Fusion statt Kooperation Unter dem Dach von JBA steuert Ratioplan auf die Objektwelt zu

14.07.1995

MUENCHEN (ua) - Nun ist es perfekt. AS/400-Spezialist Ratioplan Unternehmensberatung GmbH, Villingen, laesst sich von der britischen JBA International Plc., Birmingham, uebernehmen. Der Deal findet per Anteilstausch statt. Der Schritt war notwendig geworden, weil die Entwicklung an der objektorientierten Applikationssoftware die Kapazitaeten von Ratioplan ueberschritten haette.

Die Duesseldorfer JBA-Tochter soll unter die Fittiche der Ratioplan GmbH gestellt werden. Sieben Hauptgesellschafter und 39 stille Teilhaber von Ratioplan tauschen ihre Anteile gegen JBA-Aktien ein. Den Wert der Uebernahme wollte Cees van den Heijkant, einer der drei Ratioplan-Geschaeftsfuehrer, nicht bekanntgeben. Der Vertrag lege fest, dass sein Unternehmen zwar zu einer 100prozentigen JBA-Tochter werde, jedoch aenderten sich der Firmenname, die Gesellschaftsform, Personalstruktur und Verantwortlichkeiten nicht. Auch Entlassungen schliesst Heijkant bei Ratioplan aus.

Nach wie vor behaelt Ratioplan laut Geschaeftsfuehrer Heijkant die Produktverantwortung fuer die Bereiche Kostenrechnung und Produktion. Dies waere im Fall einer Uebernahme durch SSA oder J.D. Edwards, die sich ebenfalls interessiert gezeigt haben, nicht der Fall gewesen. Ausserdem werde man typische zentraleuropaeische Finanzbuchhaltungsfunktionen zur gemeinsamen Applikationsloesung beisteuern.

Ausschlaggebend fuer die Fusion sind nach Heijkant nicht etwa finanzielle Engpaesse, sondern die gemeinsamen Entwicklungsarbeiten an der objektorientierten Applikationssoftware "System 21" gewesen, die plattformunabhaengig sein soll. "Viele haben einfach aufgegeben, sind SAP- oder IBM-Mittelstandspartner geworden. Damit haben sie ihr Produkt auf einen Schlag umgebracht." Ratioplan dagegen habe sich vorgenommen, unter einer einheitlichen Oberflaeche die Softwarekomponenten nach und nach auszutauschen, so dass der Kunde mit den Updates schliesslich eine ganz neue Software erhaelt. Insofern handle es sich dabei auch um eine Weiterfuehrung von "RP-ASS", den PPS-Komponenten fuer Serien- und Auftragsfertiger. Benutzt werde "Guidelines", eine C++- Entwicklungsumgebung von JBA.

Daran, dass die nach funktionalen Gesichtspunkten gestrickte Software gegen eine objektorientierte ausgetauscht werden muss, hegt Heijkant keine Zweifel. "Die industrielle Welt befindet sich im Umbruch. Funktionale Strukturen werden umgestaltet in prozessorientierte, um besser auf wechselnde Marktanforderungen reagieren zu koennen. Schnelle Aenderungen im Unternehmen muessen jedoch ebenso kurzfristig in der Software durchgefuehrt werden koennen. Nur Objekttechnologien koennen das leisten."

Warum aus der seit Fruehjahr 1994 existierenden Entwicklungskooperation eine Fusion werden musste, begruendet Heijkant ebenfalls: "Wenn zwei Unternehmen gemeinsam marschieren wollen, muss es letztlich verbindliche rechtliche und finanzielle Verknuepfungen geben." Die Absicht zur Kooperation habe somit bereits vor eineinhalb Jahren bestanden.

Allerdings raeumt Heijkant auch ein, dass die Entwicklung einer neuen Softwaregeneration sowie die Forderung nach internationaler Repraesentanz die Kapazitaeten von Ratioplan ueberstiegen haetten. Der Ratioplan-Umsatz belief sich im Geschaeftsjahr 1994 auf 34 Millionen Mark. JBA fuhr 1994 bei einem Wachstum von etwa 30 Prozent etwa 200 Millionen Mark (90,7 Millionen Pfund) ein. Heijkant: "Das Wachstum wird sich auch in diesem Jahr fortsetzen."