Betriebsdatenerfassung (BDE)

Futter für die Auswertungssysteme

11.09.2003
Von von Lars
Wer seine Prozesse verbessern will, muss wissen, wie sie laufen: Aktuelle Betriebsdaten sind das A und O der Fertigungsplanung.

SECHS MILLIONEN Zahnräder und Verzahnungen produziert die Mitec Automotive AG aus Eisenach Jahr für Jahr. Dazu kommen Ausgleichswellen und Komponenten für Benzin- und Dieselmotoren, die Mitec an Opel, Audi, Ford, DaimlerChrysler und andere große Fahrzeughersteller liefert. Damit das Geschäft läuft, müssen die 600 Mitarbeiter peinlich genau Zeit- und Qualitätsvorgaben beachten. Ein SAP-R3-Automotive- System soll den Eisenachern helfen, flexibel auf die „just-in-time"-Anforderungen für unterschiedliche Komponenten zu reagieren und die eigenen Produktionsressourcen entsprechend aufzuteilen.

Dabei kommt es maßgeblich darauf an, wie gut die Daten sind, auf deren Grundlage Entscheidungen getroffen werden. Bullshit in, Bullshit out - diese alte Informatikerweisheit zitiert Franz Gruber,Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Kumatronik Formcam GmbH aus Markdorf: „Ich kann mit SAP tolle Auswertungen fahren, aber die taugen nur dann was, wenn meine Grunddaten stimmen."

Nach der SAP-Implementierung im Jahr 2001 stand bei Mitec deshalb auch die Modernisierung der Betriebsdatenerfassung (BDE) auf der Agenda. Die BDE liefert Ist-Daten über Zustände und Prozesse im Unternehmen. Personal- und Auftragsdaten, Maschinenbelegungs-, Bestands-, Qualitäts- und Instandhaltungsdaten werden von den Mitarbeitern in der Fertigung an Terminals erfasst, in Datenbanken gesammelt und an andere Systeme wie die Warenwirtschaft übergeben. Die Betriebsdatenerfassung ist ein kleines, aber zentrales Glied in der Produktionskette, denn dort setzen alle wirtschaftlichen Folgeprozesse an.

Seit 1996 setzt Mitec in Sachen BDE Kaba-Benzing-Terminals ein. Im Rahmen des Einführungsprojektes der My- SAP.com Solution wurden innerhalb von vier Wochen die alten und neu erworbene Eingabegeräte mit zertifizierten SAP-Schnittstellen angebunden. Insgesamt sind derzeit 19 BDE-Eingabegeräte in Betrieb. Doch damit war die Arbeit nicht getan. Zwar funktionierten die Standardkomponenten mit ihren Voreinstellungen reibungslos. Doch bestimmte unternehmensspezifische Prozesse wie die Mehrmaschinenbedienung abzubilden kostete das Projektteam zusätzliche Zeit.

Die Mühe hat sich gelohnt. Denn heute ist die prozessspezifische Komplexität, die bei Mitec abgebildet werden musste, hinter extrem einfachen Terminal- Eingabeprozessen versteckt. Rüsten- Start, -Unterbrechung und -Ende, Bearbeiten- Start, -Unterbrechung und -Ende, dazu die Lohnschein-Erfassung mit Chargen-Nummer, Informationen über offene Mengen und die Vorgangsendrückmeldungen - das sind die derzeitigen Rückmeldemöglichkeiten. Weitere Ideen sind bereits in Planung, etwa Rückmeldungen von spezifischen Instandhaltungsaufträgen.

Alternativ zur BDE-Terminal-Lösung gab es die Überlegung, die Arbeitsstätten mit PCs auszustatten, damit das Fertigungspersonal die Daten direkt in die Auswertungssysteme einträgt. Doch diese Eingaben sind vergleichsweise langwierig, während der entsprechende Vorgang am Terminal in 20 Sekunden abgeschlossen ist. Zudem entfielen umständliche Schulungen, und die Arbeitsprozesse mussten nicht umgestellt werden. Gegen die PC-Eingabe an der Werkbank sprach zudem, dass die Anschaffung von BDE-Hard- und -Software nur unwesentlich teurer war als der Kauf zusätzlicher SAP-Lizenzen und neuer PC-Arbeitsplätze.

Mit dieser Lösung hat die Unternehmens- IT eine Vorstandsvorgabe erfüllt - es galt, mit Hilfe der IT zeitnahes Controlling in der Produktion zu ermöglichen - und eine integrierte Datenbasis mit Echtzeitinformationen als Datengrundlage für die Auswertungssysteme geschaffen. „Wir haben in der auftragsbezogenen Fertigung 350 bis 400 Aufträge pro Woche, die verschiedene Arbeitsgänge durchlaufen. Sie müssen alle erfasst werden, damit wir sehen, wo welche betriebliche Zeiten und Leistungen anfallen", sagt Mitec-Finanzvorstand Axel Stoffer. Tagesaktuelle Kalkulationen haben dank der BDE-Lösung die monatlichen Auswertungen abgelöst. Laufen Prozesse aus dem Ruder oder fallen Maschinen aus, kann die Unternehmensleitung zeitnah reagieren. Stoffer: „Wir sehen am Ende auch genau, was uns welcher Auftrag gekostet hat. Damit wissen wir jederzeit, wo wir stehen." Die Automobilindustrie ist ein Bereich, in dem BDE-Lösungen bereits weit verbreitet sind. Auch im Maschinenbau und in der Chemie erwarten die Berater von Intechno Consulting aus Basel, dass die Bedeutung solcher Lösungen zunimmt.

BDE auf dem Vormarsch