)