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Spielebranche gibt Leipzig auf

Game over für die Games Convention

25.02.2008
Die Diskussion um den Standort der Games Convention (GC) schwelte fast so lange wie es die Computerspielemesse gab. Je erfolgreicher die Leipziger Veranstaltung wurde, desto lauter buhlten andere Messestandorte um die GC.

Diesem Werben hat der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) nun nachgegeben. Am Montag verkündete der Verband, was seit Wochen immer wieder in diversen Zeitungen stand: Die Branchenmesse findet von 2009 an als GAMESCom in Köln statt. Game over für die Games Convention am traditionsreichen Messestandort Leipzig.

"Die Entscheidung für Köln ist eine Entscheidung für Deutschland und nicht gegen Leipzig", verkündete BIU-Geschäftsführer Olaf Wolters in Berlin. Die Mitgliedsunternehmen sahen in Leipzig keine Wachstumsperspektive mehr. So sei die Besucherzahl 2007 nur noch um ein Prozent auf 185.000 gestiegen. Als weitere Schwachpunkte nannte der BIU die geringen Hotelkapazitäten und eine "unterdurchschnittliche Anbindung" an das internationale Luftverkehrsnetz.

Die Enttäuschung in Leipzig ist groß. Mancher Politiker sieht auch ein verheerendes Signal für den Standort Ostdeutschland. "Die Verlagerung der Games Convention konterkariert sämtliche Bemühungen zum Aufbau Ost", sagte der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Manfred Kolbe. Dem Bundeswirtschaftsminister dürfe es nicht egal sein, wenn eine wichtige Messe von Leipzig fortziehe.

Dabei haben die Leipziger fast alles versucht, sich die Gunst der Branche zu bewahren. So organisierten sie für die diesjährige GC (21. bis 24. August) zahlreiche Charterflüge zu europäischen Drehkreuzen. Zuletzt waren sie sogar bereit, die Messe an einem anderen Standort auszurichten. Nur den Namen wollten sie nicht hergeben.

Schließlich hatte die Leipziger Messe die GC 2002 in enger Partnerschaft mit der interaktiven Unterhaltungsindustrie ins Leben gerufen, als niemand die Branche ernst nahm und sie eher ein Stiefkind auf der CeBIT Hannover oder der Spielwarenmesse Nürnberg war. Mit der GC wurde ein Umfeld geschaffen, in dem sich die Industrie in ganz neuem Rahmen präsentieren und ihr "Schmuddelimage" ablegen konnte.

Doch die Zuneigung der Branche zur Leipziger Messe war nach Einschätzung von Beobachtern bereits 2005 abgekühlt. Der damals neu gegründete BIU übernahm die GC-Partnerschaft vom aufgelösten Verband der Unterhaltungssoftware Deutschland (VUD). Anders als der VUD ist der BIU ein exklusiver Club mit zwölf Mitgliedsunternehmen. Diese freilich sind die größten der Branche und haben zusammen einen Marktanteil von 80 Prozent und entsprechend viel Einfluss.

Selbst in diesem kleinen Verband gibt es nach Einschätzung von Beobachtern aber unterschiedliche Interessen: Während die einen mit der GC eher den Massenmarkt ansprechen wollen, zielen die anderen auf Vielspieler (Hardcoregamer) als wichtige Multiplikatoren ab. Und bei denen hatte sich Leipzig voll etabliert. In Internetforen wird daher ein Wechsel nach Köln auch kritisch gesehen: Schon in Leipzig waren die Stände dicht umlagert, Wartezeiten zum Ausprobieren der Spiele lang. In Köln, so befürchten viele, werde es nicht besser.

So ist der Wechsel von der Pleiße an den Rhein auch ein Risiko. Die Branche muss in Köln ein neues Produkt entwickeln und einen neuen Namen etablieren. "Das wird nicht funktionieren", hatte Leipzigs Messe-Geschäftsführer Josef Rahmen schon 2007 vor einer Kopie der GC gewarnt. Daher sind die Hoffnungen am alten Standort noch nicht ganz aufgegeben. "Wir halten uns weiter zur Verfügung, bis sich die komplette Branche entschieden hat", sagte Messechef Wolfgang Marzin. (dpa/tc)