Ganzheitliches IT-Controlling

12.09.2005
Von Thomas Gericke 
Angesichts steigender Anforderungen beschloss die Hannover Rück, ihr IT-Investitions-Management zu verbessern. Ein neues IT-System verschafft heute Transparenz über den gesamten Budgetplanungsprozess.
Von der IT-Bedarfsmeldung bis zur Kostenverbuchung - der Finanzdienstleister erhält stets die aktuellen Daten.
Von der IT-Bedarfsmeldung bis zur Kostenverbuchung - der Finanzdienstleister erhält stets die aktuellen Daten.

Bei der IT-Kostenplanung und deren Überwachung setzte die Hannover Rück bislang auf SAP und die daraus in Excel-Listen ausgelagerten Informationslisten pro Kostenstelle. Dabei erwiesen sich einige Aspekte angesichts der gestiegenen Anforderungen als zunehmend hinderlich: Zum einen waren die IT-nahen Kostenarten aggregiert und nicht in der notwendigen Detaillierung vorhanden. Zu anderen stand bei der Planung und Überwachung die Kostensicht und nicht die Sicht auf die Investitionen im Vordergrund. Darüber hinaus ließen sich systemgestützt keine unterjährigen Änderungen in der einmal fixierten Planung vornehmen. Auch eine AfA-Vorausschau (Aufwendungen für Abschreibungen) auf geplante Hard- und Software-Investitionen war nicht möglich und eine zeitnahe Kostenstellenkontrolle dadurch nicht gegeben.

Steckbrief

Projektart: Einführung einer IT-Planung und -Budgetierung.

Branche: international agierender Finanzdienstleister.

Zeitrahmen: November 2003 bis Dezember 2004.

Stand heute: läuft produktiv.

Aufwand: Gesamtinvestition im sechsstelligen Euro-Bereich.

Produkte: "Planing/Budgeting Manager" auf der IT-Controlling-Plattform "Valuemation".

Dienstleister: USU AG, Möglingen.

Umfang: für den Gesamt- konzern.

Ergebnis: einheitliche Beschaffungs-/Kostenplanungsvorgänge, transparente Steuerung der IT-Kosten, aktive Budgetprüfung und -verfolgung mit unterjähriger Änderungsmöglichkeit.

Herausforderung: Vereinheitlichung und Detaillierung der IT-Planung und -Budgetierung im Spannungsfeld zwischen externen Anforderungen (Talanx-Konzern, Itil-Vorgaben) und internen Zielen (SAP-Konformität, Service-Center-Gedanke).

Hier lesen Sie …

• wo das ehemalige IT-Kosten- und -Investitions-Management der Hannover Rück an seine Grenzen stieß;

• welche Lösung der Finanzdienstleister fand;

• welche Vorteile sie hat.

Aus diesem Grund startete die IT-Abteilung der zum Talanx-Konzern gehörenden Hannover Rück Mitte 2003 ein Projekt mit dem Ziel, Planung und Budgetierung von IT-Investitionen zu verbessern. "Wir wollten Transparenz schaffen über die Bewegungen auf den Kostenstellen und ein regelmäßiges Reporting der wichtigsten Kenngrößen erzielen", erläutert Projektleiter Klaus Kultau einige der Anforderungen an eine entsprechende Lösung. Insgesamt sollten die Beschaffungs- und Kostenplanungsvorgänge dadurch vereinheitlicht und vereinfacht werden. Nach einer Evaluierung der auf dem Markt verfügbaren Systeme entschied sich der Finanzdienstleister für Produkte des Softwarehauses USU, dessen IT-Asset-Management-System die Hannover Rück bereits seit 1994 einsetzt.

Die erste Projektstufe

Nach der detaillierten Erst-Aufnahme der Anforderungen und der Erstellung der Konzeption erfolgte im Sommer 2003 zunächst die Implementierung des Budgetierungsmoduls. Dabei nutzte das Projektteam die im bestehenden IT-Asset-Management-System vorliegenden Stammdaten wie Personen, Organisationseinheiten oder Kostenstellen. Auch erste prozessbezogene Bewegungsdaten der Beschaffung wurden mit zusätzlichen Budgetdaten standardmäßig angereichert und vernetzt.

Überarbeitung der Budgetkonten

Primäres Ziel war zu diesem Zeitpunkt, die anstehenden IT-Beschaffungen nach Budget zu klassifizieren und entsprechende Ist-Zuordnungen zu treffen, um Auswertungen der Käufe vornehmen zu können. Damit ließ sich feststellen, wann welche Hard- und Software zu welchem Preis bei welchem Lieferanten auf welche Kostenstelle beschafft wurde. Zusätzlich wurden die aus den Käufen resultierenden Abschreibungen (AfA) mittels einer kundenspezifischen Erweiterung automatisiert abgeleitet und in der CMDB (Configuration Management Database) dauerhaft gespeichert. Das ermöglichte es, die künftigen Auswirkungen auf der Kostenseite darzustellen.

In einer zweiten Projektstufe Ende 2003 wurden alle bestehenden IT-Verträge - insbesondere Wartungs- und Dienstleistungsverträge - konsolidiert und die Kostenarten im Hinblick auf die IT Infrastructure Library (Itil) neu ausgerichtet. Vorgaben des Talanx-Konzerns flossen dabei ebenfalls ein, um einem einheitlichen Reporting Rechnung zu tragen. Auf der technischen Seite erfolgten die Migration auf die nächste Generation der IT-Controlling-Software "Valuemation" von USU sowie die Implementierung des Moduls "Planning/ Budgeting Manager". Bestehende Budgetkonten wurden unter Berücksichtigung der neuen, an Itil ausgerichteten Kostenarten überarbeitet und mit einer neuen Namenskonvention versehen. Dabei flossen neben den eigentlichen IT-Kostenarten auch Reise- und Bürokosten mit ein. Die neuen Budgetkonten wurden entsprechend der SAP-Kontenstruktur zu übergeordneten Konten zusammengefasst und hierarchisch strukturiert. Das ermöglichte einen Abgleich zwischen den aggregierten SAP- und den detaillierten USU-Valuemation-Budgetzahlen.

Seit Ende 2004 wickelt die Hannover Rück alle Beschaffungsvorgänge von IT-Gütern und -Dienstleistungen auf Basis der neuen Budgetkonten ab - von der Bedarfserfassung über die Bestandsgenerierung bis zur sachlichen und rechnerischen Rechnungskontrolle. Sämtliche Kosten spiegeln sich daher auf der Ist-Kostenseite wider.

Benötigt ein Anwender beispielsweise einen neuen Standardarbeitsplatz-PC und meldet entsprechenden Bedarf an, erfolgt zum Ausfüllen der Anforderung die standardisierte Abfrage sämtlicher von der IT zur Abwicklung benötigten Daten. Dazu gehören nun auch die Planposition und damit das Budgetkonto, auf das die Investition "gebucht" werden soll. Bereits in dieser Phase prüft der Kostenstellenverantwortliche, welches Konto herangezogen werden soll, und wie sich die Kostensituation darstellt. Hierfür kann er sich einen aktuellen Soll-Ist-Abgleich anzeigen lassen, der nicht nur alle bislang gebuchten, sondern auch die sich im IT-Prozess befindlichen Anschaffungen beinhaltet.

Sobald die Bedarfsinformationen im System erfasst sind, erscheinen die voraussichtlichen Kosten bereits als gebundene Investitionsmittel. Vor der Bestellung erfolgt im Rahmen des IT-Genehmigungsprozesses die automatisierte Prüfung, ob genügend Budget auf dem angegebenen Konto vorhanden ist. Während des gesamten Prozesses berücksichtigt das System durch den Soll-Ist-Abgleich stets den aktuellen Betrag. Das ist wichtig, da es etwa aufgrund von Sonderangeboten oder Skonti häufig zu Preisänderungen kommt. ERP-Systeme wie SAP stoßen hier an ihre Grenzen.

Ein aktives Prüfen und Verfolgen der Budgets gewährleistet einen transparenten Überblick über die voraussichtlichen und tatsächlichen liquiden Abflüsse. Im Rahmen der Rechnungsprüfung und -freigabe generiert das System neben den schon bereitgestellten Investitionskosten auch die AfA-Werte über den gesamten Abschreibungszeitraum.

Die neue Planung

Auf der Soll-Kostenseite wurden Ende 2004 im ersten Schritt auch die Planungsdaten sämtlicher IT-Kosten für 2005 aufgenommen. Seit Sommer 2005 erhält jeder Kostenstellenverantwortliche beziehungsweise -planer vorab die Planungsinhalte des laufenden Jahres zuzüglich der durch die Verträge bereits gebundenen Kosten für das nächste Jahr als Vorlage. Die individuellen Planungen werden pro Bereich aktualisiert und dem System rückgemeldet. Die "dezentral" vorgeplanten Budgets werden automatisiert importiert, in verschiedenen Plänen abgelegt und danach manuell zusammengefasst.

Plansimulationen und Anpassungen lassen sich auf dieser Basis so lange durchführen, bis die endgültige Planung verifiziert und genehmigt wird. Danach wird der Plan für das kommende Jahr eingefroren und aktiviert. Er steht den Kostenstellenverantwortlichen auch im Intranet zur Verfügung. Unterjährige Anpassungen werden über einen IT-Auftrag eingestellt und revisionssicher im bestehenden Plan dokumentiert. Bei größeren Modifikationen wird eine neue Plankopie angelegt. Die Nachvollziehbarkeit ist stets gegeben.

Ein Blick in die Zukunft

Derzeit arbeitet die Hannover Rück an der Weiterentwicklung und Ausgestaltung des eigenen "Service-Hauses". Es gilt, aus den systemseitig vorliegenden Informationen über IT-Infrastruktur und -Kosten die Rahmenbedingungen der Services zu erarbeiten, welche die IT den Fachbereichen und den weltweiten Außenstellen künftig anbieten wird. Dabei bildet die bestehende IT-Infrastruktur die Basis, auf der alle Services aufbauen. Die Services selbst sind in verschiedenen Schichten anzuordnen und miteinander zu vernetzen. Denn erst wenn sich - ausgehend von einem übergeordneten Business-Service - alle abhängigen Sub-Services und deren Infrastruktur-Komponenten transparent darstellen lassen und auch deren Kosten bekannt sind, ist es möglich, Preise und kundenorientierte Service-Level-Agreements (SLAs) fundiert zu definieren. Zudem kann abgeschätzt werden, wie sich eine Störung einer IT-Infrastruktur-Komponente etwa eines Servers auf die betroffenen Business-Applikationen auswirkt - eine nicht nur für den unternehmensweit tätigen User-Helpdesk relevante Information. Weitere Zukunftsthemen, die die Strategie eines ganzheitlichen IT-Controllings bei der Hannover Rück widerspiegeln, sind Lizenz-Management, IT-Leistungsverrechnung und Web-Integration. (kf)